Schwieriger Spagat: Der neue «Wilsberg» punktet mit einem aktuellen Thema, an das man das ältere Publikum aber etwas vorsichtiger heranführen muss.
Inhalt:
Hinter den Kulissen
- Produktion: Eyeworks
- Buch: Arne Nolting & Jan Martin Scharf
- Schnitt: Monika Abspacher
- Kamera: Philipp Timme
- Musik: Dieter Schleip
- Regie: Martin Enlen
Als Alex herausfindet, dass unter ihren Kollegen aus der Kanzlei ein Amateur-Porno-Video aus dem Internet mit ihr in der Hauptrolle kursiert, bittet sie sofort Wilsberg um Hilfe. Er soll herausfinden, wie ihr One-Night-Stand im Netz landen konnte und dafür sorgen, dass das Video wieder verschwindet - bevor ihr Chef davon erfährt und ihre Karriere in der Kanzlei gefährdet wird.
Bei seinen Nachforschungen stößt Wilsberg auf die schlüpfrigen Machenschaften eines Online-Sex-Portals und dessen zwei Inhaber. Das Geschäftsmodell hinter der Firma "Diskretvision" ist mehr als dubios: Der gutaussehende Betreiber verführt reihenweise junge Frauen, filmt das Liebesspiel heimlich und stellt die Videos ins Internet - kostenpflichtig für die Voyeure dieser Welt. Als einer der beiden Unternehmer tot aufgefunden wird, gerät Alex selbst ins Visier der Ermittlungen - ein Motiv, ihren Peiniger zu beseitigen, hätte sie ja. Nun ist es an Wilsberg, auch noch Alex' Unschuld zu beweisen.
Darsteller:
Leonard Lansink («Der Eisbär») ist Georg Wilsberg
Oliver Korittke («Schutzengel») ist Ekki Talkötter
Rita Russek («Tatort: Stuttgart») ist Kommissarin Springer
Ina Paule Klink («Sushi in Suhl») ist Alex
Roland Jankowsky («Nikola») ist Overbeck
Tim Bergmann («Reiff für die Insel – Neubeginn») ist Dr. Walter
Oliver Breite («Alles was Recht ist») ist Rainer Graf
Kritik:
Der neue «Wilsberg» behandelt ein überaus aktuelles Thema – und schafft dabei (meist) einen recht schwierigen Spagat. Dass Sexvideos, heimlich gefilmt, dank der massenhaften Verbreitung von Smartphones mit entsprechender Aufnahmefunktion, inzwischen im Internet ebenso wie auf Schulhöfen kursieren, ist vor allem für die direkt Betroffenen ein großes Problem. In der Krimiproduktion ist Anwältin Alex beim Stell-dich-ein mit einer Bekanntschaft aufgenommen worden nun als „Aufriss der Woche“ auf einer Pornoseite zu sehen. Hinter dem Aufriss der Woche steckt freilich ein Modell zweier Geschäftspartner – die, was will man vom ZDF anderes erwarten, reichlich dubios sein müssen. Die Grundkonstellation also bedarf einiger Erklärung – das ist auch die Ursache dafür, dass die eigentliche Leiche, nämlich Alex‘ One-Night-Stand, erst nach einer Viertelstunde gefunden wird.
Selbstverständlich geht es im ZDF-Samstag-Abendkrimi etwas gemächlicher zu als in Produktionen der Privaten und in manchen «Tatorten», «Wilsberg» aber besticht auch 2014 wieder durch seinen Witz. Die Autoren Jan Martin Scharf und Arne Nölting, die unter anderem auch für «Der letzte Bulle», action concept und «IK 1» geschrieben haben, verstehen es diesmal wieder mit pointierten One-Linern zu punkten. Etwa dann, wenn die Kripo-Chefin am Tatort gefragt wird, ob sie wisse, was das hier für ein Laden sei und sie trocken antwortet: „Ja, eine Bäckerei“. Oder wenn sie im Verhör, nach der Erklärung, dass Mädels heimlich gefilmt werden, damit das Material authentischer wirkt, feststellt: „Das ist für Sie so etwas wie «Verstehen Sie Spaß?» - nur mit Arsch und Titten.“
Es ist freilich nicht selbstverständlich, dass solche Gags es auch wirklich auf den Bildschirm des zuweilen ja durchaus angestaubten ZDF schaffen. Sie sind es aber die dem «Wilsberg»-Fall die besondere Würze geben. Zudem ist da immer noch der Spagat, der zu vollziehen ist, greift die Folge „Nackt im Netz“ doch ein Thema aus, das der jüngeren Bevölkerung durchaus sehr geläufig ist, das aber eben für manche ältere Zuschauer detaillierter erklärt werden muss. So ganz kann ein solcher Kompromiss nicht gelingen, dennoch gingen die Macher in diesem Fall einen recht guten Mittelweg, unter anderem dadurch, dass die einen die Beinstellung der Gefilmten betreffenden Running-Gag einbauten.
Skurrilität darf übrigens auch diesmal nicht fehlen – dafür sorgt unter anderem der von Oliver Breite klasse gespielte Pornodarsteller Rainer Graf, der auf den Künstlernamen „Graf Cock“ hört. Das in Verbindung mit Leonard Lansink und Oliver Korittke kann schon auf dem Papier nur ein Heidenspaß werden. Die ein oder andere etwas zähe Passage des Films ist da schnell verziehen.
«Wilsberg: Nackt im Netz» läuft am 8. Januar 2014 vorab bei ZDFneo, am Samstag, 11. Januar 2014 zeigt dann das ZDF die Folge. Los geht es jeweils um 20.15 Uhr. Hier gibt es zudem einen Comic zur dem Fall vorausgehenden Geschichte