Der Kinosommer. Die Zeit der Actionhelden, animierten Familienspäßen und schmutzigen Komödien.
Die Temperaturen steigen, und mit ihnen auch die Anzahl der wirkungsvollen Publikumsmagneten im Kino. Zwar fürchten deutsche Kinoleiter all zu sonniges Wetter, da potentielle Besucher dann doch lieber in Freibäder gehen, mit Freunden grillen oder sich einfach nur die Sonne auf den Pelz knallen lassen, aber gleichwohl haben sie über die vergangenen rund fünfzehn Jahre den Sommer lieben gelernt. Fanden einst große US-Sommerhits erst im Herbst den Weg nach Deutschland, ist es längst gelebter Alltag geworden, dass sich die Megablockbuster vom ersten Maiwochenende an in Richtung Leinwand drängeln.
Iron Man 3 und
Star Trek Into Darkness machen es sich bereits in den Lichtspielhäusern der Welt bequem und spülen Unsummen an Geld in die Studiokassen. Bei all dem Hype um Marvels ersten Film nach dem Megaspektakel «The Avengers» und um die Rückkehr von J. J. Abrams' Version von «Star Trek» kann man glatt vergessen, welche anderen Popcorn-Vergnügen in den kommenden Wochen anstehen. Doch kein Grund zur Sorge: Dieser Artikel schafft Abhilfe und stellt heraus, worauf es sich diesen Kinosommer am meisten zu freuen lohnt.
Krach-Bumm: Action und Spannung
Die Action-Alternativen zu Marvel und «Star Trek» stürmen ab Ende Mai nach und nach ins Kino.
«Fast & Furious 6» (23. Mai, Foto) bringt mit Michelle Rodriguez (vorhergegangenem Leinwandtod zum Trotz) eine alte Bekannte ins Franchise zurück. Mit Justin Lin bleibt auch der Regisseur des Vorgängerfilms an Bord, die bereits angekündigte nächste Runde des Universal-Geldbringers muss dagegen ohne ihn auskommen. Stattdessen gibt sich dann «Saw»-Regisseur James Wan die Ehre. Megastar Will Smith befehligt etwas später in
«After Earth» (6. Juni) seinen Sohn in einem Sci-Fi-Film, der auf einer menschenleeren Erde spielt und das Vater-Sohn-Gespann bei einer Erkundung des nunmehr brandgefährlichen Planeten zeigt. Der einst als Wunderkind gefeierte, nunmehr von Kritikern und Kinobesuchern missachtete Regisseur M. Night Shyamalan versucht, mit diesem Film sein Comeback zu feiern.
«Olympus Has Fallen» (13. Juni) bringt wiederum «Training Day»- und «King Arthur»-Regisseur Antoine Fuqua ins Blockbustersegment zurück. Der Actioer mit Gerald Butler und Morgan Freeman ist der erste von zwei US-Filmen des Jahres, der von einer Terrorattacke auf das Weiße Haus erzählt, der andere Steifen heißt
«White House Down» (5. September) und stammt von Roland Emmerich, der in der Hauptrolle auf Shootingstar Channing Tatum setzt.
