Warum «Jo Frost - Die Familientherapeutin» für TLC eine Gefahr birgt, dem neu gestarteten Free-TV-Sender aber auch Chancen eröffnet.
Hinter den Kulissen
- Protagonistin: Jo Frost
- Ursprungsland: Großbrittanien
- Originalsprache. englisch
- Staffelzahl: 7
- Episodenzahl: 43 (UK)/ 108 (USA)
- Produktionsfirma: Ricochet Entertainment & Shed Media
- Genre: Reality
- Laufzeit: ca. 42 Minuten
Wer diesen Donnerstag zur besten Sendezeit den neu gestarteten Frauensender TLC aus dem Hause Discovery einschaltet, der wird ein Format zu sehen bekommen, dass dem deutschen Fernsehzuschauer schon lange nicht mehr fremd ist.
«Jo Frost – Die Familientherapeutin» erwartet künftig die Zuschauer bei TLC. Der Begriff „Familientherapeutin“ wird seit dem Start des Formats synonym für die in Deutschland bereits bekannteren Begriffe „Super-Mama“ (RTL II) und «Super Nanny» (RTL) verwendet – Jo Frost stellt nämlich die allererste «Supernanny» der Fernsehgeschichte dar, welche erstmals im Juni 2004 im britischen Channel 4 die Bildfläche betrat und von der sich deutsche Formate inspirieren ließen.
Im Vereinigten Königreich erzog Frost sieben Staffeln lang schwierige Kinder und deren Eltern bis die Produktion aufgrund niedriger Zuschauerzahlen im März 2011 eingestellt wurde – in den USA nahmen auch ABC und Style Network das Format in ihr Programm auf. «Supernanny» stellt bis heute eine von Channel 4s größten Erfolgen dar und nahm zur ersten Staffel durchschnittlich fast fünf Millionen Zuschauer für sich ein. Die deutschen Adaptionen und ihr britisches Vorbild unterscheiden sich dabei im Kern nicht allzu stark, was sowohl eine Chance als auch eine Gefahr für «Jo Frost – Die Familientherapeutin» darstellen könnte.
Zwar lief «Die Super Nanny» mit Katharina Saalfrank, und zwischenzeitlich auch Nadja Lydssan, von 2004 bis 2011 auf RTL mit teilweise sehr sehenswerten Zahlen (bis zu 24,4 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, dass «Die Super Nanny» abgesetzt wurde lag aber, neben reichlich Medienschelte am Konzept, auch nicht zuletzt an den gesunkenen Zahlen gegen Ende, gleichwohl die damals unterdurchschnittlichen Zahlen um die 16 Prozent in der Zielgruppe gegenwärtig einen Erfolg für den Kölner Sender kennzeichnen würden. «Mission Familie», die neue «Super Nanny»-Interpretation bei Sat.1 deutet aber auch daraufhin, dass die deutschen TV-Zuschauer es langsam satt haben der Kindererziehung anderer beizuwohnen und Abstand nehmen wollen von den Vorwürfen bezüglich eventuell verletzter Menschenwürde, die vielerorts aufkamen.
Am Mittwoch, dem 26. März startete erst «Mission Familie» (Foto rechts), das Lizenzformat der RTL-«Super Nanny», bei Sat.1, steht aber nach drei Folgen wohl schon kurz vor der Absetzung- Während die erste Episode bei den Umworbenen noch auf 8,3 Prozent kam, gaben die zweite und die dritte Ausgabe auf indiskutable 3,5, beziehungsweise 5,3 Prozent ab. Zwar bildet eine britische Version der «Super Nanny» nicht zuletzt auch britische Lebensumstände ab, ob das reicht um in diesem enggefächerten Genre neue Akzente beim deutschen Publikum zu setzen, bleibt abzuwarten. Fakt ist, dass die britische «Supernanny» Jo Frost viel mit ihren deutschen Kolleginnen gemein hat.
Gewollt britisch kommt lediglich das klassische englische Taxi mit dem Nummernschild „SPRNANNY daher, aus dem Frost zu Beginn jeder Episode Videos der Familie beäugt, von der sie zu Hilfe gerufen wurde. Wie zuvor Saalfrank auch widmet sich Frost zunächst nur der Beobachtung der Problemfälle, lässt die Dinge ihren Lauf nehmen und greift erst danach ein. Auch Frost bedient sich bei der Fehleranalyse Videomaterial, das sie den Eltern zeigt, um sie über ihre erzieherischen Mängel aufzuklären. Frost schafft Hausregeln, die auch deutsche Zuschauer zu Zeiten Saalfranks mit Orten wie der „stillen Treppe“ oder der „Wuthöhle“ vertraut machten, arbeitet mit Postern, auf denen die Familien ihre Eindrücke festhalten können und besucht nach getaner Arbeit die Familie wieder , um ihnen ein erneutes Feedback zu geben.
Alles wie gehabt also? Im Kern, ja. Dennoch könnte TLC mit «Jo Frost – Die Familientherapeutin» neue Perspektiven schaffen, die die Zuschauer wohlwollend aufnehmen. Vor allem auf einem Frauensender werden Formate mit Themenschwerpunkten wie Erziehung wohl auch besser funktionieren, als bei geschlechterunspezifischen Sendern. Allerdings verbindet die deutschen TV-Zuschauer schon eine längere Geschichte mit Sendungen wie RTLs «Super Nanny», wodurch ähnlichen Gehversuchen in diesem Bereich aufgrund von Redundanz nur wenig Beachtung geschenkt werden könnte. «Mission Familie» hätte ein Warnschuss für die TLC-Programmplaner sein können, wäre das Format etwas früher angelaufen, um Handlungsspielraum zu bieten. Nun sind die Ausstrahlungen von «Jo Frost- Familientherapeutin» längst beschlossene Sache. Es wird spannend zu sehen sein, wie sich das britische «Supernanny»-Original in Deutschland schlägt.
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