Am Donnerstag beginnt der Pay-TV-Sender FOX mit der Ausstrahlung des kürzlich in den USA angelaufenen Formats
Inhalt
Zwei Polizisten, der Mexikaner Marcelo Ruiz und die Amerikanerin Sonya Cross, müssen zusammenarbeiten, um einen Serienkiller zu jagen, der im amerikanisch-mexikanischen Grenzgebiet sein Unwesen treibt.
Ruiz ist der letzte integere Mann seiner Einheit, die von Korruption und der Resignation gegenüber den allmächtigen Drogenbossen geprägt ist. Detective Sonya Cross leidet an einer autistischen Störung: Sie sagt immer, was sie denkt, und hat Schwierigkeiten, empathisch zu reagieren und den Subtext ihres Gegenübers richtig zu verstehen und einzuordnen – Dinge, die ihr ihre Arbeit manchmal merklich erschweren, auch wenn sie in ihrem Job eine Koryphäe ist.
Folge 1 – Mörderische Grenze
Ein grausamer Fund an der Grenze zwischen den USA und Mexiko: Genau in der “Bridge of the Americas”, die El Paso und Juarez miteinander verbindet, liegt eine Leiche, die in zwei Teile zerschlagen ist. Schnell stellt sich heraus, dass es sich um zwei verschiedene Opfer handelt: Eine texanische Richterin, die sich für schärfere Grenzkontrollen und eine umfassendere Verfolgung von Verstößen gegen das amerikanische Einwanderungsgesetz einsetzte, und eine Mexikanerin, die bereits vor Monaten auf den Straßen von Juarez verschwunden ist. Über den Journalisten Daniel Frye führt die Spur zu einem Serientäter, der überraschend politische Motive hat und mit den Polizeibehörden ein Katz-und-Maus-Spiel beginnt.
Folge 2 – Der Tunnel
Die beiden Ermittler Sonya Cross und Marco Ruiz untersuchen die auf der Brücke zwischen den USA und Mexiko gefundenen Leichen. Währenddessen erfährt der Zeitungsreporter Daniel Frye, dass der Killer ihn immer noch im Visier hat. Und die reiche Witwe Charlotte Millwright macht eine mysteriöse Entdeckung auf ihrem riesigen Grundstück – ein Tunnel, der bis nach Mexico führen soll.
Darsteller
Demián Bichir («Weeds») als Marco Ruiz
Diane Kruger («Inglorious Basterds») als Sonya Cross
Annabeth Gish («The West Wing») als Charlotte Millright
Thomas M. Wright («Van Diemen's Land») als Steven Linder
Kritik
«The Bridge – America» ist eine Adaption des dänisch-schwedischen Krimis «Die Brücke – Transit in den Tod». Das grundlegende Konzept der amerikanischen Version und der Aufhänger des Mordfalls sind mit dem skandinavischen Film identisch; die Rahmenbedingungen sind dagegen völlig andere.
Nicht nur, dass das politische Umfeld an der US-Grenze zu Mexiko ein völlig anderes ist als auf der europäischen Öresund-Brücke – auch visuell muss man sich in der Landschaft von «No Country for Old Men» ganz anders bewegen, was zwangsläufig ein Umdenken in der Ästhetik mit sich bringt. Dass sich großhütige texanische Deputies tendenziell anders verhalten als ihre Kollegen aus dem hohen Norden Europas bedeutet, dass der Stoff auch völlig anders erzählt werden muss. Nicht zuletzt sicherlich auch wegen der anderen Sehgehwohnheiten im Land der dicken Sheriffs und der ethnopolitischen Umwälzungen.
War die politische Dimension, der der Mordfall in «Die Brücke» einen Rahmen setzte, eher ein marginaler Aspekt der Produktion, wird «The Bridge - America» hier deutlich konkreter und entwirft ein Schreckensbild der amerikanisch-mexikanischen Beziehungen.
Mexiko, oh Land der Korruption. Sicher: ein Klischee, das einer tiefgreifenden Betrachtung in dieser Radikalität nicht standhalten kann. Dass das Land aber seit Jahrzehnten einen dreckigen Drogenkrieg gegen seine bis an die Zähne bewaffneten und politisch gut vernetzten Gangsterkartelle führt, und sich die Opferzahlen dieses Krieges kaum noch angeben lassen, ist unbestritten. Dass ein breiter Korruptionsapparat und unfähige Behörden zumindest einen entscheidenden Teil dazu beitragen, ebenso.
