Am Sonntag beginnt der MDR mit der Ausstrahlung der 15. Staffel der Doku-Reihe.
Inhalt
Folge 1 – Hilde Benjamin
Ihr Name steht noch heute für Schauprozesse und Todesstrafen, für eine Justiz im Dienste des Klassenkampfes. Der Film erforscht den erstaunlichen Weg einer Frau, die einst selbst politisch verfolgt wurde, belegten die Nazis die junge KPD-Anwältin doch mit Berufsverbot und ermordeten ihren Mann... In der DDR stieg Hilde Benjamin auf zur Justizministerin, genannt die "Guillotine".
Bernburg im Dezember 1950. Hilde Benjamin ist heimgekehrt. Hier an der Saale wurde sie geboren und genau hier will sie jetzt vor aller Welt beweisen, dass sich die Partei auf sie verlassen kann.
Die Kameras sind auf sie gerichtet, die Mikrofone bereit, das Spektakel kann beginnen: Wieder ein öffentlicher Prozess, wieder drakonische Strafen, wieder ein Auftritt, der die Feinde der Partei das Fürchten lehren soll ...
Folge 2 – Roland Freisler
7. September 1944, 8 Uhr. In Berlin kommt Volksgerichtshof zusammen. In einer Einzelzelle im Erdgeschoss wartet bereits der Angeklagte Carl Goerdeler.
Der ehemalige Oberbürgermeister von Leipzig kauert auf einer Holzbank, er ist mager, nach Vernehmungen durch die Gestapo sind seine Handrücken und Unterarme von Blutergüssen übersät.
Goerdeler gilt als einer der Verschwörer des 20. Juli 1944, als Hitler-Attentäter. Wchenlang war sein Steckbrief in den Zeitungen abgedruckt, schließlich hat ihn eine Luftwaffenhelferin für eine Million Reichsmark verraten.
Zwei Stockwerke über Goerdelers Zelle wartet Dr. Roland Freisler in seinem Büro auf den Prozessbeginn. Wie immer hat sich der Präsident des Volksgerichts akribisch vorbereitet. "Der Freisler wird das richten", hat Adolf Hitler gesagt und dafür gesorgt, dass die Männer und Frauen des 20. Juli 1944 von seinem Lieblingsrichter verurteilt werden. Carl Goerdeler und Roland Freisler: Zwei Juristen, deren Lebensweg nicht unterschiedlicher sein könnte.
In der Gegenüberstellung dieser beiden Biografien wird die Perfidie der nationalsozialistischen Justiz besonders deutlich. Wer aber war Roland Freisler? Was trieb ihn an?
Andreas Steiner hat sich jahrelang mit der Psychologie des "Dritten Reiches" auseinandergesetzt. Für die "Geschichte Mitteldeutschlands" erstellt er erstmals ein Profil des berüchtigtsten Juristen Hitler-Deutschlands. Dafür analysiert er unter anderem die wenigen bekannten Filmaufnahmen von Roland Freisler.
Folge 3 – Äbtissin Mathilde
Quedlinburg, Winter 998. Eine Schar bewaffneter Ritter überfällt das hochadelige Damenstift. Gewaltsam wird ein Mädchen aus einer der wichtigsten Familien des Reiches entführt:
Liudgard, die Tochter des Markgrafen von Meißen. Hinter dieser gewaltsamen Entführung verbirgt sich eine Geschichte um Eheversprechen, Wortbruch und verletzte Familienehre.
Denn auch der Entführer, Werner von Walbeck, entstammt einer mächtigen Adelssippe. Er will das Mädchen, das ihm zur Frau versprochen worden war.
Dieser Brautraub aber ist nichts anderes als eine Kampfansage an Mathilde, die Tochter Ottos des Großen und erste Äbtissin von Quedlinburg. Zugleich ist sie die Stellvertreterin des Königs, ihres Neffen Otto III. Wie wird sie reagieren? Wird es zu einer Fehde kommen, die das gesamte Reich bedroht? Wird Werner von Walbeck den Überfall mit seinem Leben bezahlen müssen?
Der Film in der MDR-Reihe zur "Geschichte Mitteldeutschlands" taucht tief ein in diesen Konflikt, schildert dabei die überraschenden Spielregeln mittelalterlicher Politik und zeigt auch, dass das angeblich dunkle und gewaltverherrlichende Mittelalter manchmal ziemlich "modern" war.
Folge 4 – Markus Wolf
Ost-Berlin, September 1990. Die DDR wird endgültig abgewickelt. Der Countdown zur Wiedervereinigung läuft.
