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«Ein Fall für Zwei»: Ein TV-Klassiker erfindet sich neu

Matula ist Geschichte: Jetzt glänzt „Tech-Nick“ Antoine Monot, Jr. als pingeliger, aber lockerer Anwalt Hornberg und Wanja Mues als Detektiv mit dunkler Vergangenheit. Für den ZDF-Freitag ist die neue Serie fast eine Art Mini-Revolution.

«Ein Fall für Zwei» - Cast & Crew

Hinter der Kamera:
Regie: Marcus Ulbricht, Andreas Herzog
Buch: Florian Oeller, Kai-Uwe Hasenheit nach einem Konzept von Boris Gullotta
Kamera: Ludwig Franz, Ralf Noack, Rainer Rösch
Schnitt: Thomas Zachmeier, Martin Rahner
Musik: Mario Lauer, Thomas Osterhoff
Produzenten: Klaus Laudi, André Zoch
Produktion: Odeon TV

Vor der Kamera
Antoine Monot (Der "Tech-Nick") als Anwalt Benni Hornberg, Wanja Mues («Stubbe») als Leo Oswald, Thomas Thieme als Dr. Oskar Renners und Sina Tkotsch als Nele.
„Klassiker sind Glücksfälle in der TV-Landschaft, denn nur selten gelingt es, ein universell gültiges Erzählschema zu (er-)finden, das Zuschauer aller Altersgruppen dauerhaft begeistert“, sagen die ZDF-Redakteurinnen Sabine Groß und Nadja Grünewald-Kalkofen, die beim Sender für Serien und Reihen verantwortlich zeichnen. Sie haben auch an der Weiterentwicklung von «Ein Fall für Zwei» mitgearbeitet, jener Reihe, die über Jahrzehnte von Claus Theo Gärtner und seinem zuletzt in die Jahre gekommenen Matula geprägt wurde. Und trotz der angestaubten Fälle holte das Format bis auch 2013 noch überdurchschnittliche Quoten, nicht selten mehr als 16 Prozent. Jetzt kehrt es zurück: Mit neuer, mutiger Besetzung. Es war durchaus eine Frage, ob die neue, wieder in Frankfurt beheimatete Serie rund um einen Anwalt und einen Ermittler abermals «Ein Fall für Zwei» heißen dürfe. Dass diese Marke nun eine Fortsetzung erlebt, liegt wohl auch daran, dass man es mit dem neuen Paar Hornberg/Oswald in der Tat geschafft hat, sich ein gutes Stück wegzubewegen vom einstigen Format. Mutig formuliert: Wäre ein billiger Abklatsch herausgekommen, wäre das ZDF eventuell einem anderen Namen zugeneigter gewesen.

Die „Grundidee, ein außergewöhnliches Ermittlerduo aus Anwalt und Detektiv Verbrechen auf ihre eigene kriminologische Art und Weise fern der klassischen Polizeiarbeit aufklären zu lassen, hat bis heute nichts von ihrem Reiz verloren“, meinen Groß und Grünewald-Kalkofen. Es sind aber die genauen Figuren, die es letztlich ausmachen. Konkret punktet der neue «Fall für Zwei» dank zweier Faktoren. Da wäre ohne Zweifel der Schauspieler Antoine Monot zu nennen – seit vielen Jahren im Geschäft und so richtig bekannt und beliebt geworden erst durch die Reklame eines Elektronikmarktes, für den er seit einigen Monaten als „Tech-Nick“ durch die Regale hüpft. Dass Monot weit mehr kann als das, darf er nun in der Primetime des Zweiten beweisen.

Aufgrund seiner Körperstatur wirkt Anwalt Hornberg tapsig und irgendwie lieblich. Das ist er aber gar nicht. Sein Umfeld in Frankfurter Finanzkreisen stört sich an Aussagen wie „Gearscht wären dann die Anderen.“ Hornberg weiß, dass er mit seiner lockeren Art gerne anstößt. Das aber ist nur die eine Seite des Fachanwalts für Versicherungsrecht (irgendwie muss ja eine Verbindung zur Finanzmetropole Frankfurt am Main entstehen, wenn die Stadt schon etwas mehr in den Fokus rücken soll). Hornberg ist nämlich auch akribisch, pingelig und kleinkariert – etwa dann, wenn er ein Schreiben auf fehlende Kommas hin untersucht.