Diese Realität kennt man auch in den USA. Die Klischees gibt es dort ebenfalls. Und Texas besteht, auch wenn das in Europa viele allenfalls schwer glauben, aus mehr als übergewichtigen Rinderzüchtern und republikanischen Politikern. Dass über ein Drittel der ca. 26 Millionen Texaner lateinamerikanische Wurzeln hat, offenbart das europäische Texasbild zusätzlich als verzerrt und absurd. In El Paso, wo «The Bridge - America» hauptsächlich spielt, stellen sie sogar fast 90 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Es ist also kein Us-versus-them-Format geworden. Das wäre von FX natürlich auch nicht zu erwarten gewesen; doch man sollte besser schon einmal dem vorgreifen, was deutsche Fernsehbeobachter hier vielleicht so alles hineinzuinterpretieren versuchen werden: Denn «The Bridge - America» ist es geglückt, die furchtbaren sicherheitspolitischen Zustände in Mexiko realitätsgetreu zu zeigen, ohne in den Verdacht zu kommen, kulturchauvinistisch zu werden und eine gloriose US-Realität als überlegenes Gegenmodell vorzustellen.
«The Bridge - America» ist vielschichtiger. Dass die Leiche in der Eröffnungsszene aus zwei Opfern, einer Amerikanerin und einer Mexikanerin besteht, hat deutlich mehr Symbolcharakter als in der schwedisch-dänischen Vorlage. Dass es sich um die „Bridge of the Americas“ (Plural!) handelt, verstärkt diesen Symbolismus noch, ohne ihn aber zu verkitschen.
„How long can El Paso look away?“, fragt der Killer die beiden Ermittler am Ende des Piloten via Audioaufzeichnung. Bei jährlich über tausend Todesopfern durch Gewaltverbrechen in der mexikanischen Grenzstadt Juarez ist diese Frage auch in der Realität relevant. Wie lange kann die eine Stadt zusehen, wie die Schwesterstadt auf der anderen Seite der Grenze an der unkontrollierbaren Kriminalität zugrunde geht, wie illegale Einwanderer in der texanischen Wüste unter unmenschlichen Bedingungen verrecken?
«The Bridge - America» kann diese Fragen nur stellen. Beantworten muss sie die Politik. Dafür ist nicht FX zuständig, nicht einmal die texanische Regierung, sondern der Kongress auf Bundesebene, der sich jedoch derzeit erst einmal mit der Frage beschäftigen muss, wie mit den schätzungsweise zwölf Millionen illegalen Einwanderern in den USA weiter zu verfahren ist.
Die Beziehungen zwischen den USA und Mexico stellen beide Staaten seit fast zwei Jahrhunderten immer wieder vor massive Probleme. „A bunch of barbarians that even the most biased in their favor will admit have no least notion in God's earth of honor or justice or the meaning of republican government“, um mit einer Figur aus Cormac McCarthys Roman „Blood Meridian“ zu sprechen, war lange Zeit ein gängiges Vorurteil für die Hispanics südlich der Grenze. Diesen Rassismus unterstellen Europäer Amerikanern heute noch gerne.
Mit dem heutigen Mexikobild in den USA hat das jedoch nicht mehr viel zu tun. Das ist vielschichtiger geworden, wie auch «The Bridge - America» treffend illustrieren kann. Der seit einigen Jahrzehnten stark zunehmende kulturelle Austausch zwischen den USA und Mexiko trägt dazu einen entscheidenden Teil bei.
«The Bridge - America» kann dabei durch sein Setting und die politische Relevanz, die dieses mit sich bringt, einen Mikrokosmos der mexikanisch-amerikanischen Beziehungen entwerfen; sowohl auf persönlicher als auch administrativer Ebene. Dabei werden die Charaktere (viele von ihnen natürlich zumindest in einigen Aspekten Archetypen) sehr vielschichtig und nahbar gezeichnet, auch wenn man sich manchmal noch einen Tacken mehr intellektuelle Schärfe wünscht.
Doch das Format erzählt erstaunlich realitätsgetreu, mischt gekonnt einige symbolträchtig inszenierte Albtraumszenarien hinzu und lässt die texanisch-mexikanische Wüste nicht nur schnöde Kulisse sein, sondern erhebt sie zu einem eigenen Charakter, gewissermaßen sogar mit eigenen „Wants and Needs“. Dass die Protagonistin Aspie ist, ohne dass das ständig betont würde, bedeutet eine Abkehr vom dramaturgischen I'm-different-Dreh-und-Angelpunkt eines «House» oder «Monk» und vielleicht einen Schritt zu einer neuen Erzählweise, die charakterliche und intellektuelle Normabweichungen nicht mehr zum Zentrum der Dramaturgie machen muss. Demián Bichir und Diane Kruger können durch ihr nahbares Spiel einen entscheidenden Teil zum Gelingen der Produktion beitragen.
FOX zeigt «The Bridge – America» ab Donnerstag, den 18. Juli um 22.05 Uhr.