Seit Jahren sendet aus Berlin ein Radiosender, dessen Schwerpunkt auf Newcomern aus den Bereichen Indie, Alternative und Elektro liegt. Warum Flux FM sich seit Neuestem nicht ganz zu Unrecht als bester Radiosender der Welt bezeichnen darf.
Das ist Flux FM
- UKW-Frequenzen: Berlin, Brandenburg, Bremen, Stuttgart
- Rechtsform: Privatsender
- Geschäftsführer: Mona Rübsamen, Markus Kühn
- Auf Sendung seit 1. Februar 2006 als Motor FM, seit 23. August 2011 als Flux FM
Ein Gong ertönt. „Es ist dreizehn Uhr.“ Nachrichten. Seriös und ruhig, ohne Musikbett. Nach dem Wetter ein Spot und sofort geht es zurück zur Musik. Peinlich-überdrehte Gespräche finden nicht statt. Doch Flux FM kann mehr. Flux FM schafft das, was viele Kanäle verzweifelt versuchen, vor allem aber das, was eigentlich öffentlich-rechtlicher Programmauftrag wäre: Ein ausgewogenes und umfassendes Angebot an Kultur, Bildung, Unterhaltung und Information. Und das als Privatsender.
Und trotzdem: Die wenigsten werden schon einmal von Flux FM gehört haben, über Szene-Kenner hinaus ist der Sender kaum bekannt, und das obwohl er sich jüngst zum weltbesten Radioprogramm 2014 küren lassen durfte – unter anderem in Konkurrenz zum BBC Radio One. Nun handelt es sich bei den International Music Industry Awards um ein Zuschauervoting und die sind bekanntermaßen immer eine Sache für sich. Seinen Wert hat der Preis dennoch ohne Zweifel, zumal er auf der Musexpo in Los Angeles verliehen wurde, einer nicht ganz unbedeutenden Messe für die Bereiche Musik, Technologie und Medien.
Bemerkenswert ist das Ganze aber auch, weil der betreffende Sender in der Radio Mediaanalyse mit gerade einmal 21.000 Hörern je Durchschnittsstunde für Berlin und Brandenburg ausgewiesen wird – wohlgemerkt die Heimat des Programms. In Bremen und Stuttgart wird der Sender ebenfalls über Frequenzen verbreitet, eine separate Quoten-Erfassung findet jedoch nicht statt. Ansonsten sendet Flux FM noch via Livestream, andere Verbreitungskanäle werden nicht genutzt. Eine Expansion der UKW-Frequenzen ist zwar vor Jahren angekündigt worden, umgesetzt wurde sie aber bis heute nicht. Und so bleibt Hörern aus Nordrhein-Westfalen und dem Rhein-Main-Gebiet, in diesen Bereichen hatte der Kanal den Frequenz-Erwerb besonders ins Auge genommen, weiterhin nur das Internet.
Allein die Zahlen sollen naheliegenderweise bei einer solchen Preisverleihung keine Rolle spielen. Relevantes Kriterium ist vielmehr das Programm – und hier überzeugt Flux FM. „Keine Kompromisse, kein Smalltalk, kein Powerplay“, so äußerte der Sender sich auf der eigenen Homepage als Flux FM 2011 aus Motor FM hervorging. Der Grund der damaligen Umbenennung war damals aber weniger eine Neupositionierung (allzu viel hat sich auch gar nicht verändert), sondern viel mehr ein Konflikt mit dem szenebekannten Motor FM-Gründer und damaligen Teilhaber Tim Renner. Die Namensrechte an Motor FM hält Renner noch heute – wirklich geschadet hat das Rebranding dem nun Flux FM heißenden Kanal aber nicht, obschon Kritiker (darunter Renner selbst) bei dem neuen Namen eher an Spülmittel als an Radio dachten.
Kein Smalltalk – insbesondere damit will man sich vom Dudelfunk abheben. Ganz frei von lockeren Sprüchen ist Flux FM letztendlich nicht, aber trotzdem bleibt das Gesprochene oft niveauvoll. Bemerkenswert ist aber besonders, dass man verstärkt auf journalistische Beiträge, Hintergründe und Einordnungen setzt. Zu den Künstlern und Liedern gibt es immer wieder Infos, die deutlich tiefgründiger sind, als das, was einem der Hörfunk sonst so bietet, der Wortanteil ist hoch. Oft wirken die Moderatoren locker, selten aber müssen sie auch mal aufpassen nicht ins unprofessionelle abzugleiten. Der Grat zwischen freier Moderation und Privatgespräch ist eben schmal.
Musikalisch fixiert sich Flux FM auf einige wenige Genres: Neben Indie und Alternative gibt es insbesondere Elektro und Punk. Dieser doch recht enge Fokus ist ein Erklärungsansatz warum die breite Maße (auch innerhalb des Frequenzgebietes) nichts mit dem Sender anzufangen weiß. Klar, das ist auch kaum der Anspruch – nicht umsonst steht der Claim „Die Alternative im Radio“. Erwähnt werden muss zudem auch, dass man innerhalb der genannten Genres den Mainstream durchaus bedient – und zugleich versucht ihn mitzuprägen. Mumford & Sons, Milky Chance oder Arcade Fire sind Künstler die in Deutschland nach Angaben der Senderverantwortlichen mitunter zuerst bei Flux FM zu hören waren. Rund die Hälfte des Programms besteht aus Neuheiten. Gleiches gilt im Übrigen für den Bewegtbild-Ableger Flux TV, den es über IPTV zu sehen gibt.
Flux FM beabsichtigt ein Lebensgefühl zu bedienen. Kompromisse geht der Kanal nur bei der Werbung ein und vermarktet sie über eine Agentur. Das ist nachvollziehbar, eine Direktvermarktung wäre kaum lohnenswert. Innerhalb einer begrenzten Maße mag es funktionieren das Lebensgefühl zu transportieren. Einen Schritt in die größere Bekanntheit tut der Sender dieser Tage mithilfe einer regionalen Kinokampagne, ohne allerdings die eigene Idee zu vergessen.
Und allein dieser Kinospot zeigt dann doch: Flux FM ist mehr als nur ein Radiosender. Flux FM ist ein Statement. Ob dieses Statement allerdings verstanden wird, ist offen. Zu wünschen wäre es den Verantwortlichen allemal, denn dieses Programm hat es kaum verdient unter dem Radar so vieler zu fliegen. Den Preis als weltbester Radiosender hat Flux FM nicht ganz zu Unrecht bekommen. Ob das nun an der mangelnden Konkurrenz (zumindest innerhalb Deutschlands) oder an der guten Idee liegt muss letztendlich jeder für sich beurteilen.