Die Mehrheit der Bevölkerung will nun endlich Gerechtigkeit: Die Mächtigen im SED-Staat sollen zur Verantwortung gezogen werden. Besonders die obersten Chefs der Staatssicherheit sollen Rechenschaft ablegen - ehe es zu spät ist, ehe die Beweise vernichtet und die Schuldigen über alle Berge sind.
Für manch einen der Top-Kader empfiehlt es sich, das Weite suchen, ganz nach der Devise: Rette sich, wer kann.
Auch der frühere Stasi-General Markus Wolf entzieht sich der drohenden Verhaftung. Es ist der Beginn einer langen Flucht, die den ehemaligen Stellvertreter Erich Mielkes lange in Atem halten wird. Wie entkommt er den bundesdeutschen Vollzugsbehörden? Kann er auf die Hilfe seiner alten Freunde vom KGB bauen? Welche Rolle spielt ein westdeutscher Adliger, der den einstigen Klassenfeind bei seiner Flucht tatkräftig unterstützen wird?
Folge 5 – Sachsen am Abgrund
Kaum ein Herrscher wechselt so oft die Seiten wie Sachsens Monarch Friedrich August I.: Vom erbitterten Gegner Napoleons wandelt er sich zu dessen engstem Verbündeten - und verliert an dessen Seite die Völkerschlacht. Winfried Glatzeder verkörpert den wankelmütigen sächsischen König, der fast die Hälfte seines Territoriums an den Erzrivalen Preußen verliert.
Es ist die bis dahin größte Schlacht der Weltgeschichte - und sie findet mitten in Sachsen statt. Einer der Hauptakteure hat im Oktober 1813 längst sein Dresdner Schloss verlassen und sitzt beinahe apathisch im Keller seines Leipziger Stadthauses:
Unfähig, Entscheidungen zu treffen, erlebt der sächsische König Friedrich August I. an der Seite Napoleons die Völkerschlacht. Ausgerechnet in dieser für Sachsen so bedeutenden Epoche sitzt mit Friedrich August I. ein äußerst wankelmütiger Monarch auf dem Thron.
Das einst so stolze Sachsen steht unter seiner Regentschaft vor dem Untergang. Kaum ein Herrscher wechselt so oft die Seiten wie Sachsens unentschlossener Monarch Friedrich August I. Vom erbitterten Gegner Napoleons wandelt er sich zu dessen engstem Verbündeten. Napoleon macht daraufhin aus dem Kurfürsten einen König.
Kritik
Es ist auffallend wenig Neues, was die 15. Staffel der «Geschichte Mitteldeutschlands» im MDR präsentieren kann. Zwar mögen durchaus ganz interessante Porträts historischer Persönlichkeiten entstehen; doch diese sind leider fast ausnahmslos von einem ziemlich hohen Maß an Oberflächlichkeit geprägt.
Die Entscheidung, geschichtliche Ereignisse narrativ an den handelnden Personen aufzuziehen, führt dazu, dass sich der Fokus von den relevanten geschichtlichen Begebenheiten hin zu Betrachtungen über das persönliche Umfeld der Mächtigen verschiebt. Dieser Ansatz stellt für sich genommen noch kein Problem dar – problematisch wird es erst, wenn die Relevanz fehlt und man sich in Spekulationen begibt, die sich am Rande der Wissenschaftlichkeit bewegen, und man es narrativ nicht schafft, den Transfer aus dem Exemplarischen zu liefern.
Beispiel Roland Freisler, sicherlich eine der widerwärtigsten Figuren des Dritten Reiches, der in seiner Eigenschaft als Präsident des Volksgerichtshofs fast so vielen Menschen das Leben gekostet hat wie der 11. September. Die mangelhafte Aufarbeitung der Nazijustiz bleibt in seiner Ausgabe der «Geschichte Mitteldeutschlands» eine kurze Randnotiz in der Abmoderation. Einer insgesamt wenig neue Erkenntnisse liefernden und somit sehr unergiebigen Analyse seiner Körpersprache wird dagegen massenhaft Zeit eingeräumt. Eine merkwürdige Setzung der Prioritäten.
Die allenfalls mittelprächtigen Spielszenen verschärfen den Eindruck, dass man hier vor allem für den wenig vorgebildeten Laien produziert. Natürlich ist es ein äußerst löbliches Ziel, historische Stoffe einer breiten Masse zugänglich zu machen. Dies sollte jedoch nicht auf Kosten der Relevanz gehen. Geschichte ist eine komplexe Materie, bei der es nötig ist, sie auch in der gebührenden Komplexität zu besprechen – sonst wird das Ergebnis im besten Falle oberflächlich, im schlimmsten Falle verfälscht. Letzteres kann man der «Geschichte Mitteldeutschlands» nicht vorwerfen, ersteres dagegen schon.
Der MDR zeigt 5 neue Folgen ab Sonntag, den 4. August um 20.15 Uhr.