Die Steilvorlage der Guttenberg-Affäre machte sich ein findiger Regisseur zunutze und kreierte mit der Politsatire «Der Minister» eine eigenwillige Komödie mit perfektem Cast und jeder Menge Einfallsreichtum.
Inhalt
Franz Ferdinand von und zu Donnersberg und sein bester Freund Max Drexel bilden ein unschlagbares Team: Max kann alles, Franz Ferdinand kann alles verkaufen. Der junge Adlige sieht seine Zukunft in der Politik — mit Max als Ghostwriter an seiner Seite. Unter den strengen Augen seines Vaters Rochus geht Franz Ferdinand seinen Weg kontinuierlich nach oben, bis er an der Tür zum Kabinett der Kanzlerin klopft. Angela Murkel beäugt den jungen Abgeordneten, der mit seiner Gattin Viktoria längst zum Liebling der Boulevardpresse geworden ist, mit Skepsis. Franz Ferdinand erkennt: Um sein Ansehen bei der Kanzlerin zu heben, muss ein Doktortitel her — mit Max’ Hilfe natürlich! Kaum promoviert, wird Franz Ferdinand mit dem Wirtschaftsministerium betraut. Dank Jan Breitmann, Chefredakteur des Blitz-Kuriers, entwickelt er sich zum Mega-Star unter den Ministern. Max hingegen erlebt seinen persönlichen Tiefpunkt: Seine Ehefrau Lisa verlässt ihn mitsamt den gemeinsamen Kindern. Zudem läuft ihm Breitmann offensichtlich den Rang in Franz Ferdinands Gunst ab. Max fasst einen weit reichenden Entschluss: Er wird der Karriere des Ministers auf dem Höhepunkt den Todesstoß versetzen!
Darsteller
Kai Schumann («Doctor’s Diary») ist Franz Ferdinand von und zu Donnersberg
Alexandra Neldel («Verliebt in Berlin») ist Viktoria von und zu Donnersberg
Johann von Bülow («Das Adlon – Eine Familiensaga») ist Max Drexel
Stefanie Stappenbeck («Auf Herz und Nieren») ist Lisa Drexel
Katharina Thalbach («Die Vermessung der Welt») ist Angela Murkel
Walter Sittler («Nikola») ist Rochus von Donnersberg
Thomas Heinze («Quellen des Lebens») ist Jan Breitmann
Susan Sideropoulus («Gute Zeiten, schlechte Zeiten») ist Karin Breitmann
Kritik
Es ist fast kurios eine Politsatire an Geschehnissen aufzuziehen, die bereits in der Realität einen gewissen Unterhaltungswert besitzen. Als im Frühjahr 2011 das erste Mal der Begriff „Guttenberg-Affäre“ die Runde durch Deutschlands Boulevard-Presse machte, hätte das Echo der Bürger darauf auch dem Drehbuch zur Sat.1-Produktion «Der Minister» entstammen können. Tausende von Wählern wurden plötzlich zu Guttenberg-Fans, trugen Shirts mit dem Konterfei des beliebten Politikers und forderten, ob mit Spruchbändern oder via Online-Aufruf, er möge doch im Amt bleiben. Schöner hätte es kein Drehbuchautor schreiben können.
Diese Steilvorlage für eine bissige Politsatire machten sich die Drehbuchautorin Dorothee Schön («Der letzte schöne Tag») und Regisseur Uwe Janson («Tatort: Schleichendes Gift») zunutze und kreierten mit «Der Minister» einen klamaukigen Blick hinter die Fassaden des deutschen Politzirkus, der sich zwar nur ansatzweise an der „Guttenberg-Affäre“ orientiert, es jedoch schafft, in Sachen Pointensetzung ebenso bissig wie nuanciert vorzugehen. So verzichtete man zum Beispiel darauf, reale Namen zu verwenden und setzt stattdessen lieber auf parodierende Wortspiele. Diese Vorgehensweise wirkt auf den ersten Blick zwar albern, schafft jedoch gleichzeitig eine Distanz, die auch vom Aufbau der Geschichte untermauert wird. Der von Kai Schumann verkörperte Franz Ferdinand von und zu Donnersberg steht stetig im Mittelpunkt der Erzählung, wenngleich der Lebenslauf seines Ghostwriters Max Drexel der Aufhänger für die ganze Story ist. Seine Figur fungiert als Off-Erzähler und zieht das Publikum damit in die Position des Beobachters. Nähe zu den Protagonisten zu finden ist dadurch schwierig, aber auch kaum gewünscht. Wie schon bei der Guttenberg-Affäre verfolgt man am Bildschirm die Entwicklungen der Situation, hat jedoch das Glück, Mäuschen spielen und hinter die verschlossenen Türen blicken zu dürfen.
