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Die Kritiker: «Kripo Holstein - Mord und Meer»

Eine neue Vorabendserie, die nicht mit einem «SOKO» im Titel beginnt. Gilt das beim ZDF schon als mutig?

Inhalt


Hinter den Kulissen

  • Produktion: OPAL Filmproduktion
  • Buch: Jan von der Bank und Susann Lütje
  • Regie: Zbynek Cerven
Als Kriminaloberkommissar Hannes Schulte, eine echte Großstadtdistel aus Berlin-Wedding, ins beschauliche Ostholsteiner Kommissariat von Altenkrempe strafversetzt wird, rechnet er mit dem Schlimmsten: schnarchnasige Kollegen, hinterwäldlerische Ermittlungsmethoden, langweilige Streitereien um Gartenzäune und tote Hühner. Jette Jessen, Catrin Christiansen und Jost Reedmacher, die neuen Kollegen vor Ort, wissen ihrerseits ebenso wenig mit Hannes' großspuriger Art anzufangen. Als sich dann auch noch Lars Tennhagen einmischt, der berittene Dorfsheriff, ist der Einstand des neuen Chefs vollends misslungen. Da ist es fast eine Erleichterung, dass das Team sofort mit einem ersten Fall konfrontiert wird.

Der elfjährige Maximilian ist auf seinem Schulweg entführt worden. Seine Eltern Stefan und Annabell Weber sind außer sich vor Sorge, ebenso wie Karl-Theodor Grems, der begüterte Unternehmer und Großvater des Jungen, auf dessen Geld es die Entführer offensichtlich abgesehen haben. Was die Lage noch prekärer macht, ist die Tatsache, dass der Junge wegen einer Stoffwechselerkrankung dringend Medikamente benötigt. Einen Vorrat für zwei Tage hat er bei sich, doch danach kann das Fehlen des Wirkstoffes tödliche Folgen haben.

Die Geldübergabe wird vorbereitet: Laut Erpressernachricht soll Weber das Geld überbringen. Doch in den Augen seines dominanten Schwiegervaters ist er für diese Aufgabe denkbar ungeeignet. Die Missstimmung zwischen den beiden Männern ist für die Kommissare kaum zu übersehen. Doch auf tragische Weise soll der alte Grems Recht behalten: Bei der Geldübergabe im Wald wird Weber angeschossen und fällt ins Koma. Der Täter, ein Mann namens Axel Göllner, kann dank eines Helikopter-Einsatzes von Hannes und Jette festgenommen werden. Doch obwohl er das Lösegeld bei sich hatte, verweigert er in den Verhören beharrlich jede Zusammenarbeit. Selbst als Jost und Hannes ihn wiederholt auf die Krankheit des Jungen hinweisen, bleibt Göllner bei seiner Behauptung, nichts von der Entführung zu wissen.

Die Situation spitzt sich zu. Von Maximilian, der inzwischen seine letzten Medikamente aufgebraucht haben muss, fehlt noch immer jede Spur. Und Weber, der erklären könnte, was bei der Geldübergabe passiert ist, liegt im Koma. Verzweifelt ermittelt das Team nun in alle Richtungen. Als die Uhr für den Jungen schon fast abgelaufen ist, stoßen Jette, Jost, Hannes und Catrin unvermittelt auf einen Hinweis, der sie dazu veranlasst, alles auf eine Karte zu setzen.

Darsteller


Björn Bugri («Wer rettet Dina Foxx?») als Hannes Schulte
Lara-Isabelle Rentinck («Küstenwache») als Jette Jessen
Christoph Hagen Dittmann («Alles Klara») als Jost Reedmacher
Katharina Küpper («Alisa – Folge deinem Herzen») als Catrin Christiansen
Daniel Roesner («Wilde Wellen») als Lars Tennhagen
Ina Holst («Herzversagen») als Heidi Lürsen
Rainer Sellien (Flemming]]) als Stefan Weber
Henriette Richter-Röhl («Wilde Wellen») als Annabell Weber

Kritik


Da horcht man auf: eine Vorabendserie im ZDF, deren Titel nicht mit einem „SOKO“ beginnt. Schlimmer als das kann es ja eh kaum werden, ist man sich sicher. Bis man die erste Folge von «Kripo Holstein» gesehen hat.