Hornberg bekommt plötzlich den Anruf seines Jugendfreundes Leo Oswald (gespielt von Wanja Mues), der nach dem Abi ins Ausland ging und dort offenkundig jede Menge krumme Dinger machte. Mehrfach angeklagt – und das nicht nur wegen Ladendiebstahls – zog er seinen Kopf wieder und wieder aus der Schlinge. Jetzt aber sitzt er unter Mordverdacht im Knast und bittet gerade den Versicherungsanwalt Hornberg um Hilfe. Das ist die Grundkonstellation des neuen «Ein Fall für Zwei». Während der anstehenden vier Episoden wird die dunkle Vergangenheit des Detektivs Oswald (Zitat Hornberg: „Bist du so ne Art Magnum geworden?“) immer wieder eine Rolle spielen.

„Eine neu eingeführte facettenreiche persönliche Erzählebene liefert Einblicke in das Leben des Gespannes, das biografisch eng miteinander verknüpft wird. Dieses dramaturgische Mittel sorgt erstens für humorvolle oder eindringliche "odd-couple"-Szenen, die sich aus den unterschiedlichen Persönlichkeiten des Duos und deren Sichtweise auf das Leben ergeben. Denn einen neuen Platz im Leben suchen beide, und auch die Freundschaft der ehemaligen Jugendfreunde muss wieder neu wachsen“, beschreiben die ZDF-Redakteure das Verhältnis zueinander. Und in der Tat: Im Zusammenspiel zwischen den beiden Hauptfiguren darf man dem Zweiten vorsichtig sogar etwas wie Innovation attestieren.

Es ist sicherlich eine Gratwanderung, wie viel sich ein öffentlich-rechtlicher Sender für einen bisher absolut klassisch bestückten Sendeplatz wie den am Freitagabend trauen kann. In Serien wie «Die Chefin», «Letzte Spur Berlin» oder «Der Alte» ist dies nicht viel. Eigentlich fast gar nichts. Da muten schon die schnellen Zooms und «CSI»-artigen Flüge in «Ein Fall für Zwei» über die Hochhäuser Frankfurts als höchste Entwicklungsstufe an. Und deshalb ist es wohl auch in Ordnung, dass das ZDF in Hornbergs Privatleben eine heile Welt zaubert. Die Frau, die eine Yoga-Prüfung ablegen muss, die Tochter, die eine Mathe-Arbeit vor der Brust hat. Zu viel Chaos wäre zu viel für den ZDF-Zuschauer am Freitagabend.

„Klassiker sterben nicht, ihre Werte bleiben bestehen. Was der Zuschauer seit dem Start der Reihe 1981 am «Fall für zwei» zu schätzen gelernt hat, spricht ihn auch heute noch an“, führen Groß und Grünewald-Kalkofen aus. Klassiker sterben aber nur dann nicht, wenn sie in regelmäßigen Abständen auf Hochglanz poliert werden. Genau das wäre beim Klassiker «Ein Fall für Zwei» vielleicht fast ein bisschen zu spät gekommen. Das hochkarätige Ensemble mit bekannten Gaststars (darunter Catherine Flemming, Jürgen Tarrach, Tobias Oertel, Muriel Baumeister), das von Senderseite stolz angepriesen wird, ist für die Neuauflage der Krimiserie nicht wichtig. Und das ist eine tolle Erkenntnis – zumindest für die Macher. Das Duo Mues und Monot ist so stark, dass kommen kann, wer will.

Das, was vielleicht vor zwei Monaten niemand zu glauben vermochte, nämlich, dass neue Impulse gestreut werden, ist in der Tat gelungen. Zurücklehnen und ausruhen dürfen sich die Autoren rund um Florian Oeller und Kai-Uwe Hasenheit dennoch nicht. Die gewählte Konstellation birgt nämlich ein Risiko: Man wird die Geschichte rund um die Vergangenheit von Leo Oswald nicht wie Kaugummi in die Länge ziehen können. Spätestens nach fünf oder sechs Folgen sollte damit aufgeräumt sein. Die Tatsache, dass der Detektiv diesbezüglich bisher absolut wortkarg ist, lässt zumindest die Spekulation zu, dass die Macher sich länger damit beschäftigen könnten. Für die Zeit danach aber wird ein weiterer guter Plot nötig sein, um das Zusammenspiel Hornberg/Oswald inhaltlich nicht abflauen zu lassen.

Geht man mit realistischen Erwartungen, welche Änderungen möglich sind, an die Neuausrichtung des Krimiklassikers, kann der Daumen nur nach oben gehen. Und das ist ein guter Anstoß für den Mainzer Sender; schließlich gibt es im Programm noch einige andere Formate mit langer Laufzeit auf dem Buckel, die vor sich hin stauben. Ran an den Speck!

Das ZDF zeigt vier neue Folgen von «Ein Fall für Zwei» ab Freitag, 9. Mai um 20.15 Uhr.
08.05.2014 15:22 Uhr Kurz-URL: qmde.de/70596
Manuel Weis

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