Stefan Raab hier, Stefan Raab da. Die Presse diskutiert wie am Fließband über den Entertainer und seine Rolle im TV-Duell der Kanzlerkandidaten. Frühere Kanzlerduelle hatten noch ganz andere Streitpunkte ...
Die Teams
Beim TV-Duell treten die vier Moderatoren als zwei Duos auf: Stefan Raab und Anne Will werden im Team moderieren, Maybritt Illner und Peter Kloeppel bilden das zweite Doppel.Wenn man im Vorfeld eines über das diesjährige TV-Duell der Kanzlerkandidaten urteilen kann, dann, dass die Medien nie zuvor so viel Beachtung den Moderatoren schenkten – und dass bislang noch nie so wenig Aufmerksamkeit den zentralen Diskutanten zuteil kam. Was wurde nicht bereits alles darüber geschrieben, dass Stefan Raab einen der vier Moderatorenposten einnimmt: Das ProSieben-Gesicht wurde vorab ungefähr genauso oft als drohender Untergang des Politjournalismus beschrieen wie als personifizierte Rettung des Politikinteresses bei den Jungwählern. Stefan Raab wurde mit derartiger Vehemenz in den Mittelpunkt der Diskussion gestellt, dass man fast vermuten könnte, Das Erste, ZDF, RTL und ProSieben würden am 1. September eine Sonderausgabe von «Schlag den Raab» ausstrahlen, in der der «TV total»-Präsentator gegen das ungleiche Duo Peer Steinbrück & Angela Merkel antritt.
Einen zu herben Vorwurf kann man der Presse, wie auch den Politikern, jedoch nicht machen. Worüber sonst soll sich ein diskussionsfreudiger Zeitgenosse hinsichtlich des Kanzlerduells 2013 denn den Mund zerreißen, wenn nicht über Stefan Raab? Die Kanzlerkandidaten von CDU und SPD sind bislang überraschend friedfertig, große Anfeindungen sind bisher Mangelware und ein zentrales Streitthema hat sich derzeit auch nicht abgezeichnet. Das sah im Vorfeld der vergangenen TV-Duelle zumeist anders aus. Selbst wenn die Erinnerung langsam immer schwerer fällt. Während dieses Jahr die große Kontroverse ist, dass ein Entertainer am Fernsehduell mitwirkt, war vor lediglich elf Jahren noch der große Streitpunkt, ob solch ein Duell überhaupt zu befürworten oder als Amerikanisierung des deutschen Politzirkus zu sehen sei.
Nach den damals noch zwei Sendungen (das erste Duell lief bei RTL und Sat.1, das zweite im Ersten und beim ZDF) wurden zudem die damals sehr starren inszenatorischen Regeln kritisch beäugt. Die Kameraeinstellungen wurden zuvor minutiös festgelegt, Aufnahmen, in denen beide Kandidaten zu sehen waren und so der Nichtredner auf den gerade redenden Rivalen medienwirksam reagieren konnte, wurden auf ein absolutes Minimum reduziert und auch die Redezeit pro Frage und Kandidat wurden klar reguliert. Viel brachten diese Einschränkungen nicht, sowohl Gerhard Schröder als auch sein Herausforderer Edmund Stoiber überzogen großzügig ihre Redezeit und begannen im zweiten Duell auch regelwidrig damit, in einen Dialog einzutreten. Dieser Bruch mit dem straffen Format wurde 2002 von den Fernsehzuschauern laut einer ZDF-Studie begrüßt und als ungeplante Verbesserung der ausbaufähigen Sendung gesehen.
2005 kippte dann Angela Merkel das zuvor eingeführte System und forderte, dass bloß ein einzelnes TV-Duell stattfindet. Die CDU-Politikerin gab terminliche Gründe an, seitens der SPD wiederum wurde Merkel vorgeworfen, sie erfinde Ausflüchte, um sich nicht bei gleich zwei Duellen dem medienerfahrenen Gerhard Schröder geschlagen geben zu müssen. Die CDU wiederum drohte daraufhin, das Fernsehduell völlig platzen zu lassen. So ließ sie in der „Bild am Sonntag“ verlauten: „Es ist Sache von Herrn Schröder, ob es ein Duell gibt oder gar keines. Zwei Duelle sind für uns nicht verhandelbar.“
Die größte Kontroverse 2009 schließlich betraf nicht die Anzahl der Duelle, sondern die der Teilnehmer: Da mit Herausforderer Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel ausschließlich Vertreter der damals regierenden, großen Koalition geladen waren, wurde seitens der Presse und der Politik debattiert, ob nicht eher eine Elefantenrunde mit den Spitzenkandidaten aller Bundestagsparteien angebracht sei. Die Umsetzung dessen scheiterte allerdings an Merkel, der der damalige ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender daher eine sture „Verweigerungshaltung“ vorwarf. Guido Westerwelle urteilte derweil über das Kanzlerduell 2009: „Ein Fernsehduell ohne Opposition ist wie ein Fußballspiel ohne die zweite Mannschaft.“
Dieses Jahr nimmt wieder die Opposition am Duell teil, wenn auch nur in Form der SPD und nicht wie vor vier Jahren gefordert auch in Form der FDP, der Grünen und der Linken. Dafür erfahren wir am Sonntag, wie ein Fernsehduell mit Unterhaltungsmoderator aussieht. Vielleicht wie ein Fußballspiel mit Halbzeitshow?