Entwickelt wurde die Serie als Spin-Off der «Rosenheim-Cops», also in der Tradition von behäbigem Lokalkolorit, Mia san mia, der Weißwurst als identifikatorischem Kernelement und Lüftlmalerei als Gipfel süddeutscher Baukunst. Das alles nun bitte auf Norddeutsch und in Schleswig-Holstein.

Man kann nur mutmaßen, wieso man die neue Access-Prime-Time-Hoffnung nun doch nicht «Ostsee-Cops» nennt. Eine Hypothese: Man will die jungen Zuschauer nicht mit einem Titel verschrecken, der darauf hindeutet, dass der Spannungsgrad auf Herzschrittmacherpatienten ausgerichtet ist.

Doch das Einzige, was bei der neuen «SOKO», äh «Kripo» jung sein will, ist der Vorspann: Dessen Bildästhetik und Grafik hat man unübersehbar bei «CSI» zusammeninspiriert. Nur ist das abgelegene Holstein eben nicht so sexy wie die Wüste von Nevada oder die alligatorverseuchten Bayous in den Everglades. Dass Björn Bugri wohl nicht einmal halb so cool seine Sonnenbrille abnehmen kann wie David Caruso, ist auch kaum einer Erwähnung wert.

Statt flotten Plots, kecker Lässigkeit und kosmopolitischem Setting gibt es dann also Herzschrittmacherspannung, norddeutsche Plattheiten und adrette Beschaulichkeit. Der Vorspann sagt: „Das ZDF kann auch jung sein. Echt jetzt.“ Der Rest der ersten Folge sagt: „Jung ist für uns alles unter 80.“

Und so wird «Kripo Holstein» ohne Umschweife gewissermaßen zur Definition von Austauschbarkeit und Behäbigkeit. Die Konflikte der Premiere: Der neue Impulsive mit Berliner Schnauze und Aggressionsproblem landet nach seiner Strafversetzung im verstockten hohen Norden. Und dann eben noch die variationsfrei erzählte Geschichte vom verschwundenen Kind und seiner dubiosen Familie. Eine zügige Verfolgungsjagd, ein paar falsche Fährten, ein paar gezwungene Aha-Momente, ein paar Versuche von Björn Bugri, cool zu wirken – und fertig.

Amüsanter, als Björn Bugris Figur beim Durchdrehen zuzusehen, ist nur noch das Spiel seiner Kollegin Lara-Isabelle Rentinck. Die hat sich nämlich die hektischen, abgehackten Gesten, das pseudo-ausdrucksvolle Betroffen-in-die-Luft-Starren, das überdeutliche Sprechen und das pittoreske Rennen in den Szenen, in denen es schnell gehen muss, offenbar in einschlägigen Serien im US-Fernsehen abgeschaut. Vergleiche mit den Vorbildern verdeutlichen die Qualitätsunterschiede. Die sind, wenig überraschend, immens.

Ebenso spricht es Bände, dass man sich gleich für die erste Episodenrolle Henriette Richter-Röhl geangelt hat, gewissermaßen die Großmeisterin im Fach des behäbigen bis banalen Melodrams. Merke: Cool sein darf man im ZDF bis der Vorspann vorüber ist. Dann müssen es wieder die ollen Kamellen sein. Möglichst ohne Neuerungen, wenn's geht, sondern so, als hätte man in einem zwanzig Jahre alten Drehbuch einfach ein paar Personen- und Ortsnamen ausgetauscht. Und die Weißwurst durch ein Fischbrötchen ersetzt.

Um es mit den BossHoss zu sagen, die im Vorspann den The-Who-Ersatz geben: Don't gimme that.

Den Auftakt zu acht Folgen «Kripo Holstein - Mord und Meer» zeigt das ZDF am Mittwoch, den 9. Oktober um 19.25 Uhr.
07.10.2013 11:49 Uhr Kurz-URL: qmde.de/66574
Julian Miller  •  Quelle: Inhalt: ZDF

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