Mit
«Man of Steel» (20. Juni) versucht dann DC Comics, endlich wieder einen seiner Superhelden neben Batman erfolgreich zu verfilmen. Mit Christopher Nolan als Produzenten und Zack Snyder als Regisseur hat die Comicschmiede für seinen Urhelden Superman ein ungewöhnliches Duo gewonnen, die Musik kommt von Oscar-Gewinner Hans Zimmer, der für seine Version der Superman-Musik auf Rockeinflüsse und metallene Percussion vertraut. Wenig Vertrauen haben wiederum immer mehr in
«World War Z» (27. Juni). Der 3D-Zombie-Actionfilm machte in den vergangenen Monaten vermehrt durch Negativmeldungen auf sich aufmerksam. Der abschließende Akt musste komplett umgeschrieben werden, Hauptdarsteller Brad Pitt spulte Pressetermine lieblos runter und ungeplante Nachdrehs ließen die Filmkosten der freien Adaption eines Bestsellers über eine Zombie-Apokalypse in die Höhe schnellen. Aber wer weiß? Totgesagte leben länger, und es wäre feine Ironie, wenn sich gerade dieser Film nach Kinostart als besonders vital entpuppt. In
«Pacific Rim» (18. Juli) droht die Erde dann nicht dank Untoter, sondern dank Außerirdischer unterzugehen. Speziell gebaute Riesenroboter sollen dies aber verhindern. Klingt nach einem dümmlichen Film? Der Popcorn-Spaß stammt aber vom gefeierten Regisseur Guillermo del Toro, der einen durchdachten Action-Trip mit großer, eigener Mythologie verspricht. Die Mythologie wird auch bei
«Wolverine» (25. Juli) eine große Rolle spielen: Da Wolverines vergangener Solofilm Comicfans enorm enttäuschte, soll dieser Film angeblich atmosphärischer und komplexer werden – sozusagen als Wiedergutmachung.
Ähnlich kostspielig wie der Krieg Riesenroboter vs. Aliens ist auch der Western
«Lone Ranger» (8. August) geraten. Die Koproduktion der Disney-Studios und Jerry Bruckheimer lässt Armie Hammer und Johnny Depp als ungleiches Duo im Wilden Westen gegen korrupte Gangster antreten. Unter der Regie von «Fluch der Karibik»-Macher Gore Verbinski verschlang der Monumentalwestern rund 250 Millionen Dollar. Ausgerechnet Krach-Bumm-Spezialist Michael Bay lieferte dieses Jahr mit
«Pain & Gain» (15. August) einen ungleich günstigeren Film ab: Mit weniger als 30 Millionen Dollar lag das Budget bei einem Bruchteil der für Bay üblichen Norm. Die rabenschwarze Actionkomödie mit Mark Wahlberg und Dwayne Johnson erzählt in Bays explosivem Inszenierungsstil von den erschreckenden, wahren Verbrechen, die zwei Bodybuilder im Laufe der Neunziger begannen haben, nachdem sie sich durch einen Motivationstrainer dazu inspiriert fühlten, endlich ihr Glück in die Hand zu nehmen und auf „einfache“ Weise großes Geld zu machen. Anspruchsvoller geht es eine Kinowoche später in
«Elysium» (22. August) zu. Neill Blomkamp («District 9») zeichnet mit diesem actionreichen Sci-Fi-Epos eine Parabel über das Gefälle zwischen Arm und Reich und lässt Matt Damon als verzweifelten Einzelkämpfer dafür kämpfen, dass Bürger der zerrütteten und überbevölkerten Erde in die Weltallsiedlung Elysium gelangen können.
Zum Kinogang animiert
Gerne drängeln innerhalb kürzester Zeit mehrere computeranimierte Filme kurz hintereinander in die Kinos, aber diesen Sommer gönnen die Studios Trickliebhabern und Familien doch kleine Atempausen zwischen den neuen Animationshits. Die Blue Sky Studios eröffnen die Sommersaison für Trickfilme mit
«Epic – Verborgenes Königreich» (16. Mai), dem visuell aufwändigsten Film der «Ice Age»-Schmiede. Beinahe wäre der Film beim Konkurrenten Pixar gelandet, da das Vertriebshaus der Blue Sky Studios, Fox, die Buchadaption ablehnte. Kurz bevor Pixar die Adaptionsrechte klären konnte, stimmte Fox dem Projekt dann doch zu. Die Traumfabrik aus Emeryville hält somit weiter ihren Status als eine der raren Animationsschmieden, die sich von der Adaption bereits bestehender Werke fernhält. Fortsetzungen sind Pixar dagegen nicht fremd und mit
«Die Monster Uni» (20. Juni) bringt das Studio dieses Jahr auch sein erstes Prequel in die Kinos. Der von Achtziger-College-Komödien inspirierte Trickfilm zeigt die Monsterhelden aus «Die Monster AG» in ihren Studientagen und zeichnet sowohl hochschulübergreifende wie hochschulinterne Fehden. Besucher der US-Previews sprechen von einer beherzten Komödie, die in Sachen Comedy voll aufdreht und deutlich emotionaler als das Oscar-nominierte Original ist.
