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Die Kritiker: «Tatort: Todesspiel»

Der neueste Fall von Blum und Perlmann, inszeniert von Jürgen Bretzinger, präsentiert sich über weite Strecken als gewohnt-gemächlicher Bodensee-Krimi.

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Buch: Jürgen Pomorin
  • Regie: Jürgen Bretzinger
  • Kamera: Stefan Sommer
  • Schnitt: Sabine Dietrichs-Jany
  • Musik: Benjamin Fröhlich, Florian Peter
  • Szenenbild: Klaus-Peter Platten
  • Kostümbild: Claudia Unger
„Zentrale an alle Einsatzfahrzeuge: leblose Person gemeldet, Bellevue fünf.“ Der Millionenerbe und Playboy von Konstanz, Benjamin Wolters, wird tot in seiner Villa aufgefunden. Zwei Schüsse aus nächster Nähe, keine Einbruchspuren. Am Tag zuvor hatte der 32-Jährige zum üblichen Sonntagsbrunch bei Pizza und Champagner seine engste Clique um sich versammelt. Als Täter könnte vermutlich jeder von den vieren in Frage kommen. Benjamin Wolters war ein dekadenter Zyniker, der auf nichts und niemand Rücksicht nehmen musste und für (s)einen Spaß jeden ans Messer geliefert hätte.

Mit von der feucht-fröhlichen Partie war sein Freund aus Schultagen, Marcus Pracht. Der lässt Kommissarin Klara Blum allerdings sofort mit Hinweis auf seine Verschwiegenheitspflicht als Anlageberater abblitzen, verweigert die Aussage und verweist auf seinen Anwalt. Gesprächiger zeigt sich da zunächst Daniel Gabler, vor einiger Zeit zweiter Sieger einer Castingshow, dessen Erfolg nach kurzer Berühmtheit prompt ausblieb. Die aktuelle Geliebte des Opfers, Alisa Adam, die erst seit kurzem in Konstanz lebt, gibt für die Tatzeit ein Alibi an: Sie war im Theater und die Garderobenfrau kann sich sogar an sie erinnern. Wäre da noch Nadine Weiss: zum Zeitvertreib Besitzerin einer Edelboutique und vernachlässigte Ehefrau des Geschäftsführers einer Schweizer Schönheitsklinik. Sie war kurz vor der Tat von ihrem Lover Benjamin Wolters abserviert worden, konnte sich aber schnell wieder fangen.

Darsteller


Eva Mattes («Das Sams») als Klara Blum
Sebastian Bezzel («Dampfnudelblues») als Kai Perlmann
Torben Liebrecht («Mein Flaschengeist und ich») als Marcus Pracht
Daniel Roesner («Turbo & Tacho») als Daniel Gabler
Alexandra Finder («Die Frau des Polizisten») als Nadine Weiss
Anna Bederke («Schlussmacher») als Alisa Adam
Thomas Balou Martin («Der Landarzt») als Klaus Nobbe

Kritik


Um am Bodensee als Rowdie zu gelten, bedarf es in der Regel keiner außergewöhnlich unangepasster Charakterzüge – somit steht die in jeder Hinsicht exzessive Clique um Benjamin Wolters, die sich um moralisches Verhalten nicht weiter schert, im idyllischen Konstanz im Rampenlicht. Dem Zuschauer des jüngsten «Tatorts» wird dieser Umstand bereits mit der ersten Szene eröffnet, die in den Abgrund einer tödlichen Kombination aus großem Vermögen und noch größerer Langeweile blicken lässt. Der anschaulich inszenierte Einstieg in den neuen Fall von Klara Blum und Kai Perlmann darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Krimi in der Folge eher vor sich hinplätschert.

So präsentiert sich das von Jürgen Pomorin unter dem Pseudonym Leo P. Ard geschriebene Werk als Film der guten Ansätze, dem es an den entscheidenden Stellen aber an der richtigen Menge Zündstoff fehlt, um sich tatsächlich einer stabilen Umlaufbahn rühmen zu können. Spannend ist der Verweis auf die karrierebefreiten Überbleibsel vergangener Castingenerationen, die in Gestalt von Daniel Gabler, gespielt von Daniel Roesner, mit in den Sumpf aus Macht und Geld verschleppt werden. Hier fehlt es allerdings wiederum am konsequenten Ausschöpfen der Möglichkeiten einer solchen Figur, die im «Tatort: Todesspiel» schlussendlich nicht mehr als eine langweilige Parodie darstellt (sollte die Programmierung des Films parallel zum „Dschungelcamp“ von den Machern in­ten­die­rt gewesen sein, könnte es sich allerdings auch um einen verkannten Geniestreich handeln).

Dass die im Mittelpunkt stehende Clique hingegen unumwunden in all ihren gesellschaftsfeindlichen Aspekten gezeigt wird, lässt den Betrachter zwar hie und da zusammenzucken, als kritischer Verweis auf reale Umstände schießt die Darstellung aber über's Ziel hinaus. So bleibt von der verachtenswerten Wette, ob ein Rollstuhlfahrer, der an einem Bordstein scheitert, wohl von Passanten Hilfe erwarten darf, nur ein Schmunzeln, wenn schließlich freundliche Punks zur Gewissheit beitragen, dass das Gute doch noch nicht zur Gänze besiegt ist.

Nach dem packenden Auftakt weiß der Film mit einem spannenden Finale das offensichtliche Zwischenspiel etwas zu entschuldigen. Das ändert allerdings nichts daran, dass dem Zuschauer schnell klar sein dürfte, dass manch ein Verdächtiger mit dem Mord nichts zu tun hat. Tatsächlich kann sich jenen, die den Krimi aufmerksam verfolgen, schon recht früh erschließen, aus wessen Reihen der Täter stammen könnte; die endgültige Lösung des Puzzles weiß der «Tatort» aber bis kurz vor 21.45 Uhr zu bewahren.

Unterm Strich bleibt ein durchaus unterhaltsamer Krimi, dem etwas mehr Gespür für das Gaspedal alllerdings gut getan hätte. Natürlich ist das Konstanzer Ermittlerteam dafür bekannt, nicht zu den aufbrausenden Figuren unter den Fernsehkriminalisten zu gehören; gerade deshalb aber hätte etwas mehr Fingerspitzengefühl beim Einsatz der Zutaten zu einem schmackhafteren Ergebnis führen können.

Das Erste zeigt den «Tatort: Todesspiel» am Sonntag, den 19. Januar 2014, um 20.15 Uhr.
18.01.2014 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/68526
Kevin Kyburz

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