Mit Entschleunigung zur Weltherrschaft: Auch in Staffel 4 von «The Walking Dead» regiert die langsame Bedrohung.
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Rick und Carl stehen definitiv im Mittelpunkt der neuen Staffel. Wir haben gesehen, wie Carl am Ende der 3. Staffel den Jugendlichen aus Woodbury regelrecht hingerichtet hat. Das wird sowohl auf ihm als auch auf seinem Vater lasten. Denn Rick hat große Angst, dass er seinen Sohn an diese Welt verliert, nach allem, was er getan hat, das zu verhindern. Es wird Ricks Verhalten in der kommenden Staffel stark beeinflussen – und wir werden einen ganz anderen Rick Grimes erleben.
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Executive Producer Robert Kirkman über die vierte Staffel von «The Walking Dead»
Die Toten wandern wieder und ein Ende von «The Walking Dead» ist nicht in Sicht. Sogar ein Spin-Off zur Serie wurde inzwischen angekündigt. Wenn das mal keine guten Nachrichten für Fans sind. Der noch immer grasierende Hype um Zombies ist jedoch mindestens genau so nervend wie erfreulich. Denn mit hochwertigen Produktionen wie einem sündhaft teuren «World War Z» oder eben «The Walking Dead» vergeht kein Monat ohne den Release völlig überflüssiger Billigproduktionen, die konsequent auf den direct-to-video-Markt zielen.
Interessant ist, dass während im partiell beängstigend guten Brad Pitt-Vehikel «World War Z» die Zombies wie mit Speed gepuderte Ameisen die Wände erklimmen und in menschlichen Tsunamiwellen über die Welt hereinbrechen, die Zombies in «The Walking Dead» anscheinend immer langsamer werden. Zwei völlig unterschiedliche Ansätze, die jedoch bestens in ihrem eigenen, filmischen Universum funktionieren.
Erinnern wir uns: Staffel eins überzeugte mit einer dichten Erzählung und sechs knackigen Folgen und enttäuschte nur beim billig getricksten Finale. Staffel zwei war mit 13 Folgen schon wesentlich länger, musste aber mit einigem erzählerischen Leerlauf kämpfen – was sicher auch der Konzentration auf eine Location geschuldet war. Staffel drei der wandelnden Toten konnte das aufgebaute Potenzial im Verlauf der 16 Folgen auch nur schwerlich halten. In der Rückschau wird viel Gerede, noch mehr Gefühlsduselei und herbeigeredete Konflikte deutlich. Zwei bis drei Stunden hätte man problemlos herausschneiden können, ohne die eigentliche Handlung anzutasten. Dafür war die Action herausragend, das Make up wie immer erstklassig und die Atmosphäre dicht. Zudem wurde mit dem Govenor ein interessanter Antagonist eingeführt, der nicht nur ein kompletter Psycho war, sondern auch nachvollziehbar agierte.
Nun ist also die vierte Staffel von «The Walking Dead» angelaufen und brach – mal wieder – sämtliche Rekorde der Vorgängerstaffeln. Aber mit Recht? Eröffnete noch vor einem Jahr Staffel drei mit einem wahren Knaller und einer nihilistischen Stimmung, regiert nun erst einmal Idyll. Rick und seine Leute haben aus der Stadt des Governors so viele Menschen zu sich ins Gefängnis geholt, wie möglich war. Man hat sich eingerichtet, pflanzt Gemüse an, tötet systematisch Zombies am Gefängniszaun und lebt ein Farmerleben. Doch schon droht Unheil; erst auf der Tonspur mit dem immer lauter werdenden Gestöhne der Zombies und unterschwelligem Grollen und schließlich auch sichtbar: Die Zombies rotten sich zu immer größeren Gruppen zusammen und drohen, die Zäune einzureißen. Die Kinder der Geretteten haben keine wirkliche Angst mehr vor den Beißern (wie die Zombies in der Serie genannt werden) und geben ihnen Namen. Zudem grasiert irgendeine Krankheit, die sich innerhalb des Gefängnisses auszubreiten droht. Nicht zu vergessen der Unbekannte, der die Beißer mit toten Ratten zusätzlich an die Zäune lockt... Es gibt also genug Potenzial für eine spannende neue Staffel. Aber macht der Auftakt hungrig genug, um wieder am Ball zu bleiben? Die Zuschauerzahlen in Amerika sind bei Folge zwei schon um gut zwei Millionen eingebrochen.
Zunächst einmal lässt die erste Folge den Zuschauer mit einem wirklich starken Cliffhanger zurück. Auch machen die Verantwortlichen der Serie – im Besonderen der Regisseur des Piloten und Executive Producer Greg Nicotero – einen ordentlichen Job. Gerade die neuen Zombies sehen mal wieder eine Spur ekliger aus, die Verwesung ist weiter fortgeschritten. Auch wird bei Kopfschüssen und dem beliebten Schädeleinschlagen weiter voll mit der Kamera draufgehalten. Soweit alles gut. Was jedoch den Gesamteindruck der ersten Folge trübt, ist nicht von der Hand zu weisen: Manche (zukünftige) Bedrohung wird wenig subtil angekündigt, es gibt zwei, drei äußerst miese Computereffekte (Stichwort: Zombies auf dem Dach) und Ricks Sohn Carl entwickelt sich immer mehr zur Nervensäge. Aber hier ist noch nicht alles verloren. Noch 14 Folgen stehen aus, um sich dieser Makel zu entledigen. Highlights gab es jedoch auch, die nicht unterschlagen werden sollen: Das angesprochene Make up ist grandios in Szene gesetzt, die darstellerischen Leistungen sind gut bis sehr gut und der schiefgehende Bruch in einen Supermarkt ist wirklich toll anzusehen. Was hier losgelassen wird, ist an Spannung kaum zu toppen – obwohl es weit an den Haaren herbeigezogen ist.
Fans von «The Walking Dead» werden nicht enttäuscht und können sich auf ein ereignisreiches Wiedersehen mit ihren Helden freuen. Dennoch, die Macher müssen aufpassen, dass aus «The Walking Dead» keine Telenovela wird.
Die neuen Folgen der vierten Staffel laufen immer freitags um 22.00 Uhr beim Pay-TV-Sender Fox. RTL II macht kommende Woche einen «The Walking Dead»-Marathon ab Montag – und zeigt die dritte Staffel ab Donnerstag immer nach 23.00 Uhr.