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Ein Trauerspiel: Der Soap-Check 2012

Verluste, wohin das Auge blickt. Im Bereich der Soaps gab es nur einen Gewinner – der heißt «Berlin – Tag & Nacht» und ist verantwortlich für das Dilemma der etablierten Dailys.

2012 war kein gutes Jahr für die etablierten Soaps im deutschen Fernsehen. Es kommt selten vor, dass wirklich alle bestehenden Formate durch die Bank Marktanteile verlieren. 2012 war für tägliche Serien auch deshalb kein gutes Jahr, weil deren Angebot doch deutlich ausgedünnt wurde. Zu den eingestellten Formaten in diesem Bereich gehörten unter anderem «Anna und die Liebe», das vor ziemlich genau einem Jahr den Todesstoß verpasst bekam und auch die ZDF-Reihe «Wege zum Glück», deren aufwändiges Comeback nur wenige Wochen überlebte.

Dass die alteingesessenen Formate allesamt verloren, hat damit zu tun, dass sich das Genre an sich verselbstständig hat. Das Ganze ist eine Art «Berlin – Tag & Nacht»-Phänomen. Die Scripted Reality, die inzwischen auch beim Sender RTL II „Soap“ genannt wird, ist mit ihrer authentischeren Darstellungsweise die einzige tägliche Produktion, die 2012 deutlich zulegen konnte. Im September 2011 gestartet, kam das Format in den ersten Monaten auf durchschnittlich 7,0 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe. Insgesamt sahen 0,81 Millionen die ersten 75 Folgen der filmpool-Produktion.

In 2012 ging es für die 250 ausgestrahlten Episoden auf 1,20 Millionen Zuschauer insgesamt hinauf. In der wichtigen Zielgruppe gewann die einstündige Sendung 4,3 Prozentpunkte auf im Schnitt nun 11,3 Prozent hinzu. Der große Erfolg des Formats trägt seine Früchte: Mit «Köln 50667» läuft bei RTL II bereits ein Ableger, Sat.1 startet kommende Woche mit «Patchwork Family» ebenfalls eine Soap von filmpool.

War RTL mit seinen drei Dailys 2011 noch auf der Erfolgsspur (alle drei Formate gewannen damals hinzu), muss jede einzelne nun Marktanteile abgeben. «Alles was zählt» trifft es besonders deutlich. Schon vor einem halben Jahr haben die Macher für die Serie eine Neuausrichtung angekündigt, genauere Details lassen aber auch im Januar 2013 noch auf sich warten. Die Quittung: Im Schnitt kam das Format im zurückliegenden Kalenderjahr nur noch auf 15,1 Prozent Marktanteil in der Zielgruppe – das ist ein Minus von 2,3 Punkten im Vergleich zu 2011. Bei allen verringerte sich die durchschnittliche Reichweite von 2,89 auf 2,60 Millionen.

Auf ähnlichem Niveau verlor auch die Ursoap «Gute Zeiten, schlechte Zeiten»: Bei den 14- bis 49-Jährigen wurden 2012 2,4 Prozentpunkte weniger gemessen als ein Jahr zuvor. Die Quote sackte im Schnitt auf 20,2 Prozent ein. Das ist der schlechteste Jahresdurchschnitt seit weit mehr als fünf Jahren. Insgesamt verlor man im Schnitt rund 390.000 Zuschauer – und kommt nun auf 3,36 Millionen. Somit bleibt das Grundy UFA-Format aber die meistgesehene Daily im deutschen Fernsehen.

Die 17.30-Uhr-Sendung von RTL, «Unter Uns», die seit 2009 den Jahresschnitt kontinuierlich verbesserte und 2011 bei starken 19,5 Prozent Marktanteil der 14- bis 49-Jährigen lag, musste sich im zu Ende gegangenen Kalenderjahr nun wieder mit schwächeren 17 Prozent zufrieden geben. «Unter Uns» verlor somit 2,5 Prozentpunkte. Insgesamt sahen 1,69 Millionen Menschen die neuen Geschichten aus der Schillerallee.

Langsam eng wird es für die ARD-Vorabendsoap «Verbotene Liebe»: Schon seit mehr als fünf Jahren verliert das Format Jahr für Jahr Zuschauer und Marktanteile. 2012 ging es noch ein Stück tiefer: Bei allen kam man noch auf 7,9 Prozent Marktanteil (-2 Prozentpunkte gegenüber 2011), bei den 14- bis 49-Jährigen liegt die Soap inzwischen mit noch 5,3 Prozent klar unterhalb des Senderschnitts. Das Format verlor in dieser Altersklasse 1,7 Prozentpunkte. Insgesamt sahen rund 300.000 weniger zu als noch 2011 – die durchschnittliche Reichweite betrug nur noch 1,31 Millionen.

Auch die Nachmittagsformate des Ersten Deutschen Fernsehens, «Rote Rosen» und «Sturm der Liebe» gaben Marktanteile ab. Die eher auf ein älteres Publikum zugeschnittene Telenovela «Rote Rosen» lag 2012 bei für die ARD überdurchschnittlichen 16,0 Prozent Marktanteil. Somit steht ein minimaler Verlust von 0,1 Punkten geschrieben - grundsätzlich kann gesagt werden: Die Serie hat das hohe Vorjahresniveau nahezu gehalten. 2011 holte die Serie noch 16,1 Prozent. Beim älteren Publikum graben neuartige Soapformate wie eben «Berlin – Tag & Nacht» nicht.

Das nach «Rote Rosen» immer um 15.10 Uhr laufende «Sturm der Liebe» von der Bavaria Fernsehproduktion kam 2012 auf durchschnittlich 21 Prozent Marktanteil bei allen. Die Telenovela läuft seit vielen Jahren sehr quotenstark im Programm des Ersten. Gegenüber 2011 gab die Serie 1,5 Prozentpunkte ab. Der gleiche Verlust stand übrigens auch schon Anfang 2012 geschrieben.

Summa summarum haben klassische Soaps mit 0815-Erzählmuster wohl eher ausgedient - Dailys müssen heute wohl spezieller zugeschnitten sein; auf ganz junges oder eher älteres Publikum. Und die 0815-Formate? Sie dürften weiter unter der nun kommenden Schwemme der authentischeren Formate leiden und müssen 2013 Lösungen entwickeln, um wieder mehr an den Puls der Zeit zu kommen. filmpool, Spezialist für die neuen Dailys, wird auch in den kommenden Monaten nicht schlafen.
25.01.2013 09:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/61647
Manuel Weis

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