Der Markt der Webradios wächst langsam, aber stetig. Mit der ersten ma IP Audio könnte er noch einmal einen Schub bekommen, den die etablierten UKW-Radios nutzen sollten.
Nachdem das Fernsehen das Internet mit Mediatheken und Livestreams schon sehr lange für sich entdeckt hat, zieht das Radio in den zurückliegenden Jahren nach. Immer mehr UKW-Sender bieten ihr Programm alternativ im World Wide Web an und die Abrufzahlen reiner Webradios steigen kontinuierlich in die Höhe. Hingegen hat der klassische Rundfunk in jeder Altersgruppe bis 60 über die Jahre an Hörern verloren. Stellt das Radio aus dem Netz eine Chance für die UKW-Sender dar oder haben sie Konkurrenz zu befürchten? Wird das Internetradio zum Trend oder ist er vielleicht längst einer?
Der BLM Webradiomonitor zählte am 10. Juli 2013 deutschlandweit 2851 Webradioangebote. Deren Anzahl ist seit 2011 zwar leicht rückläufig, dafür steigen die Abrufzahlen der digitalen Radios immer weiter an. Meist sind es Online-Only Programme, die die Segel streichen. Dem gegenüber steht aber auch eine große Zahl neuer Angebote, was zu einer enormen Fluktuation in der Sparte der Internetradios führt. Diese haben sich in den vergangenen Jahren zunehmend professionalisiert und sind ihren Kinderschuhen entwachsen. Besonders junge Menschen von 14 bis 29 Jahren zeigen Interesse an Internetradio. Bereits 2011 hörten 45 Prozent dieser Zielgruppe Radio online, neun Prozent sogar täglich.
Der Trend bei den Webradionutzern geht aktuell verstärkt dazu über mobile Endgeräte zu nutzen. Erfolgte 2012 noch jeder sechste Aufruf eines solchen Angebots auf einem Smartphone oder Tablet, so war es ein Jahr später bereits jeder vierte. Die Anbieter haben diese Chance erkannt und so stellt bereits knapp die Hälfte der Webradios ihren Hörern mobile Apps oder zumindest eine mobil-optimierte Website zur Verfügung. Bei den UKW/DAB-Radioanbietern waren es 2013 bereits 81 Prozent.
Die reinen Internetradios unterscheiden sich üblicherweise in mehreren Aspekten von dem Onlineangebot der UKW/DAB-Radioanbieter. Bei den Online-Only Programmen ist mit 82 Prozent der Musikanteil deutlich höher, dafür bieten die Onlineradios der UKW/DAB-Sender mehr Information und redaktionelle Beiträge. Allerdings findet dort auch beträchtlich mehr Werbung im Programm Platz. 2013 waren die Submarken der UKW/DAB-Sendergruppen mit rund 40.000 Hörern führend, während dahinter UKW-Simulcast und Online-Only Programme mit zirka 22.000 Hörern gleichauf lagen. Diese Zahlen machen deutlich, dass Radiosender, die über UKW empfangbar sind, auch im Netz absolut gefragt sind. Das lässt sich natürlich auch mit ihrem hohen Bekanntheitsgrad erklären, der den Hörern das vermeintlich aufwendige Suchen nach qualitativ hochwertigem Radio im Netz erspart.
Am 26. März werden zur Nutzung von Webradios in Deutschland erstmals handfeste Zahlen erhoben. Dann kommt es zur Premiere der ma IP Audio, die den Webradios ihre Zeugnisse ausstellt. Zum ersten Mal sehen die Radiomacher wo sie im Vergleich zur Konkurrenz stehen. Es handelt sich bei der Veröffentlichung der Arbeitsgemeinschaft Media Analyse um die einzige sowohl von Werbetreibenden und Agenturen, als auch von Medien anerkannte Ausweisung. So ist die agma erstmals in der Lage umfassende und valide Daten zur Webradionutzung in Deutschland vorzulegen, wobei zwischen Inlands- und Auslandsnutzung unterschieden wird. Hierbei gelten für die Messung nur Aufrufe ab einer Dauer von einer Minute. Robots und Streamripper werden generell ausgeschlossen. Der werbungstreibenden Wirtschaft ergeben sich also ganz neue Möglichkeiten, um die Webradios anhand verlässlicher Leistungswerte zu vergleichen und daraus resultierend Entscheidungen über den Kauf von Werbespots zu fällen. Das könnte dem bisher noch geringen Wachstum auf dem Internetradio-Markt durchaus einen Schub verpassen.
Unter dem Strich bleibt Webradio ein wachsender Markt mit wachsenden Möglichkeiten. Und zwar sowohl für die etablierten UKW/DAB Sender, als auch für aufstrebende Online-Only Programme. Am Ende entscheidet innerhalb genauso wie außerhalb des World Wide Web die Qualität, ob ein Format erfolgreich ist. Wenn das ab der ersten ma IP Audio auch die Werbetreibenden einschätzen können, ergeben sich für alle Seiten neue Chancen. Deswegen sollten gerade die großen Radiostationen die Zeichen der Zeit erkennen und ihr Online-Angebot intensivieren beziehungsweise noch ansprechender gestalten. Gerade in der Internet-fixierten jungen Zielgruppe wird ein entsprechendes Engagement Früchte tragen.