Will Ferrell schlüpft wieder in seine Paraderolle des Macho-Nachrichtensprechers Ron Burgundy.
Hinter den Kulissen
- Regie: Adam McKay
- Produzenten: Judd Apatow, Will Ferrell und Adam McKay
- Drehbuch: Will Ferrell und Adam McKay
- Musik: Andrew Feltenstein und John Nau
- Kamera: Oliver Wood
- Schnitt: Brent White und Melissa Bretherton
Eskalierender Unsinn, Menschen die sich wie hyperaktive Cartoonfiguren verhalten und ein rasantes Dialogfeuerwerk, das sich parallel zu einem losen „Mal schauen, was so kommt“-Plot entwickelt. All das eingebettet in eine knallige, nicht all zu gewichtige Medienparodie. Was den Deutschen Bullys Karl-May-Persiflage «Der Schuh des Manitu», ist dem US-amerikanischen Filmliebhaber der verrückte Nachrichtenmagazin-Ulk «Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy», der nun nach langem Warten fortgesetzt wird. Gewiss: Der hier im Mittelpunkt blödelnde Komödiant trägt einen dicken Schnauzbart und spricht in klischeehaften 70er-Machovokabeln, statt glatt rasiert zu sein und bayerisch-tuntig zu schwätzen. Zudem ist der Mann, der bei «Anchorman» hinter der Kamera steht, nicht zugleich der Hauptdarsteller.
Zu guter Letzt ist der wohl wichtigste Unterschied zwischen Bully einerseits und den «Anchorman»-Filmen andererseits: Die größten Erfolge von Michael „Bully“ Herbig erinnern durch das mehrfache Involvement des Müncheners zu einem gewissen Grade an das Ergebnis eines schelmischen Selfmademans. Im direkten Vergleich wirkt «Anchorman», die in den USA (und dem englischsprachigen Internet) längst zum Kult gewordene Kooperation zwischen Frontmann Will Ferrell und Regisseur Adam McKay, eher wie eine wüste Kollektivarbeit durchgeknallter Freunde.
Vom zentralen Thema, der größeren Gruppenmentalität (und selbstredend noch dem Herkunftsland) abgesehen, sind die Parallelen zwischen Bullys populärsten Kinoarbeiten und dem in Deutschland weiterhin als Geheimtipp kursierenden US-Comedykracher allerdings frappierend – sobald sie dem Betrachter erst einmal aufgefallen sind. Das Tempo, die Launigkeit und im Falle des Sequels «Anchorman – Die Legende kehrt zurück» auch das recht hohe Budget, dank welchem die gewollt flache, haarsträubende Komödie ihre Kalauer in ein aufwändiges Kleid packt. Hinzu kommen Non sequiturs, die mit Format und innerer Logik der Erzählung brechen. Und natürlich: Unmengen an Running Gags. Da spielt die Handlung nur die zweite (oder gar dritte) Geige – was in diesem Fall jedoch wenigstens Methode hat und somit einigen Trashkomödien zeigt, wo der Hase lachend langläuft.
Der kalkulierte Unsinn beginnt wenige Jahre nach Teil eins: Das einst rivalisierte Nachrichtenmoderatoren-Duo Ron Burgundy (Will Ferrell) & Veronica Corningstone (Christina Applegate) sind nunmehr verheiratet, haben ein Kind und sind von ihrem Provinzsender zu einem namenhaften Kanal in New York gewechselt. Dort eckt Ron aufgrund seiner Idiotie und seiner exzentrischen Art jedoch bei seinem Vorgesetzten an, der ihn kurzerhand feuert, während er Veronica befördert. Als der Macho der alten 70er-Jahre-Schule, der er nunmal ist, nimmt Ron dies zum Anlass, Veronica ein Ultimatum zu stellen: Entweder sie verzichtet auf die neue Anstellung oder er verlässt Frau und Kind. Es kommt, wie es kommen muss: Ron wird vor die Tür gesetzt und verdingt sich als unfähiger Entertainer bei Sea World. Kurz bevor Ron der schnöden Welt Lebewohl sagen will, heuert ihn ein Fernsehmacher für den weltweit ersten 24-Stunden-Nachrichtensender an. Ron nimmt die Stelle an und versammelt seine alten Kollegen um sich, die ihm bei seinem neuen Arbeitgeber helfend zur Seite stehen sollen. Von nun an regiert das Chaos: Der intolerante Ron gerät an seine farbige Programmchefin, geht idiotische Quotenwetten mit arroganten Mitbewerbern ein, hat einen folgenschweren Unfall und versucht darüber hinaus, das Herz seiner Frau zurückzugewinnen …
Der Plotüberblick dürfte es bereits andeuten: Inhaltliche Kohärenz ist in «Anchorman – Die Legende kehrt zurück» Glückssache. Statt einem Handlungsfaden und vielleicht einem Subplot zu folgen, schmeißen die fürs Drehbuch verantwortlichen Adam McKay & Will Ferrell ein Sammelsurium an bruchstückhaften Episoden auf die Leinwand. So bilden Ron Burgundys Bemühungen, seine Familie zurückzuerobern bloß eine lose Klammer für den fast zweistündigen Angriff auf die Lachmuskeln und der Mittelteil täuscht zwischenzeitlich an, zur bitterbösen Satire werden zu wollen, nur um dann auf dem Weg zum großen Finale wieder ins abstruse Blödelfach zurückzukehren.
