Der «heute-journal»-Moderator spricht mit uns über den Zoff bei der «Tagesschau» und über die teils sehr starken Marktanteile seiner Sendung bei den 14- bis 49-Jährigen. Und er macht den Kollegen von «heute» Mut.
Zur Person: Claus Kleber
1955 in Reutlingen geboren begann Dr. Claus Kleber seine TV-Karriere 1986 bei der ARD. Es folgten 15 Jahre als Korrespondent in Amerika. 2001 wechselte er als Studioleiter nach London. Seit 2003 arbeitet Kleber für das ZDF, moderiert dort das «heute-journal». Medienberichten zufolge ist er mittlerweile der bestbezahlte Nachrichtenmoderator im deutschen Fernsehen. Herr Kleber, sind «heute» und «heute-journal» noch zeitgemäß?
Absolut, sie sind zeitgemäß, weil sie sich ständig verändern. Man merkt das deutlich, wenn man sich fünf oder sechs Jahre alte Sendungen anschaut. Beim «heute-journal» überprüfen wir uns jeden Tag selbst und in gewissen Abständen auch mal gründlich.
Vor allem bei den 14- bis 49-Jährigen holt das «heute-journal» zurzeit starke Quoten, nicht selten knapp zehn Prozent. Das passt nicht so wirklich in das Bild, dass die junge Generation vor allem das Netz zur Informationsgewinnung nutzt, oder?
Ich glaube, man kann hier gar nicht pauschal sprechen. Die Medienforschung packt 14- bis 49-Jährigen zusammen. Wir müssten diese Gruppe noch fünf Mal unterteilen. Sagen wir es so: Ich bin überzeugt, dass es in allen Altersgruppen Menschen gibt, die für hintergründige, hochwertige und interessant gemachte Nachrichten zu gewinnen sind. Wir erleben das gerade und freuen uns darüber. Aber wenn wir zehn Prozent Marktanteil erreichen, gibt es immer noch 90 Prozent, die dafür sorgen, dass uns die Arbeit nicht ausgeht.
Wie erklären Sie sich den Erfolg? Welche Prozesse bei Ihnen gingen diesem voraus?
Die Zuschauer reagieren mit Verzögerung. Das «heute-journal 2.0» - das war so ein interner Spitzname für das Projekt - haben wir vor vier oder fünf Jahren angestoßen. In einer dieser gründlichen Überprüfungen. Wir wollten klarer und verständlicher werden, wir haben uns gefragt: Wie bekommen wir die Infos so hin, dass der Zuschauer sagt: „Aha, jetzt verstehe ich, was die da anstellen – in den Parteien oder in der Wirtschaft!“ Wir sind in der Bildgestaltung anspruchsvoller geworden. Beim Zuschauer dauert es aber Jahre, bis das wirklich ankommt. Und unsere Reise ist noch nicht zu Ende. Wir sind weiter dran.
Was kann «heute», das nicht selten nur drei Prozent bei den Jungen holt, vom «heute-journal» lernen?
Ich erlebe, wie die Macher der Sendung «heute» jeden Tag daran arbeiten. Die «heute» hat eine andere – nicht mindere schwierige Aufgabe als wir im «heute-journal». Wir dürfen ausführlich über die spannendsten Themen zu berichten, Schwerpunkte setzen - und anderes dafür weglassen. Wir können aufbauen auf der Arbeit der «heute»-Kollegen. Die haben durch den Tag ja schon sehr viele Informationen geliefert. Man muss sich ja nur selbst beobachten. Um 19 Uhr ist noch nicht die Zeit, um sich zurückzulehnen und sich auch mal für zwei Beiträge und ein Interview nur mit einem Thema zu befassen.
Die «heute»-Kolleginnen machen einen Super-Job. Die Zuschauer werden es belohnen - vielleicht wieder mit ein bisschen Verzögerung,
Wie haben Sie eigentlich den Zoff bei der «Tagesschau» zwischen Herrn Brauner und Marc Bator bewertet? Schadet so etwas den öffentlich-rechtlichen Nachrichten allgemein?
Ach was, es menschelt halt mal. Die Zuschauer werden die «Tagesschau» unverdrossen weiter als seriöse Sendung wahrnehmen.
Tom Buhrow ist inzwischen WDR-Intendant. Sie werden, wenn größere Posten frei sind, auch gerne mal als Kandidat gehandelt?
Das beobachte ich entspannt. Ich bin in diesem Team, in diesem Haus und mit dieser Aufgabe glücklich. Und die Redaktion hat mir auch noch nicht deutlich gemacht, dass sie mich los sein will. Wieso sollte ich daran was ändern wollen?
Macht denn das Geschäft heute noch genauso viel Spaß wie vor zehn Jahren? Die Aufgaben eines Journalisten haben sich ja durchaus gewaltig verändert?
Ja und Zeit bietet ihre eigenen Chancen. Klar, der Rhythmus ist viel hektischer geworden. Aber dafür habe ich heute die Chance, innerhalb von wenigen Minuten ganz abgelegene, aber wichtige Details zu erfahren; beispielsweise die demografische Zusammensetzung von Kairo. So kann ich schnell verstehen, warum in einem Teil der Stadt eine Demonstration für Mursi läuft, einige Kilometer weiter aber eine gegen ihn. Ich kann Tweets von jungen Demonstranten auf dem Tahir-Platz lesen. Diese Möglichkeiten hatte ich vor zehn Jahren noch nicht. Ich genieße es.
Aber Sie haben recht: Das Tempo hat angezogen. Ich erinnere mich gerne an meine Zeit in Washington D.C.. Da hatten wir für ein «Tagesthemen»-Stück auch mal vier Tage Zeit. Wir haben aber nicht gebummelt. Das war eine Investition in Qualität. Das ist natürlich anders heute, aber auch da sehe ich Vorteile. Wir können über neue Mobilfunk-Techniken fast ohne Vorbereitung in die hintersten Ecken Afghanistans schalten. So gesehen ist unsere Arbeit spannender geworden - NOCH spannender!.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Kleber.