Sind Remakes automatisch minderwertige Filme? Unser Kolumnist kämpft mit vielen Beispielen gegen dieses Vorurteil.
Am 5. Dezember starten mit «Carrie» und «Oldboy» gleich zwei aufwändige, intensiv beworbene Filmremakes in den deutschen Kinos. Die bisherigen Publikums- und Kritikerreaktionen auf diese beiden Werke sind eher durchwachsen, was kaum jemanden überraschen dürfte. Schließlich haftet Remakes generell ein mieser Ruf an. Sie seien unoriginell, unnötig sowie ungeheuerliche Beleidigungen gelungener Filme. Dieses negative Image, das Remakes mit sich tragen, ruht allerdings auf den Schultern einiger besonders mieser Neuverfilmungen. Doch sobald man seine Augen von diesen Ausrutschern löst, wird man allerhand gelungene Remakes entdecken. Darunter die nachfolgenden Streifen, bei denen manchmal nicht einmal wirklich bekannt ist, dass es sich bei ihnen um Remakes handelt …
Ein absolutes Paradebeispiel für ein gelungenes Remake ist Gore Verbinskis Neuinterpretation des Japan-Horrors
«The Ring». Mit einigen wenigen Änderungen, die dafür umso feiner und bedeutungsvoller ausfielen und die Schreckensgeschichte für ein westliches Publikum aus der Zeit, kurz nachdem Videokassetten kommerziell ausgedient hatten, umdeuten. Außerdem hat Verbinski eine ganz eigene visuelle Vision, die dieses Remake mehr als nur sehenswert macht. Im Horrorsektor überzeugte neulich auch das
«Evil Dead»-Remake, das auf viel weniger Humor und dafür viel mehr grafische Gewalt setzt, und dennoch eine runde, schlichte Geschichte des Grauens erzählt, die mit beeindruckenden praktischen Effekten inszeniert wird. Die neuen Effekte und der leicht andere, beklemmende Tonfall ist es auch, der John Carpenters
«Das Ding aus einer anderen Welt» zu einem Film macht, der neben dem gleichnamigen Original von 1951 bestehen kann. Ähnlich, wie auch beide Versionen von
«Die Fliege» ihre Daseinsberechtigung haben.
Erwähnenswert ist auch Martin Scorseses
«Kap der Angst», eine darstellerisch und atmosphärisch fantastische Neuerzählung von J. Lee Thompsons «Ein Köder für die Bestie» aus dem Jahr 1962. Brian De Palma dagegen nutzte sein
«Scarface»-Remake, um aus der ursprünglichen Kriminalgeschichte über einen kubanischen Alkoholschmuggler einen stylischen, hyperbrutalen Gangsterstreifen zu machen, der den Exzess eines italo-amerikanischen Koksbaron zu zeichnen. Solche Aktualisierungen und Umdeutungen gibt es in der Filmgeschichte immer wieder, doch selten gelingen sie so gut wie bei De Palmas Ganovenepos oder bei
«Die glorreichen Sieben», dem legendären Western, der den Samuraifilm «Die sieben Samurai» von Akira Kurosawa in ein anderes Genre mit anderen Stilmitteln überführte, ohne die Geschichte übermäßig zu verändern.
Steven Soderbergh wiederum unterfütterte den verspielten Heist-Movie «Frankie und seine Spießgesellen» mit jeder Menge Selbstironie und einem zeitgemäßen, trotzdem leicht nostalgischen Look um den von der Kritik wesentlich mehr geachteten
«Ocean's Eleven» zu schaffen. Solch eine komödiantische Aktualisierung erfuhren auch diverse Disney-Komödien. Zwei davon sind «Ein völlig verrückter Freitag» und
«Ein Zwilling kommt selten allein», die als
«Freaky Friday» beziehungsweise unter gleichem Titel zu modernen, schnellen Komödien voller Lacher wurden, während die Originale charismatisch und amüsant, nicht aber mit lautstarken Pointen gespickt sind.
Und dies ist nur die Spitze des Eisberges an guten Remakes. Kurzum: Es ist unglaublich, aber wahr – Remakes können funktionieren!