Frank Hoffmann will endlich wieder ein Penthouse für RTL. Kann er das schaffen? Ein Kommentar von Julian Miller.
Mit der Abrissbirne ist Frank Hoffmann nun nicht gerade rangegangen. Nicht einmal mit dem Vorschlaghammer. Da RTL trotz seiner massiven Zuschauereinbrüche nach wie vor Marktführer ist (in Zeiten der Fragmentierung der Zuschauergewohnheiten wie der Referenzzielgruppen), war das auch nicht zu erwarten gewesen.
Dennoch: Ein Penthouse muss wieder her. Oder wie Bellut sagen würde: ein Leuchtturm.
Doch das wirklich große Prestigegebäude ist in der von Hoffmann angekündigten Programmflut abseits des Fußballrechte-Coups zumindest derzeit noch nicht zu erkennen.
Dass Hoffmann die Planierraupen zurückhält, bedeutet jedoch nicht, dass er nicht Hammer und Meißel zur Hand hätte: Die neue Saison steht bei RTL durchaus im Zeichen so mancher Umbauarbeiten – und zwar intelligenterweise gerade da, wo es am nötigsten scheint.
Beim Konkurrenten Sat.1 gibt es derzeit nicht viel Wasser, das man abgraben könnte. Punkt für die Kölner. Doch einige der wenigen Stärken, die Paalzow derzeit ausspielen kann, ist die trotz des «Es-kommt-noch-dicker»-Desasters durchaus vorhandene Stärke bei eigenproduzierter Fiction, die in Serienform bei RTL abseits des Action-Genres nicht stattfindet. In den Rheinhallen hat man schon länger den Braten gerochen und setzt ab dem Spätsommer auf Inez Björg David in einer Romantic Dramedy sowie auf eine Adaption von «New Adventures of Old Christine» mit Diana Amft in der Hauptrolle und eine «Sekretärinnen»-Sitcom. Diese Projekte wurden schon vor einiger Zeit angekündigt; doch jetzt stehen endlich die Starttermine fest. Wenn zumindest zwei der drei bald startenden Serien qualitativ überzeugen können und sich dies auch in den Einschaltquoten niederschlägt, wird das RTL-Bergfest sicherlich sehr ausgelassen ausfallen.
Sollten sie alle floppen, wäre das ein herber Rückschlag. Doch selbst bei diesem Alptraum-Szenario stehen schon neue Serien bereit, die für 2014 angekündigt sind: «Knastarzt», «Schmidt – Chaos auf Rezept» und «Der Lehrer».
Gleichzeitig will Hoffmann auch die journalistische Relevanz seines Senders ausbauen. Damit hat man sich in den letzten Jahren sicherlich schwer getan; doch der Wendepunkt setzte letztes Frühjahr ein, als Günter Wallraff zu RTL kam, weil er dort die Zuschauer erreicht, die von seinen Reportagen am meisten profitieren können. Das beweist durchaus Weitsicht.
2013 startete schließlich das «Jenke Experiment», das durch eine durchaus überraschende journalistische Hochwertigkeit überzeugen konnte und zuschauernahen Journalismus bot. Es mag nun kein Feuilleton-reifes Format gewesen sein (dafür hat man bei RTL bekanntermaßen den Stachel), doch es hat durch seine zwar boulevardeske, aber doch ehrliche Aufmachung wichtigen Themen eine angemessene Plattform geboten, die von einer breiten Masse gesehen wurde. Bei aller Kritikwürdigkeit manch anderer Formate aus dem Hause RTL hat man hier gezeigt, dass man sich seiner Verantwortung als großes Medium durchaus bewusst ist. Diese Schiene weiter auszubauen, ist sicherlich ein richtiger Schritt.
Und dann ist da natürlich noch die Scripted-Reality, die so mancher kritische Branchenbeobachter gerne unter dem Bagger sehen würde. Hier kündigte man gleich drei neue Formate an, eines davon in Soap-Hybrid-Form à la «Berlin – Tag und Nacht». Jedes Haus hat eben so seine sanierungsbedürftigen Stellen – sie werden zu einem richtigen Problem, wenn man wegen ihnen das Penthouse gar nicht mehr sieht. Doch die Zeichen stehen gut, dass Bauherr Hoffmann es nicht so weit kommen lassen wird und zumindest da renoviert, wo es am effektivsten ist.