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Die Kritiker: «Tatort: Der Hammer»

Für Kritiker bewegt sich der «Tatort» aus Münster stets auf einem schmalen Pfad zwischen wirklichem Krimi und Klamauk-Reihe. Warum der Spagat diesmal gelingt – und der Film trotzdem kein Meisterwerk ist.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Regie und Buch: Lars Kraume
  • Musik: Christoph M. Kaiser und Julian Maas
  • Kamera: Jens Harant
  • Schnitt: Barbara Gies
  • Produktion: Colonia Media im Auftrag des WDR
Diese Leiche fiel vom Himmel: Als Kommissar Thiel am Tatort eintrifft, steht der Busfahrer, der Dr. Wolfgang Öhrie beinahe überfahren hätte, noch unter Schock. Der einflussreiche Bauunternehmer Öhrie war in seinem Büro mit einem Hammer erschlagen und aus dem Fenster auf die Straße gestürzt worden. Öhries Firma ist verantwortlich für ein sehr umstrittenes Bauprojekt in Münster: Denn viele vermuten, dass es sich bei der geplanten Waikikioase nicht um ein herkömmliches Wellness und Erlebnisbad, sondern um ein riesiges Bordell handeln wird. Es gibt auch bereits eine Bürgerbewegung, die massiv gegen den „Groß-Puff“ demonstriert. Besonders lautstark meldet sich bei dem Protest der Aktivist Gunnar Roth zu Wort.

Als in einem Münsteraner Parkhaus der Zuhälter Bruno Vogler erschlagen wird, ist wieder ein Hammer die Mordwaffe. Doch das von den Überwachungskameras im Parkhaus aufgezeichnete Video sorgt für eine Überraschung: Der Täter ist maskiert. Er tarnt sich als Superheld … Und es gibt Anzeichen dafür, dass ein dritter Mord unmittelbar bevor steht.

Darsteller


Axel Prahl («Berlin 36») als Frank Thiel
Jan Josef Liefers («Der Baader Meinhof Komplex») als Prof. Boerne
Friederike Kempter («Mann tut was Mann kann») als Nadeshda Krusenstern
Mechthild Großmann («Nirgendwo in Afrika») als Wilhelmine Klemm
Christine Urspruch («Das Sams») als Silke Haller
Claus Dieter Clausnitzer («Vulkan») als Herbert Thiel
RP Kahl («Berlin Calling») als Gunnar Roth
Milan Peschel («What a Man») als Thomas Schuster
außerdem Frank Zander in einer Gastrolle

Kritik


Der «Tatort» aus Münster - er ist schon ein Fall für sich. Die Einschaltquoten bewegen sich auf beachtlichem Niveau, die Kritiker allerdings sind sich stets etwas uneins, ob das, was es letztlich auf die Bildschirme schafft noch Krimi oder doch bloßer Klamauk ist. Zumindest nach außen hin ist das den Machern und den Darstellern um Jan Josef Liefers und Axel Prahl allerdings egal und so senden sie fröhlich auf ihre Art weiter. Mit dem nunmehr 25. Fall erreichen Boerne und Thiel die deutschen Wohnzimmer dieser Tage – und schaffen den Spagat zwischen Humor und Handlung diesmal sehr ordentlich.

Im neuesten Münsteraner Fall bedient sich Autor Lars Kraume einem altbekannten Motiv: einem Mann mit Cape und Maske, der sich als Gerechtigkeitskämpfer inszeniert. Wählt man ein solches Motiv, ist es schwer genug, nicht einfach eine alte Geschichte noch einmal zu erzählen, doch das gelingt über weite Teile. Wirklich innovativ ist die Erzählweise aber nicht, was nichts daran ändert, dass der Zuschauer trotzdem vor den Fernsehschirmen mitfiebert. Zugegeben, die protestierende Öko-Kommune hat man irgendwo schon einmal gesehen, genauso wie die geldgierigen Unternehmer, doch das tut nicht wirklich weh, denn spannend ist das Ganze in vielen Momenten trotzdem.

Jan Josef Liefers und Axel Prahl spielen ihre Rollen zwar gewohnt stark, doch die (diesmal spürbar etwas zurückgefahren) Pointen funktionieren nicht immer. Ab und an hätte es gut getan, wenn der Film die Brechstange doch gegen etwas subtilere Witze ausgetauscht hätte. Einige gute Gags gibt es aber doch, gerade die Schlusspointe zündet noch einmal ordentlich und ist ein wahrer Lacher. Besonders fallen jedoch über weite Teile die Nebendarsteller auf, die meist zwischen angenehm-witzig, abgezockt und exaltiert wandern – und das sehr gelungen. Das ist zwischen Liefers und Prahl keine Selbstverständlichkeit, dominieren diese doch sonst das Geschehen. Eine Gastrolle hat außerdem Schlagersänger Frank Zander, der als Zuhälter auftritt. Nach Roland Kaiser im vergangenen Jahr zeigt sich also erneut ein Musiker in Münster, wirklich viel gibt es zu seinem Auftritt aber nicht zu sagen, da sein Charakter schneller stirbt, als man Schnauzbart sagen kann. Zumindest äußerlich kauft der Zuschauer ihm die Figur aber ab.

Was das Geschehen anbelangt, hat der Zuschauer das Gefühl, dass vieles erwartbar und klischeebehaftet ist. Kostprobe gefällig? Es finden sich Ermittler, die dubiose und unorthodoxe Methoden anwenden, ein Kleinbürgertum, dass keine Häuser im Umfeld eines Bordells kaufen mag und einen Kämpfer für die Gerechtigkeit, der gegen korrupte Politiker und charakterlose Unternehmer antritt. Wenn die Macher versuchen eine kritische Gesellschaftsstudie anzustellen, und diesen Eindruck könnte man durchaus bekommen, dann greift die Produktion daneben. Auch was mit dem zwischenzeitlich suspendierten Kommissar Thiel zum Ende passiert, wird niemanden überraschen, der schon mehr als einen Krimi in seinem Leben gesehen hat. Die letzendliche Auflösung des Falles ist dann aber ein bisschen billig: Wie aus dem Nichts taucht plötzlich der Täter auf - wenn es doch in Wirklichkeit auch so einfach wäre. Zumindest das ist aber verschmerzbar, weil der Knall danach nicht ausbleibt. Und auch zwischendurch gibt es immer wieder intensive Momente, zum Beispiel als Thiel an sein Bett gefesselt erwacht.

Von diesem «Tatort» nun zu sagen, dass er «Der Hammer» ist, wäre ein wenig übertrieben. Wer die Frotzeleien von Boerne und Thiel gern hat, der wird auch diesmal wieder auf seine Kosten kommen. Positiv bleibt zu erwähnen, dass die Handlung ob der genannten Aspekte deutlich im Zentrum steht – was für den Münster-«Tatort» wie eingangs erwähnt nicht immer eine Selbstverständlichkeit ist. Trotz einiger gelungener Ideen, verliert sich der Film aber ein Stück weit in Banalitäten. Wenn er aber dann aufblüht, dann gleich so richtig. So oder so muss man aber kein Prophet zu sein, um zu sagen, dass Liefers und Prahl auch diesmal wieder sehr ordentliche Quoten einfahren werden. Zumindest in dieser Hinsicht müssen beide die «Tatort»-Verjüngungskur kaum fürchten.

«Tatort: Der Hammer» ist am Sonntag, 13. April um 20.15 Uhr im zu sehen.
12.04.2014 10:47 Uhr Kurz-URL: qmde.de/70082
Frederic Servatius

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