In der fünften Jahreszeit setzen traditionell viele Fernsehsender auf ein buntes Karnevalsprogramm – in den vergangenen Jahren aber ausschließlich bei den Öffentlich-Rechtlichen. Nun kommt Stefan Raab mit einer großen Karnevalssitzung zurück. Und mit ihm die jungen Zuschauer?
Kaum sind die kalten und schneereichen Wintertage vorbei, freuen sich Millionen Deutsche auf das Karnevalsfest. Auf diese Tradition, die seit Jahrhunderten in vielen Regionen verankert ist und nicht nur als reine Unterhaltungsveranstaltung gesehen werden muss, sondern auch immer die jeweilige Lage der Stadt, des Landes, des Bundes kommentiert – ob in politischer, sozialer oder kultureller Hinsicht. Auch im Fernsehen erfreut sich der Karneval immer noch großer Beliebtheit, beispielsweise bei der Übertragung von traditionellen Sitzungen oder dem „Rheinischen Gipfeltreffen“ von Köln, Düsseldorf und Mainz bei «Karneval hoch Drei».
In den vergangenen Jahren aber spielte sich diese Unterhaltung nur noch bei den Öffentlich-Rechtlichen ab – die Privatsender hatten sich längst aus dem kollektiven Narrenrausch zurückgezogen. Bis jetzt: Denn am 9. Februar, zwei Tage vor Rosenmontag, steigt ProSieben als erster Privatsender mit einer großen Karnevalsshow wieder „in die Bütt“: Stefan Raab präsentiert seine große «TV Total Prunksitzung», zur besten Sendezeit, am Samstagabend um 20.15 Uhr.
Spannend ist dieses Programm-Experiment deswegen, weil Karneval und Privatfernsehen zuletzt eben nicht mehr zusammenpassten: Vor Jahren noch war «Kölle Alaaf», die Prunksitzung der Kölner Prinzen-Garde, eine feste Institution im Programm von RTL. Mit hohen Zuschauerzahlen von mehr als fünf Millionen, aber niedrigen Einschaltquoten beim wichtigen jungen Publikum. Hier holte das RTL-Format nur unterdurchschnittliche Werte von rund 13 bis 16 Prozent. Und nachdem die Konkurrenz auch noch mit Spielfilmen erfolgreicher abschnitt, zog man 2005 einen Schlussstrich unter das Karnevals-Kapitel.
Acht Jahre später versucht sich ProSieben mit Raab nun an der Wiederauferstehung des Karnevals für das junge Publikum. Dahinter steckt die Frage, ob dieses Publikum sich überhaupt noch für den traditionellen Brauch interessiert oder ihn nur zum Anlass nimmt, wild zu feiern. Raab scheint offenbar auch nicht so recht zu wissen, ob seine neue Show ankommt. Neben traditionellen Karnevalsstars wie den Höhnern oder dem Ruhrgebiets-Urgestein Helge Schneider hat man sich auch Promis in den „Elferrat“ geladen, die zunächst kaum mit dem Faschingsfest vereinbar zu sein scheinen: Rapper Cro, Sängerin Lena Meyer-Landrut oder auch die Ludolfs.
Ob die bunte Mischung reicht, um Erfolg zu haben? Der TV-Karneval hat es in dieser Zeit generell nicht leicht: Im vergangenen Jahr holte nur noch eine große Übertragung mehr als fünf Millionen Zuschauer (jene aus Mainz), demgegenüber verloren nahezu alle Karnevalsformate seit Jahren kontinuierlich an Reichweite. Besonders auffällig: Beim jungen Publikum zwischen 14 und 49 Jahren kam 2012 keine größere Prunksitzung mehr auf Marktanteile über Senderschnitt – denkbar schlechte Voraussetzungen für eine Karnevalssendung im Privatfernsehen. Vermutlich weiß Raab genau das und hat seine Show so strukturiert, dass sie auch sein normales Stammpublikum am Samstagabend anspricht. Bei einem Erfolg wäre es aber wahrlich nicht das erste Mal, dass der TV-Altmeister einem angestaubten Genre wieder neues Leben einhaucht.