Die stete Unruhe von «Anchorman – Die Legende kehrt zurück» ist Vorteil und Nachteil zugleich: Durch die unablässigen Richtungswechsel strahlt die 50-Millionen-Dollar-Produktion etwas Anarchisches aus und bleibt bei seiner dauernden Verballhornung von Filmklischees unvorhersagbar. Doch so energetisch der eklektische Stil dieser Nachrichtenkomödie sein mag, fällt es schwer, nicht enttäuscht zu sein, wann immer eine besonders originelle Passage Raum für eine weniger erfrischende Szene macht. Trotzdem fallen solche Nonsense-Momente, wie ein gewaltiger Lachflash von Ron Burgundys Freunden beim Lesen eines Garfield-Comics, nicht all zu schwer ins Gewicht, schließlich werden bei der immensen Gagfrequenz von «Anchorman – Die Legende kehrt zurück» Rohrkrepierer rasch von neuen Pointen, Albernheiten oder Skurrilitäten verdrängt.
Zu den Höhepunkten des von Will Ferrell und seinen Co-Stars Steve Carell, Paul Rudd, David Koechner und Christina Applegate heftig improvisierten Films zählt ein ausführlicher, herrlich eskalierender Seitenhieb auf das Niveau von FOX News und Konsorten. Dass Ferrell und McKay den Mut haben, ihre eh schon unterhaltsam anstrengende Hauptfigur gewissermaßen zum Schurken zu machen, der jeglichen Anspruch aus der Nachrichtenwelt vertreibt, ist bereits bemerkenswert. Mit welch furioser Schlagzahl die knalligen Angriffe auf flachen, schrillen Journalismus aber kommen, setzt dieser Filmpassage die Krone auf.
Und obwohl David Koechners Figur des lauten Sportreporters Champ, der seine Zuneigung zu Ron hinter einer chauvinistischen Fassade versteckt, rasch ausgereizt ist, sind in diesem Sequel die Charaktere rund um den Titelhelden für viel mehr Lacher gut als noch im Original. Paul Rudds trockener Reporter Brian Fantana hat mehr Profil als noch im Vorläufer, was vielleicht auch Rudds Karriereschub seit dem 2004 gestarteten Erstling zu verdanken ist, und Steve Carell reißt als geistig beschränkter, sozial unfähiger Wetterfrosch Brick Tamland jede Szene an sich, in der er zu sehen ist. Egal, ob er dadaistischen Irrsinn von sich gibt, von der Realität überfordert ist oder die Geschichte mit seinen Taten ins Surreale drängt: Carells fantastisches Timing und die spröde Konsequenz, mit der er Brick darstellt, machen nahezu jeden Durchhänger in dieser nicht gerade zurückhaltenden Komödie vergessen.
Die größere Prominenz, mit der Brick auftritt, zeigt zudem auf, dass «Anchorman – Die Legende kehrt zurück» auf dem Gedanken „Höher, schneller, weiter“ beruht. Teils wiederholt der Film Einfälle des Originals in typischer Sequel-Manier, aber da diese Mentalität dem Publikum mehr Brick und zudem Unmengen an pfiffigen Gastauftritten einbringt, muss dies nicht einmal so schlecht sein.
Fazit: Konsequent durchgezogene Albernheiten, zahlreiche rezitierbare Sprüche und überraschende Eskapaden machen diesen zwischendurch spritzige Satire liefernden Ulk (trotz mancher Länge) zu einem Fest für Liebhaber des kalkulierten Irrsinns. Fans des Originals und/oder Will Ferrell bekommen mehr von exakt dem, was sie lieben, Neuzugänge und Anhänger von Michael „Bully“ Herbig dürfen derweil gerne einen Blick riskieren, sofern sie sich bewusst sind, worauf sie sich bei diesem ambitionierten Blödelspaß einlassen.
«Anchorman – Die Legende kehrt zurück» ist ab Donnerstag, dem 30. Januar 2014, in vielen deutschen Kinos zu sehen.