Eine Werbepartnerschaft in Marl und ein Interview in Moskau waren diese Woche ebenso fragwürdig wie die Therapiesucht von Halle Berry. Kontinuität neu aufgelegt: Telepool bedroht Welt weiterhin mit RTL-Programm, «Presseclub» in lustig mit Jörg Thadeusz, Weitersenderechte für Shift TV eingeräumt und Carmen Nebel mit leiser Abschiedsnote.
14. KALENDERWOCHE 2013
SONNTAG - 7. April
Jörg und Wlad im Gespräch
Jörg Schönenborns Interview mit Wladimir Putin vor Beginn der Hannover-Messe ging im TV sowohl Freitagabend im Ersten als auch Sonntagmittag bei Phoenix ziemlich unter. Dabei war es merkwürdig grotesk: Der WDR-Chefredakteur, optisch doppelt so groß wie der Präsident Russlands, stellte zwar direkte und kritische Fragen, wurde aber von Putin dennoch regelrecht vorgeführt. Der wackelte nicht nur ständig mit seinen Füßen, sondern fragte Schönenborn auch, wie er heiße und ließ ihm einen Vertrag zur Ansicht bringen. In der Berliner Zeitung von Sonntag schlug das Gespräch aber Wellen: Wlad hätte Jörg "locker in die Tasche" gesteckt.
MONTAG - 8. April
Telepool bedroht Welt weiter
Wie die Mediengruppe RTL Deutschland Montag mitteilte, hat sie ihre seit sechs Jahren bestehende Vertriebspartnerschaft mit der Telepool GmbH auf unbestimmte Zeit unbefristet verlängert. Telepool verkauft für RTL & Co. die Vertriebsrechte aller RTL-Programme ins Ausland. Man könnte auch sagen: Telepool sorgt somit auch weiterhin für die Verdummung der Welt. Geschäftsführer Dr. Thomas Weymer bekennt überraschend: "Wir freuen uns, die erfolgreiche Partnerschaft mit RTL zu verlängern." Ach was! Welche an Profit orientierte Firma freut sich schon nicht, mit dem größten Goldesel des deutschen Fernsehens zu arbeiten?
DIENSTAG - 9. April
Der lustige «Presseclub»
Dienstag lief im rbb die Premiere von «Thadeusz und die Beobachter». Man könnte den Talk als eine Variante vom «Presseclub» bezeichnen, nur in lustig und mit dem anderen Jörg, denn: Jörg Thadeusz sorgte mit pointierten Fragen dafür, dass seine vier journalistischen Gäste nicht zu ernst in der Diskussion wurden. Trotzdem war selbige erkenntnisreicher als die meisten herkömmlichen Gesprächsrunden. "Wir versprechen Ihnen 60 Minuten Fernsehen" sagte Thadeusz den Zuschauern zu Beginn. Es war gutes Fernsehen mit wichtigen Themen. Zum Putin-Interview von Schönenborn merkte die Runde an, dass man sowas nicht macht.
MITTWOCH - 10. April
Halle Berry zwischen Notruf und Therapie
Zu ihrem neuen Actionthriller «The Call» wurde Halle Berry von der TV Movie interviewt. Die unglaublichsten Aussagen veröffentlichte das Blatt Mittwoch vorab. Weil sie in dem Film eine Telefonistin in der Notrufzentrale spielt, erzählt Berry passend, dass sie selbst mal darauf angewiesen war als in ihr Haus eingebrochen wurde: "Ich hatte wahnsinnige Angst und habe die Nummer gewählt (...) Innerhalb von wenigen Minuten war die Polizei da." Gibt´s ja nicht! Zudem bekennt sie: "Wenn ich (...) in eine schwierige Situation gerate, begebe ich mich sofort in Therapie. Das ist der schnellste Weg mich zu fangen." So z.B. auch nach «Wetten, dass..?».
DONNERSTAG - 11. April
Shift TV siegt über RTL und Sat.1
Wem der Name Shift TV nichts sagt, dem sei verraten, dass es sich dabei nicht um einen kleinen digitalen Spartensender, sondern um einen Online TV Rekorder handelt. Nach eigenen Angaben sogar "DER" Online TV Rekorder, obwohl es noch manch anderen gibt. Dieses Shift TV hat jedenfalls Donnerstag vor Gericht einen Sieg über RTL und Sat.1 errungen. Die beiden TV-Riesen verweigerten dem Rekorder-Dienst ihre Weitersenderechte, obwohl sie nach § 87 Abs. 5 UrhG eigentlich dazu verpflichtet sind. Nach einem juristischem Hin und Her griff der Bundesgerichtshof durch. Schön, wenn ein Kleiner mal die arroganten Großen ärgert.
FREITAG - 12. April
Mit dem Skoda zum Grimme-Preis
Nein, die Automarke hat die Auszeichnung selbst nicht gewonnen, aber sie war Freitag bei der Verleihung des renommierten Medienpreises exklusiver Fahrzeugpartner. Skoda Superbs fuhren die Gäste vor den roten Teppich am Theater Marl. Den Anspruch der Marke Skoda sieht Christof Birringer von der Unternehmenskommunikation auf einer Ebene mit jenem des Preises: "Aus Verantwortung für die Gesellschaft setzen wir auch Akzente auf sozialen und kulturellen Gebieten." Grimme-Institut-Direktor Uwe Kammann stimmt zu: Man sei "Vorbild und Modell". Doch sollte ein Grimme-Institut überhaupt solche Werbeverträge schließen?
SAMSTAG - 13. April
Carmen ohne Trauer
Kurz vor ihrem vermeintlichen Ende wird einem die «Willkommen bei Carmen Nebel»-Show doch immer sympathischer! Zu Beginn der Ausgabe diesen Samstag spendierte das Publikum in Erfurt der Gastgeberin Standing Ovations. Die kommentierte das so: "...sind wa schon das erste Mal durch, oder?". Ja, aber wie viele Male müssen wir noch durch? Wenn Nebel von Didi Hallervorden für ihre freie Rede ohne Teleprompter und Ablesen (sie hat nur stets Karten in der Hand) gelobt wird, zu Sarah Brightman so schön "Sänk you!" sagt und selbstironisch nach dem Sister Act anmerkt: "Statt weißer Rauch nur Nebel!", dann weiß man, was fehlen könnte...
Es soll kein Geheimnis sein, dass der Autor der "Wochenschau" seine Kolumne stets in MS Word schreibt. Und es soll in diesem Zusammenhang auch kein Geheimnis bleiben, in welch passende Variante die Rechtschreibkorrektur dieses Programms den Begriff "Putin-Interview" ändern wollte: In "Puten-Interview". Dabei haben wir von Fleischskandalen doch schon genug. Ebenso wie von «heute nacht». In den späten ZDF-Nachrichten nerven nicht nur regelmäßig Normen Odenthal mit seiner nachtschlafenden Flüster-Nuschel-Sprache und Ina Bergmann mit ihren asthmatischen Atmern am Ende von Sätzen, nein. Da nervt seit Neuestem auch, dass man öfter mal das Wetter wegfallen lässt. Das gebe es auf heute.de. Ja, was soll das denn bitte? Nachrichten ohne Wetter sind schließlich wie Carmen Nebel ohne künstlich-spitze Quiek-Lache.