►   zur Desktop-Version   ►

Joiz aus der Schweiz?

Die ARD streamt neuerdings ihr Programm ins Netz. Live und in Farbe kann man nun viele Sendungen und Programme vom Ersten einfach und unkompliziert im Internet ansehen. Ein Grund zu feiern? Eine von der ARD gestartete Revolution in Sachen Social Media?

Leider nicht. Wir in Deutschland beschäftigen uns meist mit uns selbst. Was macht RTL? Wie gut ist die aktuelle Staffel von «DSDS»? Welche US-Serien zeigt ZDFneo? Welche Projekte haben Pocher, Jauch, Lanz und Co. ? Dabei lohnt sich wirklich ein Blick über den Tellerrand. Unsere Castingshows sind im Vergleich zu den Originalen aus den USA und England geradezu ein peinlicher Abklatsch. Einen Hype wie Paul Potts wird ein Bohlen nie erschaffen. Sind wir in Deutschland modern? Wir hängen diese Frage meist nur an der Zukunft von Joko und Klaas auf. Bei uns gibt es für junge Menschen den KiKa und für die Jugend nach VIVA und MTV nichts mehr.



Ich selbst suche dann hier oft nach einer Verschmelzung von Fernsehen und Internet. Stattdessen weisen deutsche Formate meist nur auf ihre Fanpage bei Facebook hin und haben dort 200 Fans. Es ist so unterirdisch altbacken und kommt immer elendig gewollt rüber. Geht es nicht auch anders? Nach deutschen Maßstäben nicht. Wir kopieren lieber Jon Stewart und die «Daily Show», machen daraus die «heute-show», welche aber eigentlich nur ein Update der «Wochenshow» ist. Man tausche Ingolf Lück gegen Welke aus, subtrahiere die Sketche und lasse Gernot Hassknecht jede Woche die gleiche Wutrede mit einem aktuellen Thema einsprechen. Richtig cool und unique ist das trotzdem nicht.

Da lohnt sich ein Blick in das Umland. Die Schweiz hat bereits die Verschmelzung von TV und Netz geschafft. Kaum zu glauben, oder? Ich selbst habe mich seit kurzem mehr mit der Schweiz beschäftigt und wurde so auf Joiz aufmerksam. Ein junger Sender mit einer riesigen Spielwiese für neue Gesichter. Die Themen? Geradezu erfrischend für die eigene Generation. Es geht um Musik, Jobsuche, Gesundheit, Netz und sogar die schweizer iTunes-Charts werden von Ovomaltine präsentiert. Wer zu Joiz kommt? Rapper Cro zum Beispiel und wirkt im Talk total locker. Diese Leute machen Fernsehen ohne den Anspruch das klassische Fernsehmodell zu bedienen. Vielmehr wissen die Zuschauer von der gelebten Interaktivität. Es ist vollkommen normal und gewünscht, dass die Zuschauer sich über Facebook und soziale Kanäle einschalten.

Die Formate auf Joiz sind nicht vollkommen überdreht. Es gibt Reportagen über Mode und Musik. Kleines Team, hübsche Moderatorin und völlig gelöste Stimmung. Gelöste Stimmung? Es wird nicht krampfhaft versucht wie in Deutschland zu produzieren. Man schaut einfach bei den Leuten vorbei und kein Zuschauer müsste wohl Angst vor einem Kamerateam von Joiz haben. Vielmehr ist es anständig produziert, nah an der Kultur der Jugend und doch Fernsehen. Man spürt auch mitunter wie ein Moderator vor einem angepissten Musiker mit seinen Fragen versagt, aber man nimmt es ihm als Zuschauer nicht übel. Vielmehr lernen die Leute dort in der Praxis und das macht Spaß als Zuschauer. Es erinnert an die alten Zeiten von VIVA.

Genau durch diese Herangehensweise entstehen dann neue Highlights und Persönlichkeiten. Warum ich mir dieses Urteil erlaube? Ich habe in den letzten sechs Jahren so viele schlimme Versuche in der Hinsicht gesehen. Die Verbindung zwischen Fernsehen und Internet wirkte stets furchtbar in Deutschland. Dabei ist es eigentlich so einfach wie ein Taschenmesser aus der Schweiz. Anscheinend haben die Schweizer ein Talent für gute Kombinationen.

Auf die Schweiz!


Rob Vegas
06.01.2013 18:44 Uhr Kurz-URL: qmde.de/61320
Rob Vegas

Artikel teilen


Tags

joiz webtv fernsehen tv schweiz kultur jugend joiz.ch modern sender tv-sender rob vegas kolumne medien quotenmeter

◄   zurück zur Startseite   ◄

Qtalk-Forum » zur Desktop-Version

Impressum  |  Datenschutz und Nutzungshinweis  |  Cookie-Einstellungen  |  Newsletter