Nach den durchwachsenen wirtschaftlichen Ergebnissen der vergangenen Filme von Illumination Entertainment kehrt das noch junge Trickstudio mit
«Ich – Einfach unverbesserlich 2» (4. Juli) in finanziell sichere Gefilde zurück. Der zum liebevollen Dasein als Adoptiv-Familienvater bekehrte Superschurke Gru muss sich im Sequel mit seinen gelben Minions einer Organisation anschließen, die gefährliche Bösewichte bezwingt. Dieser Schurke sollte im Original zunächst von Javier Bardem gesprochen werden, der aber aus terminlichen Gründen in letzter Sekunde absagte. Als Ersatz wurde Al Pacino gecastet, der einen Teil seines Textes bereits eingesprochen hatte, ehe er vor wenigen Wochen wegen kreativer Differenzen hinschmiss. Benjamin Bratt springt nun an Pacinos Stelle ein.
Sommerliche Comedy und Feingeistiges
In der Geschichte des Sommerblockbusters gab es schon immer riesige Komödienerfolge. Mit 277 Millionen und 254 Millionen Dollar allein in den USA und 467 sowie 581 Millionen Dollar weltweit setzten sich die «Hangover»-Filme allerdings in ungeahnte Höhen ab. Da Teil zwei jedoch enorm polarisierte, darf man gespannt sein, ob
«Hangover 3» (30. Mai) dem Wolfsrudel bei seinem finalen Trip neue Rekorde einbringt oder ob die Rückkehr nach Las Vegas sinkende Zahlen mit sich bringen wird. Ähnlich chaotisch, bei Kritikern aber weniger geachtet, sind die «Kindsköpfe» rund um Adam Sandler, Chris Rock und Kevin James.
«Kindsköpfe 2» (18. Juli) zeigt die kindischen Freunde beim Rumblödeln am letzten Schultag ihrer Freunde.
«Kick-Ass 2» (15. August) bringt dann den einstigen King der Sommer-Comedy zurück ins Rennen: Jim Carrey schließt sich in der Fortsetzung der derben Comicadaption den Vigilanten Kick-Ass und Hit-Girl an und organisiert das illegale Bezwingen schurkischer Individuen als Colonel Stars and Stripes völlig neu.
Wer sich bei all dem Pomp nach etwas Feingeist sehnt, muss sich traditionell etwas gedulden. Das denkwürdige Arthaus wird im Kinosommer stets noch stärker an den Rand gedrängt als sonst. Mit
«Der große Gatsby» (16. Mai) steht diesen Sommer immerhin ein prominent besetzter Vertreter des etwas gehobeneren Filmgenusses an, der die Möglichkeit hat, ein etwas größeres Publikum für sich zu gewinnen. «Moulin Rouge!»-Regisseur Baz Luhrmann vereint in dieser in 3D gedrehten Literaturadaption Leonardo DiCaprio, Tobey Maguire, Carey Mulligan und Isla Fisher vor der Kamera und Beyoncé, Jack White, Lana Del Reym Florence + the Machine und Fergie auf dem Soundtrack. Pomp wird also auch hier geboten, wenngleich etwas kunstvoller. Weniger bombastischere Tipps für die Freunde des geistreicheren Kinos gibt es dafür in Form von Terence Malicks Romanze
«To the Wonder» (30. Mai) und
«Before Midnight» (6. Juni), dem dritten Teil von Richard Linklaters dramatische, mit unvergesslichen Dialogen ausgestattete Chronik eines Liebespaares.
Wer in dieser Übersicht nichts fand, was ihn anspricht, darf dafür auf den Herbst hoffen, wenn verspätete Blockbuster und frühe Oscar-Hoffnungen aufeinandertreffen.