Fernsehkritiker Holger Kreymeier zog seine Berufung vor dem OLG Köln gegen ein Urteil des Landgerichts im "Scheiß-RTL"-T-Shirt-Streit nun zurück. Ein Kommentar von Julian Miller.
Nachdem das Oberlandesgericht Köln Holger Kreymeier im „Scheiß-RTL“-T-Shirt-Streit zu verstehen gab, dass es nicht in seinem Sinne entscheiden und ferner eine Revision am Bundesgerichtshof ausschließen werde, erklärte er sich bereit, seine Berufung gegen das Urteil des Kölner Landgerichts, das ihm eine weitere Verbreitung seiner „Scheiß-RTL“-Klamotten untersagte, zurückzuziehen.
Von Kreymeiers
großspurigen Tönen, die er in seinem Blog anschlug, als bei ihm im September 2011 eine Unterlassungserklärung von RTL einging, ist nun freilich nichts mehr zu hören. Er und seine Fans klammern sich dagegen nun an die Illusion, dass dieser Prozess trotz des letztlichen Scheiterns von Fernsehkritik.tv zumindest ein bisschen etwas gebracht hätte. Schließlich sei das Oberlandesgericht Kreymeiers Argumentation immerhin zum Teil gefolgt und habe entschieden, dass RTL seine Anwaltskosten im Berufungsverfahren selbst tragen müsse. Im Fernsehkritik-Forum wird derweil der Kopf krampfhaft hoch gehalten, indem man sich gegenseitig zuschreibt, dass RTL nun wisse, mit welch einer starken Community man es zu tun habe. Sofern man sich dort nicht gleich kafkaesk in allerhand Verschwörungstheorien verheddert und den Rechtsstaat in Gefahr sieht, weil er nicht im eigenen Sinne entschieden hat, versteht sich.
Doch am Schluss sind all das leere Phrasen, die das eigene Scheitern erträglicher machen sollen. Psychologisch nachvollziehbar, aber keine Basis, die einer näher gehenden Betrachtung standhalten würde. In der Welt der Juristerei zählen allein Ergebnisse. Fernsehkritik.tv hat den Prozess verloren, RTL hat gewonnen. Dass der Kölner Sender seine Anwaltskosten in der zweiten Instanz selbst tragen muss, ist unbeachtlich im Vergleich dazu, dass Kreymeier nun insgesamt ca. 20.000 Euro aufbringen muss, um Prozess- und Anwaltskosten begleichen zu können. Dabei setzt er in gewohnter Weise auf Spenden seiner engagierten und zahlenmäßig durchaus ansehnlichen Community.
Sicher: Man kann RTL für vieles zurecht kritisieren. Doch Kreymeier bleibt nicht bei sachlicher oder polemischer Kritik, sondern inszeniert sich auf seiner Plattform als ein verklärter Kämpfer für Freiheit und Gerechtigkeit und damit gegen den bösen RTL-Konzern,
vorzugsweise in Militäruniform auf einem Panzer vor den Rheinhallen sitzend. Mit substantieller, sinnvoller Kritik hat das natürlich nicht sonderlich viel zu tun. Genauso wenig wie ein T-Shirt mit dem Logo von RTL zu drucken und es mit dem Zusatz „Scheiß“ zu versehen. Eine Verunglimpfung der Marke und eben in der Essenz keine berechtigte Kritik, die von der freien Meinungsäußerung geschützt wäre, wie die Gerichte nun entschieden haben.
Man mag dieses Urteil nun als einen Angriff auf das im Grundgesetz verbriefte Recht der freien Meinungsäußerung betrachten, vielleicht auch nicht vollkommen zu unrecht. Doch letztlich war der Prozess für jedwede sinnvoll-kritische Auseinandersetzungen mit den Vorgehensweisen und dem programmlichen Umfeld von RTL vollkommen kontraproduktiv. Alles scheiße außer Mutti zu rufen, ist keine Kritik, sondern Pöbelei. Dafür eine Klatsche zu bekommen, ist im deutschen Rechtssystem prinzipiell erwartbar.
Nach dem Urteil des Kölner Landgerichts, gegen das sich Kreymeier in diesem Berufungsverfahren zur Wehr setzen wollte, hatte er sich bereits in einer recht bizarren Weise über den Richter geäußert, der in jenem Prozess, als es um die Schmähkritik „Scheiß RTL“ ging, gesagt hatte, dass er als Pressesprecher des Gerichts in der Vergangenheit auch mit anständigen Leuten von RTL zu tun gehabt hatte. Kreymeiers lapidarer Kommentar: „Auch in der NSDAP wird es wahrscheinlich anständige Leute gegeben haben.“ Ein Satz, der einen bei all der berechtigten Kritik an RTL fassungslos macht - und der nicht selten ja auch guten Arbeit von Fernsehkritik.tv einen üblen Beigeschmack versetzt.