Mit «Tod einer Polizistin» zeigt das ZDF einen Krimi, der viel mehr Potential gehabt hätte, als er offenbart. Woran das liegt und ob man sich die Produktion dennoch ansehen kann, schildert Kritikerin Antje Wessels.
Inhalt
Der pensionierte Hauptkommissar Bruno Theweleit, Dozent an der Polizeiakademie, wird von seiner Vergangenheit eingeholt, als dem Polizistenmörder Frank Keller die Flucht aus dem Gefängnis gelingt. Während seiner aktiven Zeit im Polizeidienst hatte er Keller verhaftet und durch seine Aussage vor Gericht entscheidend dazu beigetragen, ihn zu lebenslanger Haft mit anschließender Sicherungsverwahrung zu verurteilen. Neben der erdrückenden Beweislage hatte zudem Kellers ehemaliger Komplize Samir Nasrallah gegen diesen ausgesagt und ihn schwer belastet.
Jetzt ist Keller, der sich zu Unrecht verurteilt sieht, auf der Flucht und scheint sich an den damals Beteiligten rächen zu wollen. Als der Flüchtige bei Theweleit zu Hause auftaucht und ihn angreift, kommt ihm ausgerechnet seine Schülerin Lena Frey zur Hilfe. Die junge Polizistin ist Mitglied des Ermittlungsteams, dessen Aufgabe es ist, Keller zu finden. Nach diesem Zwischenfall raten die Kollegen Bruno Theweleit, sich in ein polizeiliches Schutzprogramm zu begeben. Theweleit lehnt das jedoch strikt ab, bietet aber an, die Sonderkommission bei ihrer Arbeit zu unterstützen. Als sein Kollege und alter Freund Günther Lehmann ihm das ausredet, akzeptiert Theweleit schließlich widerwillig den von Einsatzleiter Michael Pacht angeordneten Personenschutz.
Theweleit befindet sich fortan in der Obhut von Lena Frey und ihrem Vorgesetzten Wolfgang Henning. Theweleit ist Lenas Mentor. Sie bewundert ihn als Dozenten und verehrt ihn aufgrund seiner großenVerdienste im Polizeidienst. Doch Lena sieht sich nicht nur einer gefährlichen Situation ausgeliefert, Theweleit macht ihr und ihrem Team mit seinem Verhalten das Leben schwer. Für ihn existieren keinerlei Absprachen. Er führt seine Bewacher vor und setzt sich immer wieder ab. Währenddessen versucht Keller fieberhaft, den Aufenthaltsort von Samir Nasrallah herauszufinden, der aus Angst vor ihm untergetaucht ist. Es beginnt eine hochgefährliche Verfolgungsjagd nach einem Keller, der mit allen Mitteln dem immer engmaschigeren Netz des Polizeiapparats zu entkommen versucht. Zunächst scheinen Recht und Unrecht klar verteilt, doch dann stellt sich der jungen Polizistin Lena plötzlich die Frage: Was ist damals vor 15 Jahren wirklich passiert?
Darsteller
Götz George («Schimanski») ist Bruno Theweleit
Jürgen Vogel («Die Welle») ist Frank Keller
Rosalie Thomass («Eine ganz heiße Nummer») ist Lena Frey
Uwe Kockisch («Weissensee») ist Günther Lehmann
Uwe Preuss («Polizeiruf 110») ist Michael Pacht
Samir Fuchs («Iron Sky») ist Samir Nasrallah
Maryam Zaree («Abgebrannt») ist Eden Nasrallah
Therese Hämer («Post Mortem») ist Nina Klingen
Michael Schenk («Das Adlon. Eine Familiensaga») ist Wolfgang Henning
Kritik
Der von Regisseur Matti Geschonneck («Eine Frau verschwindet») inszenierte Krimi
«Tod einer Polizistin» ist ein ambivalentes Unterfangen. Augenscheinlich handelt es sich bei dem Streifen um absolut solide produzierte Krimikost. Besonders auf der technischen Ebene waren hier Fachleute am Werk. Die mit der ruhigen Hand von Kameramann Theo Bierkens eingefangenen Bilder sorgen für Übersicht und fesseln zugleich. Dank einer klassischen Mischung aus schnellen Schnitten und ruhigen Übergängen (verantwortlich: Ursula Höf) ergibt sich ein angenehmes Tempo, welches dafür sorgt, dass das Publikum den Überblick behält. Gleichzeitig laufen die Macher nicht Gefahr, die Bilder einschläfernd werden zu lassen, da auf Lückenfüller wie weitläufige Aufnahmen der Stadt oder unsinnige Detailbilder gänzlich verzichtet wurde. Die Musikuntermalung von Nikolaus Glowna und Ludwig Eckmann ist äußerst ruhig und fällt kaum auf, ist jedoch stetig zu sämtlichen Szenen passend.
