Til Schweiger und «Tatort». Passt das zusammen? Julian Miller hat die neue Folge vom Sonntag vorab gesehen.
Hinter den Kulissen
- Produktion: Constantin Television GmbH
- Drehbuch: Christoph Darnstädt
- Regie: Christian Alvart
- Kamera: Jakub Bejnarowicz
- Produzent: Friedrich Wildfeuer
Inhalt
Hauptkommissar Nick Tschiller und sein Kollege Yalcin Gümer setzen ihren Kampf gegen die Hamburger Unterwelt fort. Der kurdische Astan-Clan droht mit einem gigantischen Drogengeschäft die Macht zu übernehmen, obwohl Clan-Boss Firat Astan gemeinsam mit seinem querschnittgelähmten Bruder Ismal im Gefängnis sitzt.
Tschiller holt sich Enno Kromer, den verbitterten Drogenspezialisten des LKA, zu Hilfe, der seit Jahren vergeblich den Hamburger Drogensumpf trockenzulegen versucht. Unterstützung bekommt Nick auch durch Staatsanwältin Hanna Lennertz, mit der er eine Affäre begonnen hat, sowie von seiner Kollegin Ines Kallwey und von dem Kripo-Mann Holger Petretti. Doch dann setzt Firat Astan ein hohes Kopfgeld auf Tschiller aus, durch das auch seine Ex-Frau Isabella und seine Tochter Lenny in Gefahr geraten.
Darsteller
Til Schweiger («Keinohrhasen») als Nick Tschiller
Fahri Yardim («Almanya – Willkommen in Deutschland») als Yalcin Gümer
Tim Wilde («Hammer & Sichl») als Holger Petretti
Britta Hammelstein («Hannah Mangold & Lucy Palm») als Ines Kallwey
Ralph Herforth («Unter anderen Umständen») als Enno Kromer
Luna Schweiger («Schutzengel») als Lenny
Stefanie Stappenbeck («Auf Herz und Nieren») als Isabella Schoppenroth
Kritik
«Tatort» meets Til Schweiger: Der Deutschen liebste Krimi-Reihe trifft auf einen der größten Publikumslieblinge des Landes. Und wie schon 2013 bei der Premiere wird auch dieses Jahr bei der zweiten Folge deutlich: Das ist auf jeden Fall was Anderes am sonntäglichen ARD-Abend. Weder erwartet einen ein
feingeistig erzählter Psychothriller à la Dortmund, noch der
infantile Versuch eines Gesellschaftsdramas à la München, noch ein
altbackenes Whodunnit à la Ludwigshafen – und erst recht keine
Abrechnung mit Entartungen der Vetternwirtschaft wie in der veragengen Woche. Til Schweiger bedeutet massenkompatibel, entweder seicht oder actiongeladen, am liebsten beides.
Ein Til Schweiger lässt sich da auch nicht verbiegen. Das muss man ihm lassen. Wie sein Nick Tschiller gleich in der Eröffnung den Macho raushängen lässt, als er die Staatsanwältin beglückt und ihm dabei Tochter und Ex-Frau in die Quere kommen; wie er letztere kurz darauf betont lässig vor dem In-die-Luft-Fliegen bewahrt; wie er Lenny alias Luna später auf „voll peinliche“ Art vor einem dubiosen Typen beschützt und dann den Rächer der brutal zerschundenen Mafiaopfer gibt – das ist Til Schweiger in Reinform. Es soll ja Zuschauer geben, denen das an Charaktertiefe schon ausreicht. All denen kann man „Kopfgeld“ restlos empfehlen.
Viele andere werden es da schwerer haben, mit dem «Tatort» à la Schweiger. All jene, denen diese aus altbackenen Klischees zusammenstereotypisierten Rollenkonstrukte als Protagonisten nicht ausreichen. All jene, die (auch gut gemachte) Action nicht als Ersatz für stimmige Figurenführung und sinnvolle Plots auffassen. All jene, die auch von Til Schweiger mehr erwarten als opulente Inszenierungen, die hinsichtlich ihrer Raffinesse mit den erzählerischen Plumpheiten nicht mithalten können.
Dabei ist vieles von dem, was Darnstädt, Alvart und Schweiger auf der zweiten Ebene angehen, gar nicht so blöd. Die Machtlosigkeit von Polizei- und Justizapparat im Kampf gegen die organisierte Kriminalität. Die Frage, wie sehr man sich darüber freuen darf, wenn der Bandenkrieg all den meuchelmörderischen Abschaum von selbst beseitigt. Die Gratwanderung zwischen Sicherheit und Bürgerrecht. Nur: All diese Themen verdienen eine intelligentere Aufbereitung, die über die betont einfach gestrickten Anerzählungen von „Kopfgeld“ weit hinaus gehen müsste. Da darf der alte, vom Schicksal und Polizeibetrieb gebeutelte Cop einmal kurz sein „Die Justiz spielt nicht mit“ aufsagen und das soll dann Haltung sein.
Eine größere intellektuelle Schärfe müsste ja kein Widerspruch zu einem spannungsgeladenen Action-Film sein. Im Gegenteil: Die besten Action-Filme zeichnen sich dadurch aus, dass sie die besten Geschichten erzählen. Daran hapert es in Schweigers «Tatort» noch sehr.
Im «Tatort»-Regelbetrieb, von wenigen Vorreitern wie Dortmund, Wien und Frankfurt abgesehen, allerdings auch.
Das Erste zeigt «Tatort – Kopflos» am Sonntag, den 9. März um 20.15 Uhr.