Darunter fällt nicht nur das Beisitzen bei Verhandlungen, sondern auch der Blick ins Wohnzimmer der Kanzlerin Angela Murkel. Dabei werden die einzelnen Figuren derart überspitzt, dass sich allein durch deren Darstellung ein Gag an den nächsten reiht. Stellenweise läuft «Der Minister» dadurch Gefahr, zu klamaukig zu werden und den Grundgedanken, eine Satire zu sein, zu vergessen. Diese Schwachstellen werden jedoch von einer treffenden Bissigkeit innerhalb der Witze und einer sehr genauen Beobachtungsgabe seitens der Macher wieder ausgeglichen. So bestehen die Gags zu gleichen Anteilen aus 1:1-Übernahmen von Dialogen oder Gesprächsfetzen, die auch in der Realität stattfanden, gleichzeitig aber auch aus der blühenden Fantasie, wie sich diese oder jene Dinge wohl zugetragen haben könnten. Stichwort: Haargel. Zudem bekommt auch die Boulevard-Presse sowie der gesamte Medienapparat sein Fett weg und der Eigenhumor, den Sat.1 beweist, verleiht der Produktion zusätzliche Sympathiepunkte.
«Der Minister» besticht derweil außerdem durch ein ungewöhnlich hohes Tempo. Während seiner 90-minütigen Laufzeit arbeitet die Handlung sämtliche Stationen von Donnersbergs Politkarriere im Eiltempo ab. Teilweise steht eine einzige Szene dabei stellvertretend für einen Abschnitt in seinem Leben, die jedoch derart repräsentativ ist, dass es genauere Erklärungen nicht braucht. Untermalt werden die Entwicklungen von Donnersbergs Ansehen und seiner Karriere dabei stetig vom Kommentar seines Ghostwriters und Freundes, dessen Ausführungen ebenso persönlich wie analytisch sind. Dadurch verliert das Publikum trotz der hohen Geschwindigkeit nie den Überblick. Gleichzeitig fehlen ruhigere Phasen für eine Auseinandersetzung mit dem gezeigten Stoff, jedoch ist fraglich, ob es diese braucht. Denn wenngleich es sich bei «Der Minister» um eine Produktion handelt, die dazu einlädt, die satirische Szenerie genauer zu hinterfragen, ist der Streifen insgesamt zu sehr auf Humor getrimmt, als dass es eine genaue Analyse des Gezeigten braucht.
Die Besetzung der Haupt- und Nebenrollen ist derweil ungeheuer stimmig. Während man auf der einen Seite offensichtlich nach Ähnlichkeit mit den realen Vorbildern castete, ließ man sämtlichen Darstellern genügend Freiraum, um ihrer Rolle eine ganz eigene Note zu geben. So verleiht Katharina Thalbach ihrer Kanzlerinnen-Rolle eine niedliche Schrulligkeit, die die Autorität ihrer Rolle nicht in den Hintergrund rücken lässt. Kai Schumann kombiniert seine von Natur aus sympathische Ausstrahlung mit der Art Arroganz, die seine Figur verlangt und Johann von Bülow mimt einen treudoofen Freund Donnersbergs, dem es jedoch ein wenig an Auffälligkeit mangelt. Selbiges gilt auch für Alexandra Neldel, die jedoch dadurch, dass sie in «Der Minister» nur wie ein Anhängsel Schumanns wirkt, perfekt in ihre Rolle passt.
Fazit: «Der Minister» gibt insgesamt das überaus amüsante Bild einer stimmigen Komödie ab, die sich im weitesten Sinne an den realen Geschehnissen rund um die Guttenberg-Affäre orientiert. Die Macher wahrten dabei jedoch eine unerwartet große Distanz, weshalb die Produktion zwar immer noch eine Politsatire ist, den Schwerpunkt jedoch auf die Comedy legt und weniger auf die politischen Hintergründe. Das tut dem Spaß und der liebevollen Detailarbeit jedoch keinen Abbruch, sondern erfüllt nur andere Erwartungen als sich das Publikum vielleicht erhoffte. Die Besetzung ist ein Geschenk, die technische Umsetzung ist unauffällig-makellos und «Der Minister» dadurch die vielleicht eigensinnigste und daher beste Sat.1-Komödie seit Langem.
Sat.1 zeigt «Der Minister» am Dienstag, 12. März 2013 um 20.15 Uhr. Im Anschluss, ab 22.20 Uhr ist eine Dokumentation namens «Abgeschrieben - die Guttenberg-Story» in Sat.1 zu sehen.