Auf der Darstellerebene sticht vor allem Jürgen Vogel hervor, der einen vortrefflichen Bösewicht abgibt. Intensiv, dabei aber nicht aufdringlich und mit einem herausragenden Mimikspiel ausgestattet, spielt er den Rest des Ensembles mühelos an die Wand, sich dabei jedoch nicht in den Vordergrund. Weniger auffällig, dafür nicht minder intensiv stellt sich die Figur des von Götz George verkörperten Bruno Theweleit heraus. Seine Bodenständigkeit durchzieht den gesamten Streifen mit einer ordentlichen Portion Realismus und die Bulligkeit seiner Figur ist zugleich trotzdem sympathisch. Alle weiteren Figuren genießen keine derartig deutliche Charakterisierung sondern bleiben die meiste Zeit schemenhaft. Vor allem für die Rolle der Lena Frey, von Rosalie Thomass verkörpert, ist dies schade. So wird ihre Absicht zwar deutlich und immer wieder hervorgekehrt, die Frage nach dem Warum bleibt jedoch ungeklärt.
Die Story an sich gibt viel her für einen Langspielfilm in der Art, wie er von Matti Geschonneck realisiert wurde. Immer wieder werden Erinnerungen an den klassischen «Tatort» wach, jedoch könnte «Tod einer Polizistin» lediglich mit schwächeren Vertretern Deutschlands liebster Krimireihe mithalten. Auch, wenn sich sämtliche Verantwortlichen der technischen Umsetzung sichtlich Mühe gaben, der Handlung Pfeffer zu verleihen, ohne sie hektisch werden zu lassen, zieht sich das Drehbuch teilweise sehr. Es wird viel geredet, ohne dass etwas herauskommt. Gleichzeitig wird viel geschwiegen und ins Leere gestarrt. Ab und an unterstreicht es die Ernsthaftigkeit der Situation und ohne Zweifel ist diese Art der Umsetzung wesentlich realistischer, als das Tempo, mit welchem Fernsehkrimis sonst gern voranschreiten. Doch hat man teilweise das Gefühl, die Macher hätten hier weniger versucht, den Zuschauer zu unterhalten, denn mit dem Streifen etwas Tiefsinniges auszudrücken. Eine regelrechte Message mag sich jedoch spätestens dann nicht mehr erschließen, wenn nach gut der Hälfte der Laufzeit typische Klischeewendungen eingebaut werden, die dank des glaubhaften Spiels von Jürgen Vogel jedoch nicht annähernd so unglaubwürdig erscheinen, wie es sonst ganz gern der Fall ist. Trotzdem schmälern sie den Eindruck der Handlung erheblich: Auf der einen Seite bemüht man sich um Realismus und will anfangs offenbar weg von Effekthascherei und allzu konstruierten Handlungssträngen, nach etwa 45 Minuten kommt man ohne ebenjene scheinbar doch nicht mehr aus und begibt sich auf die Pfade herkömmlicher Krimikost. Hätte man den anfangs eingeschlagenen Weg konsequent weiterverfolgt, hätte man zwar keinen stylischen, schnell geschnittenen und somit wohl „hippen“ Allerweltskrimi inszeniert, dafür anspruchsvolle Unterhaltung auf wesentlich höherem Niveau, welches man in x-beliebigen Krimiserien zu sehen bekommt. Dadurch lässt sich «Tod einer Polizisten» fast in zwei Teile teilen und der anfänglich sehr gute Plot bleibt in seiner Intensität nicht bis zum Ende beständig.
Fazit: Es ist bei der Ausgangslage die der Cast, die handwerklichen Fertigkeiten der Realisatoren und Auszüge aus dem Drehbuch bieten, regelrecht schade, dass «Tod einer Polizisten» lediglich als solider Abendkrimi betrachtet werden kann. Er hat ganz klar ordentliche Stärken: Die Arbeit der Polizisten wurde mit Ernsthaftigkeit und Realismus inszeniert, die Darstellerleistungen sind durchweg auf gutem bis sehr gutem Niveau und technisch gibt es nichts an der Produktion auszusetzen. Leider bleibt die Story weit hinter ihren Möglichkeiten zurück, wodurch der Film Gefahr läuft, das Publikum zum Abschweifen und somit zum Abschalten zu bewegen. Dies wäre schade, da vor allem die letzten 10 Minuten das Potential, das der Streifen gehabt hätte, allzu sehr offenbaren.
Das ZDF zeigt «Tod einer Polizistin» am Montag, den 14. Januar um 20:15 Uhr.