Mit «Wer weiß es, wer weiß es nicht?» startete am Montagmittag bei VOX ein Straßenquiz, das halten konnte, was es versprach: Nette, kurzweilige Unterhaltung ohne großes Spektakel.
In Zeiten, in denen vier der sechs größten Privatsender Deutschlands beträchtliche Teile ihres Daytime-Angebots mit Scripted Reality bestücken, muss man als Freund positiver Unterhaltungsformen seine Erwartungen etwas zurückschrauben. Die Zeiten der großen Kult-Gameshows sind ewig vorbei, inzwischen gelten die einst belächelten Daily-Soaps und Telenovelas beinahe schon als Hochklasse-Produktionen zu Sendezeiten, welche die meisten Kanäle hinsichtlich qualitativer Bewertungskriterien längst abgeschrieben zu haben scheinen. Dementsprechend ist auch das neue VOX-Format
«Wer weiß es, wer weiß es nicht?» eine löbliche Programmfarbe - denn es ist nett, schmerzlos konsumierbar und kann durch eine sympathisch schlichte Aufmachung punkten.
Worum geht es hierbei? Der bislang vorwiegend auf Spartenkanälen wie iMusic1 oder ZDFneo aktive Amiaz Habtu überrascht Passanten in Fußgängerzonen oder Kaufhäusern mit einem verlockenden Angebot: Mit der Beantwortung von fünf Fragen können sie innerhalb weniger Minuten bis zu 3.000 Euro gewinnen. Sie müssen dabei die Antworten noch nicht einmal selbst wissen, sondern lediglich andere Passanten benennen, von denen sie abwechselnd annehmen, dass sie die Fragen richtig bzw. falsch beantworten. Bei einer falschen Einschätzung können sie einmalig einen Telefonjoker zu Rate ziehen - doch geht dieser nicht ans Telefon, fliegt der Kandidat endgültig aus dem Spiel.
Das ganz große Vertrauen hat VOX offenbar in seine neue Show nicht, denn bereits vor der Erstausstrahlung verschob man den Sendetermin der zunächst zehn Folgen von 14 Uhr auf das deutlich zuschauerschwächere 12 Uhr. Dieser Schritt ist rein inhaltlich betrachtet durchaus zu bedauern, denn sie macht Freunden der schlichten, zurückgenommenen Unterhaltung Freude. Das Straßenquiz präsentiert sich klein, zurückhaltend und "echt", gibt sich also nie der Lächerlichkeit durch eine überbordende Inszenierung preis - was bei Gewinnen im unteren vierstelligen Bereich allerdings auch jegliche Realitätsnähe hätte vermissen lassen.
Der vielen Kölnern als Hallensprecher bei RheinEnergie Köln bekannte Habtu konzentriert sich stattdessen auf eine Mischung aus Smalltalk mit den Kandidaten und besagten Quizfragen, die immer dann eingestreut werden, wenn das Gespräch gerade in die (für den TV-Zuschauer) belanglose Laberei abzudriften droht. Dieser Spagat wirkt nicht bemüht, da sich Habtu augenscheinlich nicht verstellen muss, um an den Gesprächen interessiert zu wirken und die Rolle des Kumpeltyps authentisch zu verkörpern weiß. Auch die Teilnehmer des Quiz' verhalten sich sehr natürlich und machen nicht den Eindruck, als seien sie vorgecastet und auf eine möglichst hohe Medienpräsenz geschult worden. Das Niveau der Fragen befindet sich auf einem recht überschaubaren Niveau, ist jedoch immerhin keine komplette Beleidigung der Intelligenz des Zuschauers.
Problematisch für einen wirtschaftlichen Erfolg ist in erster Linie, dass nie so etwas wie Spannung aufkommt und es dem Rezipienten letztlich recht egal sein kann, was mit den Akteuren passiert. Für diese eine Grundsympathie zu entwickeln, gelingt durch den lockeren Talk zwar durchaus, doch wer fiebert schon wirklich schweißgebadet vor dem TV-Gerät mit, ob eine junge Studentin nun 1.000 Euro Taschengeld bekommt oder nicht? Auch an Abwechslungsreichtum mangelt es der Sendung, denn das Grundprinzip jeder Fragerunde ist letztlich identisch. Somit musste auch der Rezensent in der zweiten Sendungshälfte feststellen, dass seine Konzentration spürbar nachließ. Als weiterer kleiner Kritikpunkt ist auch zu benennen, dass die von den Hauptkandidaten befragten Passanten keinerlei Belohnung für eine korrekte Antwort erhalten. Sie hätte man besser in den Spielablauf involvieren können, denn so degradieren sie etwas zu persönlichkeitslosen Statisten.
Ob «Wer weiß es, wer weiß es nicht?» allerdings tatsächlich auf eine durchweg aufmerksame Zielgruppe abzielt, ist die andere Frage. Gerade im Mittagsprogramm herrscht inzwischen eher die Meinung vor, dass genau dies der Lebensrealität der meisten Konsumenten nicht entspricht. Schließlich schauen unter der Woche zur Mittagszeit vorwiegend Hausfrauen (extra für die GleichstellungsbeauftragtInnen unter unseren Lesern sei das Wort Hausmänner hinzugefügt), Arbeitslose sowie einige Schüler und Studenten zu, die zu Wochenbeginn in ihrer Bildungsanstalt noch nicht allzu sehr gefordert werden. Entsprechend kann der zurückhaltende Stil der Sendung als konsumentenfreundlich betrachtet werden, denn als Begleitmedium eignet sich das Format sehr gut. Bleibt nur die Frage, ob das Massenpublikum an einer Quizshow in der Daytime interessiert ist - in den vergangenen Jahren lautete die Antwort auf diese Frage beinahe ausnahmslos nein.