«Günther Jauch» entschied sich am Sonntag für Schlaglöcher statt für Snowden. Typisch, aber immer noch bemerkenswert, meint unser Redakteur Julian Miller.
USA und UK haben o'zapft. Massenproteste in der Türkei und Ägypten. Dem ARD-Zuschauer ist das am Sonntagabend nach dem «Tatort» aber offenbar wurscht. Da ist Deutschland einig Schlaglochland und hört andächtig zu, wie sich Sportreporter über schlechte Straßen echauffieren. Ein Thema, das Millionen Deutsche betrifft, wie Günther Jauch nach der Sendung sein etwas sonderbar anmutendes Thema treffend einordnete. Damit hat er auch recht. Prism übrigens auch – in diesem Fall sogar 80 Millionen.
Aber da müsste man ja komplexe Sachverhalte vermitteln und sich durch einen großen Informations- und Meinungswust wühlen. Unsexy. Was juckt's mich, dass Obama den Telefongesprächen mit dem Cousin über Schnittblumen lauscht, wenn man mit dem Jaguar nicht mehr aus der Einfahrt rauskommt. Ramsauer, warum hast du uns verlassen?
Ich weiß, ich weiß. Es wird langweilig. Schließlich habe ich «Günther Jauch»
an dieser Stelle schon seit seinem Talk-Anfang bei der ARD sehr kritisch beäugt. Aber diese sonderbare Sendung offenbart in ihrem Mikrokosmos der Oberflächlichkeiten Woche für Woche, wie das Erste seine Zuschauer auf dem besten Polit-Talk-Sendeplatz der Nation mittlerweile für zu doof oder zu desinteressiert hält, sich mit komplexen politischen Themen auf vielschichtige Weise auseinanderzusetzen.
Auch «Sabine Christiansen» war nicht vor Kritik gefeit. Doch die erstreckte sich damals auf eine mögliche parteipolitische Färbung. Kaum ein Medienbeobachter wird damals die Relevanz der Sendung angezweifelt haben.
Selbes gilt für «Anne Will», deren Format eher für ein paar Mängel in der Dramaturgie und seltene Recherchelapsi in die Kritik geriet (außer wenn sie den Jauch macht und Angelika Kallwass zu einem politischen Thema einlädt). Dinge, bei denen man auch als Kritiker nicht sonderlich großherzig sein muss, um sie zu verzeihen.
Und die man auch einem Günther Jauch verzeihen würde. Wenn seine Sendung nur nicht permanent den Anschein erwecken würde, dass sie ihre Zuschauer offensichtlich nicht dazu im Stande sieht, einer komplexen Diskussion über komplexe, gerne auch abstrakte politische Themen zu folgen, ohne dass er ständig durch allerhand Boulevard bei Laune gehalten werden müsste.
Wann ist eigentlich US-Experte Jürgen Klinsmann mal wieder in der Sendung?