Die «Autoball-WM» duelliert sich am Samstag mit «Verstehen Sie Spaß?» – das junge Sportevent gegen den Show-Klassiker. Auf dem zweiten Blick aber ist die ARD-Show viel moderner als Raabs x-ter Funsport-Aufguss…
Zielgruppen-Quoten der «TV Total»-Sportevents 2011-2013
Wok-WM: 12,7% / 17,1% / 15,7%
Stock Car: 15,3% / 17,8% / 12,9%
Turmspringen: 19,9% / 16,7% / 14,7%
Zielgruppe 14-49 Jahre
Stefan Raab: Retter des deutschen Fernsehens, Unterhaltungsgenie, Innovator der TV-Landschaft. Viele Assoziationen fallen ein, wenn man an den ProSieben-Mann denkt, der seit 1999 ununterbrochen präsent ist. Vorbei kommt man als Zuschauer an ihm kaum; was er anfasst, wird zu (Quoten-)Gold. Zumindest hatte Raab diesen Status vor einigen Jahren noch inne. Die Quoten, sie stimmen immer noch, zumindest bei «Schlag den Raab» und größtenteils auch bei seinem täglichen «TV total», das in dieser Season immerhin wieder
leichte Quotengewinne verbuchen konnte. Demgegenüber stehen sinkende Zuschauerzahlen bei den sogenannten «TV total»-Events wie der Wok-WM, dem Turmspringen oder der Stock Car Crash Challenge. Auch Raabs jüngste Erfindung – das «Quizboxen» – war kein Erfolg.
Am Samstag trägt der Entertainer gemeinsam mit zahlreichen Promis wieder die Autoball-Meisterschaft aus, ein Funsport-Ereignis, das seit 2008 alle zwei Jahre vor den großen Fußballturnieren stattfindet. Und auch, wenn der Ausstrahlungsrhythmus so niedrig ist, so offenbart das Format wie alle anderen Raab’schen Sportevents ein gewisses Dilemma: Einst gestartet als innovative Unterhaltungsformate, die vor allem auf den verrückt-genialen Ideen des ProSieben-Altmeisters basieren, wirken sie mittlerweile angestaubt. Der Zuschauer weiß genau, was ihn erwartet; die Shows laufen immer wieder nach demselben Schema ab.
Dies gilt genauso für die Wok-WM, die Stock-Car-Rennen und auch das Turmspringen. Sie sind noch älter als die Autoball-Sendungen: Die Wok-WM startete 2003, ein Jahr später das Turmspringen, wiederum ein Jahr später Stock Car. Dies war die Zeit, in der Raab experimentierte, innovierte, überraschte. Seit fünf Jahren gab es kein neues großes Raab-Event in der Primetime – das letzte, der „Deutsche Eisfußball-Pokal“, wurde nach einer Show eingestellt. Im vergangenen Jahr holten die drei Raab-Sportevents weniger als 15 Prozent Marktanteil bei den werberelevanten Zuschauern, ähnlich schlecht lief es nur 2010. Die Gesamtreichweite ist mittlerweile unter zwei Millionen gefallen.
Parallel zu Raabs Autoball-Weltmeisterschaft sendet Das Erste eine weitere Ausgabe von «Verstehen Sie Spaß?», dem vermeintlich traditionelleren, unmoderneren Format. Das Gegenteil ist der Fall: Die Unterhaltungsshow mit Guido Cantz ist mitterweile frischer, moderner als Raabs sportliche Duelle. Unter dem neuen Moderator hat sich der Klassiker still und heimlich modernisiert, mit Späßen, die am Puls der Zeit sind und das junge Publikum ansprechen. Bestes Beispiel? Die aktuelle Sendung an diesem Samstag, die «DSDS»-Siegerin Aneta zum Narren halten konnte. A-Promis der Unterhaltungsbranche sind regelmäßig in der Sendung zu Gast und haben als Spaßvogel herhalten müssen – in den letzten Sendungen unter anderem Mario Barth und Frank Elstner.
Punktuelle Neuerungen frischen die Sendung auf, wie die Rubrik „Der hat’s verdient“. Darin wird jemand, der gern Späße auf Kosten anderer macht, selbst reingelegt – mit professioneller Unterstützung des «VSS»-Teams und ganz nach dem Prinzip „Rache ist süß“, aus dem früher ganze Sendungen gemacht wurden. Immer wieder versucht sich Cantz auch an einem Live-Streich mitten in der Sendung: 2011 beispielsweise, als er die Stand-up-Show von Bülent Ceylan störte.
Besonders zielgruppenaffin ist aber die Einbindung der digitalen Medien: Zuschauer können sich nicht nur per Facebook und Twitter in die Sendung einschalten – dies ist noch kein Alleinstellungsmerkmal. Aber die über 100 Millionen Abrufe, die der VSS-Kanal mittlerweile bei YouTube gesammelt hat. Über 130.000 Abonnenten hat er, damit liegt man im Ranking öffentlich-rechtlicher Channels weit vorn. Zum Vergleich: Der Tagesschau-Kanal kommt gerade mal auf ein Zehntel. Viele VSS-Videos holen im Internet über 100.000 Aufrufe, manche sogar deutlich mehr. Das Geheimnis dürfte einfach sein: Mit den Zielgruppen-Promis und den immer wieder guten Ideen kommen die Clips bei der Internetgemeinde an. Die Sendung selbst passt sich dem an: Kurze und viele Gags sind willkommen; solche, die leicht und schnell zu konsumieren sind. Die «Verstehen Sie Spaß?»-Livesendung als solche ist so auch als Ansammlung vieler kleiner Späße zu sehen: Man kann einschalten, wann man will, irgendwann kommt der nächste Clip.
Das Format kommt den veränderten Sehgewohnheiten ideal entgegen. Und die Zielgruppe feiert es: Alle Live-Sendungen seit Anfang 2013 holten einen zweistelligen Marktanteil bei den werberelevanten 14- bis 49-Jährigen, im Schnitt waren es elf Prozent. Am Samstagabend holen große Privatsender teilweise nicht deutlich mehr. Ende November 2013 traten Cantz und Raab bereits schon einmal aufeinander: Das «TV Total Turmspringen» holte dabei 14,7 Prozent, «Verstehen Sie Spaß?» parallel 11,1 Prozent. Es könnte sein, dass sich die Samstagabendshows quotentechnisch demnächst noch weiter annähern.