Mit einem Plus von 0,8 Prozent war RTL II der große Gewinner der zurückliegenden Saison. Wohin aber geht die Reise in den kommenden Wochen so ganz ohne Programmdirektor?
Das vergangene Jahr:
Konnte sich für RTL II abermals sehen lassen. 6,7 Prozent Marktanteil erreichte die TV-Station in der Saison 2012/2013 und somit satte 0,8 Punkte mehr als im Vorjahreszeitraum. Angesichts des sich immer mehr fragmentierenden TV-Markts sind solche Gewinne alles andere als üblich. Übrigens: Zuletzt legte RTL II 2004/2005 – zu Hochzeiten von «Big Brother» - eine solche Performance hin.
Die Probleme:
Sind daher eigentlich auch nur rar gesät. Sie betreffen vor allem das Wochenende und Teile des Nachmittags. Die Quoten am Samstag und Sonntag auf ein höheres Niveau zu hieven, versucht der Sender schon seit geraumer Zeit – es fehlt allerdings der richtige Plan. Weder Eigenproduktionen wie Franklins Scripted Realitys «Zugriff» und Co. wollten in der Primetime funktionieren noch Ableger erfolgreicher Formate wie des «Frauentauschs». Einzig, wenn RTL II am Wochenende große Events zeigt – und damit sind Serienstaffeln wie «Game of Thrones» in Marathon-Programmierung gemeint -, schwingen sich die Werte gerne mal in wirklich erfreuliche Höhen.
Und dann gäbe es da noch das Nachmittagsprogramm in der Zeitschiene vor 18.00 Uhr. «Berlin – Tag & Nacht» und das jüngst wieder neue Rekorde knackende «Köln 50667» sind sicherlich auch in der kommenden Saison eine absolut sichere Bank, davor aber könnte es noch besser laufen. Das weiß man auch in Grünwald und wird so ab Ende August neue Formate und Programmfarben testen. Mit «Next, please» hat Tresor TV für den Privatsender in den vergangenen Wochen eine neue Dating-Show für den 17.00-Uhr-Slot hergestellt. In wie weit sich ein Erfolg des Programms, das nach Re-Runs von «X-Diaries» laufen wird, einstellt, ist aber fraglich.
Immerhin: Offenbar will RTL II sich im Vorabend auch für andere Ideen öffnen und den aktuellen Boom authentischer Soaps nicht allzu sehr ausreizen. Das könnte sich mittelfristig für den Sender auszahlen, aber nur, wenn man mit den neuen Ideen am Puls der Zeit ist. Das war bis Ende 2012 die Aufgabe des inzwischen zu ProSiebenSat.1 gewechselten Holger Andersen. Den Posten des Programmchefs hat man in Grünwald seitdem nicht mehr besetzt. Nicht wenige Munkeln, dass sich das in der anstehenden Saison im Programm doch bemerkbar machen könnte. Bei RTL II selbst ist man gelassen und verweist auf die jeweiligen Programmbereichsleiter, die über jahrelange Erfahrung im Unternehmen verfügen.
Die Chancen:
Liegen vor allem in den starken Marken des Senders, die man sich inzwischen abseits des ehemaligen Leuchtturms «Big Brother» aufgebaut hat. «Kochprofis», «Geissens», «Zuhause im Glück» und und und. Wenn auch unterschiedlicher Coleur haben alle Formate die ganz bestimmte Publikumsansprache gemeinsam. Und wenn man sich bei neuen Projekten auf diese besinnt, dann kann gar nicht so viel falsch gehen.
Allgemein wird Scripted Reality – auch in der Primetime – für den kleinen Privatsender weiter als große Chance und Wachstumschance gesehen. Man darf sich lediglich von Flops wie «Bash!» nicht zu sehr entmutigen lassen. Mit «X-Diaries» hat der Sender eine starke Marke in der Pipeline, die zuletzt etwas stiefmütterlich behandelt wurde. Nach Start auf dem Slot um 19.00 Uhr scheinen die neuen Folgen der aktuell in Produktion befindlichen fünften Staffel auf 17.00 Uhr nach vorne zu rutschen. Mit etwas Glück ließe sich sogar der starke Vorabend schon auf satte drei Stunden ausweiten – was den Marktanteilen des Senders sicherlich gut täte.