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Die Kritiker: «Marie Brand und die offene Rechnung»

Auch die neuste Folge der Krimireihe «Marie Brand» entpuppt sich als unauffällige, wenn auch solide Krimikost, der es jedoch noch sehr an Wiedererkennungswert fehlt. Eigentlich schade, da vor allem die Darsteller zu überzeugen wissen.

Inhalt


Hauptkommissarin Brand taucht tief in ihre persönliche Vergangenheit ein, als der Mörder ihres Vaters aus der Haft entlassen wird. Vor sieben Jahren wurde Maries Vater, der auch bei der Kölner Polizei als Hauptkommissar ermittelte, im Dienst von Markus Rombach erschossen. Markus Rombach war nicht nur der Arbeitskollege von Maries Vater, sondern auch Freund der gesamten Familie. Marie beschließt, Urlaub zu nehmen und fährt in das Wochenendhaus, wo sie oft in ihrer Kindheit war. Wenig später taucht dort Rombach auf. Rombachs Tochter wurde vor siebzehn Jahren entführt und ermordet. Der Täter konnte nie überführt werden, obwohl Rombach sich sicher war und ist, dass Christian Bruckner der Mörder ist. Beim Versuch, Bruckner zu stellen, erschoss Rombach damals versehentlich Maries Vater. Rombach kann sich dies nicht verzeihen und ebenso wenig kann er damit leben, dass der Mörder seiner Tochter weiterhin in Freiheit ist. Er fordert von Marie, sie solle ihm vergeben und ihm helfen, den Mord an seiner Tochter endlich aufzuklären.

Als plötzlich Bruckners Tochter, die nun ebenfalls siebzehnjährige Sophie, verschwindet, fällt der Verdacht sofort auf Markus Rombach, der aber ein wasserdichtes Alibi hat. Trotzdem sind sich Marie und Simmel sicher, dass Rombach hinter der Entführung steckt. Will er Bruckner unter Druck setzen und ihn endlich zu einem Geständnis zwingen?

Als die beiden Kommissare zu neuen Erkenntnissen im alten Fall kommen, können sie in letzter Minute einen weiteren Mord verhindern.

Darsteller


Mariele Millowitsch («Nikola») ist Marie Brand
Hinnerk Schönemann («12 Meter ohne Kopf») ist Jürgen Simmel
Thomas Heinze («ZweiOhrKüken») ist Dr. Gustav Engler
Christian Redl («KDD – Kriminaldauerdienst»)) ist Markus Rombach
Stephan Grossmann («Bis zum Horizont, dann links») ist Christian Bruckner
Nicole Marischka («Homevideo») ist Sabine Bruckner
Olga von Luckwald («Die Chefin») ist Sophie Bruckner

Kritik


Über zu wenig Krimiunterhaltung kann sich der deutsche Fernsehzuschauer derzeit kaum beschweren. Diverse Ermittlerteams ermitteln deutschlandweit in nahezu unzähligen Reihen, sodass es keine Floskel ist, dass hier wohl für jeden Geschmack etwas dabei sein dürfte. Die Kreativität sämtlicher Macher scheint jedoch noch lange nicht erschöpft und solange die Einschaltquoten stimmen, schießen munter weitere Krimiserien aus dem Boden. Zugegeben, mit dem Start der Reihe rund um die Ermittlerin Marie Brand im Jahr 2008, gehört die Serie mitnichten zu den ganz neuen Vertretern ihrer Art. Aufgrund ihrer unregelmäßigen Ausstrahlung und der nur sehr geringen Anzahl an produzierten Filmen – innerhalb von rund fünf Jahren wurden lediglich 11 Folgen ausgestrahlt – lässt sich die Filmreihe jedoch schwer als Klassiker, Dauerbrenner oder „altes Eisen“ bezeichnen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein immer neues Publikum die Geschichten um die toughe Kommissarin für sich entdeckt, ist daher relativ groß, weshalb es sich auch beim Anschauen ihres neusten Falles, «Marie Brand und die offene Rechnung» so anfühlt, als würde man in den Genuss der Pilotepisode einer brandneuen Reihe kommen.

