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Popcorn und Rollenwechsel: Niemals geht man so ganz

Die Filmwelt vergisst nicht. Ob Technologien, Stilmittel oder Persönlichkeiten, alles bleibt präsent.

In der Welt von Film und Fernsehen gibt es immer wieder neue Trends – und im Gegenzug finden selbstredend immer wieder Dinge ein Ende. Filmreihen wie «Saw» werden eingestellt, Talente gehen in den Ruhestand, Fernsehserien verlieren die Unterstützung der ausstrahlenden Sender und lassen nach neuen Geschichten gierende Fans und eventuell auch ungelöste Handlungsfäden zurück. Ganze Genres gehen unter (Na, wer kann mir einen ernsthaften Piratenfilm ohne Johnny Depp nennen, der in den vergangenen zehn Jahren in die Kinos kam? Oder ein Bibelepos ohne Mel Gibson?), mitunter auch Technologien. Doch in Film und Fernsehen stirbt nichts und niemand so ganz – im schlimmsten Fall verstecken sich lieb gewonnene Elemente der Medienwelt nur für einige Zeit.

Eine Rückkehr kann in Film und Fernsehen verschiedene Gestalt annehmen. So gelang kürzlich der unvergessenen Nerd-Lieblingsserie im Krimi-Sektor, «Veronica Mars», dank Kickstarter eine überraschende Wiederauferstehung in Form eines Kinofilms. Und besagte Bibelepen stehen kurz vor einem neuen Boom, und dies dank Regiegrößen wie Steven Spielberg, Ridley Scott und Darren Aronofsky, die allesamt eine Bibeladaption in der Pipeline haben.

Manch andere Rückkehr ist weniger offensichtlich, nicht ganz so lautstark. Doch egal wie groß, eine jede Rückkehr beweist, dass die Filmschaffenden dieser Welt nichts vergessen. Mit «Die fantastische Welt von Oz» lässt sich derzeit ein Film in den Kinos bestaunen, der nicht nur das Oz-Franchise auf die Leinwand zurückholt, sondern auch teils schwarz-weiß ist und vor allem auch anfangs im sehr beengten Academy-Bildformat statt auf der Breitwand gezeigt wird. Diese einst aufgrund ihrer Einschränkungen aufgegebenen Techniken kehren nun als kreative Ideen zurück – und nicht nur in Sam Raimis Megablockbuster, sondern auch in anderen Filmen. Der letztjährige Oscar-Gewinner «The Artist» kommt da als besonders liebevolles und liebenswertes Beispiel in den Sinn – und dieser Kritikerliebling ließ obendrein noch die Kunst des dialogfreien Films wieder aufleben.

Nicht nur totgesagte Technologien und Stilformen finden zurück in die Lichtspielhäuser, in der Filmwelt können auch Menschen den Tod bezwingen. Und damit sei an dieser Stelle nicht auf die zahllosen Produktionen verwiesen, in denen Figuren aus dem Jenseits zurückkehren. Die Sterblichkeit kann in den Medien auch auf anderem Wege überwunden werden. So können Persönlichkeiten durch Biographie-Dramen sprichwörtlich neu zum Leben erweckt werden – und es sind nicht immer nur Prominente wie Hitchcock oder weltbewegende Politiker wie Lincoln, auch weniger bekannte Menschen wie der Maler Christy Brown werden in Filmen (in diesem Fall mit dem Oscar-prämierten Werk «Mein linker Fuß») verewigt. Auf der anderen Seite geht auch das Schaffenswerk mancher Schauspieler nicht durch ihren Tod zu Ende. Brandon Lees größte Rolle wurde dank allerlei technischer Tricks nach seinem tragischen Unfall bei den Dreharbeiten zu «The Crow» vollendet – und ein unvergesslicher Kultfilm war geboren. Mit «The Dark Knight» und «Das Kabinett des Doktor Parnassus» fand Heath Ledger, ganz ähnlich wie zuvor James Dean, nach seinem vorzeitigen Abgang zahlreiche neue Fans. Und der 1993 verstorbene River Phoenix eroberte mit «Dark Blood» sogar 19 Jahre nach seinem Tod ein weiteres Mal die Kinos.

Und es muss sogar nicht immer eine neue Rolle eines verstorbenen Schauspielers sein beziehungsweise ein neuer Film, der ein totgeglaubtes Stilmittel zurück ins Rampenlicht holt. Allein schon bei der unvergleichbaren Zuneigung, die vor langer Zeit veröffentlichte Filme erfahren, schwingt der Glanz des Ewiglichen mit. Zumal nicht nur Klassiker wie «Vom Winde verweht», «Citizen Kane», «Pinocchio» oder «Casablanca» ungebrochen gefeiert werden. Selbst obskuren Filmen wie Disneys surrealem Südamerika-Trip «Drei Caballeros» aus dem Jahr 1944 werden Podcasts gewidmet, in denen sie als persönliche Favoriten gefeiert werden. Filmfans wie Brad Jones, im Web vor allem durch seine Kunstfigur The Cinema Snob bekannt, umjubeln mit inniger Passion so abstruse Streifen wie «Caligula» oder «Giallo a Venezia» und entfachen so bei allen, die ihnen zuzuhören gewillt sind, Neugier, woraufhin wieder ein neues Publikum diese Filme für sich entdeckt

Es ist eine außerordentlich schwierige Aufgabe in der Welt des Kinos, vollends vergessen zu werden – geschweige denn, vergessen zu bleiben. Alles kann und wird neu entdeckt und mit neuer Liebe bedacht. Irgendwie ein beruhigender, seeliger Gedanke, wenn ihr mich fragt.
25.03.2013 00:08 Uhr Kurz-URL: qmde.de/62826
Sidney Schering

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