Diese Erkenntnis ist Fluch und Segen zu gleich. In einer Zeit, in der TV-Kanäle ihr Publikum mit den immer gleichen Wiederholungen bekannter Serien abzuspeisen versuchen, wirkt der unaufdringliche Ausstrahlungsrhythmus von «Marie Brand» angenehm und zeugt ganz davon, dass man nach dem – in der TV-Branche offenbar selten gewordenen – Vorsatz „Qualität vor Quantität“ vorgeht. Vor allem auf der technischen Ebene präsentiert sich die Serie stets souverän und auf Hochglanz poliert. Auch die Bücher, nach denen bereits mehrere verschiedene Regisseure die einzelnen Fälle erzählten, bürgten für Qualität. Weshalb also war hier vor wenigen Zeilen noch von einem Fluch die Rede?

Leider besitzt die komplette «Marie Brand»-Reihe so gut wie keinerlei Wiedererkennungswert, sofern man davon absieht, dass die vor allem durch die Comedyserie «Nikola» bekannt gewordene Schauspielerin Mariele Millowitsch in ihrer Hauptrolle bestens aufgeht. Nun hat die Darstellerin, die ihrer Hauptfigur auch in ihrem neuesten Fall „Die offene Rechnung“ die genau richtige Mischung aus Sympathie, Coolness und Rigorosität verleiht, das Glück, dass sie wohl auch ein Telefonbuch vorlesen könnte, ohne dass dabei Langeweile aufkäme. Abgesehen davon mag es jedoch auch Millowitsch nicht gelingen, der Reihe ein Profil zu geben. Besonders in „Die offene Rechnung“ scheint das jedoch nicht damit zusammenzuhängen, dass Regisseur Florian Kern ein potentiell mehr versprechendes Drehbuch schlicht nicht angemessen umzusetzen wusste. Zumal Kern mit mehreren Folgen der intensiven Krimireihe «Abschnitt 40» bereits sein Handling für einnehmende Inszenierungen bewies. Vielmehr scheint das Drehbuch selbst von vornherein darauf ausgelegt, bloß nirgendwo anzuecken. So ergibt sich eine Durchschnittsstory, die ohne Zweifel besser ist als die öffentlich rechtlichen Vorabend-Krimies und die auch ihre Ausstrahlung in der Primetime verdient. Um sich mit der ohnehin schon selten ausgestrahlten «Marie Brand»-Reihe jedoch dauerhaft zu etablieren und die Serie somit zu einem TV-Format zu machen, auf das man sich schon Wochen vor der Ausstrahlung freut, reicht es bei dem momentan eingeschlagenen und offenbar wohl auch festgefahrenen Weg nicht.

Das ist schade. Denn vor allem in der Zusammenstellung des Casts und der Zeichnung sämtlicher Figuren gab man sich Mühe, auf die Dauer ein Team aus Protagonisten zusammenzustellen, das dank seiner Bodenständigkeit Sympathie versprüht. Auch der eingestreute Dialogwitz und das angedeutete Katz-und-Maus-Spiel zwischen Brand und Simmel funktioniert. Die temporeichen Wortgefechte bilden immer wieder den Höhepunkt der Reihe, wirken aber vor allem im aktuellen Fall deshalb deplatziert, weil sich die Story selbst nur mit einem extrem schleppenden Tempo vorbewegt. Zwar ist die Ausgangslage der Rache-Thematik in „Die offene Rechnung“ keine Basis für eine mit Verfolgungsjagden und Schießereien gespickte Story, bei der zum Luftholen keine Zeit bleibt. Auch die restlichen Fälle der Marie Brand bewegten sich eher auf realistischem, bodenständigem Niveau. In diesem Fall meinte man es dann doch ein wenig zu gut mit der Ruhe und Gemächlichkeit, mit welcher der Fall voranschreitet.

Fazit: «Marie Brand und die offene Rechnung» ist Krimikost auf besserem Durchschnittsniveau, in welcher vor allem die Darstellerleistungen überzeugen. Insgesamt bleibt die Reihe jedoch zu unauffällig, um sich dauerhaft im ohnehin hart umkämpften Geschäft um die Gunst Deutschlands Krimifans zu etablieren.

Das ZDF zeigt «Marie Brand und eine offene Rechnung» am Mittwoch, den 23. Januar um 20:15 Uhr.
21.01.2013 12:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/61547
Antje Wessels  •  Quelle: Inhalt ZDF

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