Am Tag vor Weihnachten setzt Das Erste auf eine neue Ausgabe des «Polizeirufs».
Story
Ein neuer Fall für die Polizeiruf-Ermittler aus Brandenburg: Die 18-jährige Kristina wird auf einem Schrottplatz tot aufgefunden. Kristina hatte den Abend mit ihrer Clique, ihrer Freundin Hanna und ihren Schulkameraden Jan und Ditsche, in einem Club verbracht und ausgiebig gefeiert. In der Gerichtsmedizin kommt heraus, dass Kristina unter Einfluss von Liquid Ecstasy stand, auch als K.O.-Tropfen bekannt, und vermutlich von zwei Tätern misshandelt und vergewaltigt wurde. Außerdem war sie im zweiten Monat schwanger. Doch keiner von Kristinas Freunden kann sich an die Ereignisse des Abends erinnern.
Bei ihren Ermittlungen begegnen Hauptkommissarin Olga Lenski und Polizeihauptmeister Horst Krause schwer zugänglichen Jugendlichen und ahnungslosen Eltern. Lenski und Krause sind erschüttert, wie wenig die Eltern vom Leben ihrer heranwachsenden Kinder wissen. Weder Kristinas Eltern, Familie Domke noch die Eltern von Hanna Löns oder Jans Vater Henner Gottsched scheinen über den selbstverständlichen Umgang ihrer Kinder mit Drogen informiert gewesen zu sein.
Kurz darauf wird das Auto gefunden, mit dem Kristina vermutlich in der Tatnacht zum Schrottplatz transportiert wurde - ein ausgebrannter Alfa Romeo. Der Wagen gehört Jans Vater, dem Anwalt Henner Gottsched. Der jedoch will nichts von dem nächtlichen Ausflug seines Sohnes Jan gewusst haben. Olga Lenski hält Jan und Ditsche für dringend tatverdächtig. Diesen Verdacht stützt die Aussage ihres Mitschülers Dennis: Er will gesehen haben, wie die beiden Jungs mit Kristina die Disko verlassen haben.
Darsteller
Maria Simon («Lichter») als Kriminalhauptkommissarin Olga Lenski
Horst Krause («Unter den Linden») als Polizeihauptmeister Krause
Jannik Schümann («Homevideo») als Jan Gottsched
Herbert Knaup («Die Sieger») als Prof. Henner Gottsched
Lotte Flack («Bella Australia») als Hanna Löns
Christina Große («Weissensee») als Barbara Löns
Rainer Strecker («Einsatz in Hamburg») als Andreas Löns
Kritik
„Eine andere Welt“ ist in vielerlei Hinsicht eine typische Ausgabe der «Polizeiruf 110»-Reihe: Zwar ist durchaus eine gesellschaftlich relevante Ebene vorhanden, um die man den Kriminalplot herumbaut, doch es bleibt beim typischen Kratzen an der Oberfläche, da eine inhaltliche Vertiefung kaum stattfindet. Ferner findet die übliche rigorose Einteilung in Gut und Böse statt, die von eindimensional entworfenen Charakteren verkörpert wird, ohne dass Zwischentöne zugelassen werden.
Es ist schon erstaunlich, wie einfallslos und klischeehaft Drehbuchautor Clemens Murath die Dialoge entworfen hat, mit denen die Jugendlichen untereinander agieren. Wenn die Oberstufenschüler auf dem Pausenhof ihre Zigaretten rauchen und sich dabei darüber unterhalten, wie sie am Wochenende in der Disco ihre Mitschülerin unter Drogen gesetzt haben, um sie leichter vergewaltigen zu können, wirkt an der Szene alles berechnet und aufgesetzt, zu sehr auf suggestiv und letztlich doch nichtssagend getrimmt. Der Duktus, die Wortwahl, der gesprochene Inhalt – alles ist künstlich, ohne Authentizität, zu berechnet, zu sehr eine variationslose Inkarnation der stets verbratenen Jugendlichenklischees.
«Polizeiruf 110 – Eine andere Welt» (Regie: Nicolai Rohde) bedient sich am alltäglichen Krimi-Einerlei, der soliden Fernsehfilm-Hausmannskost und ackert stur die üblichen Plots und Charakterisierungen ab, ohne sich dem an sich relevanten und psychologisch interessanten Thema wirklich auf einer intellektuell würdigen Ebene nähern zu wollen. Stattdessen darf der gutmütige Dorfpolizist Sätze sagen wie „Ob unschuldig oder schuldig, die wahre Schuld liegt ganz woanders.“ Pathos um des Pathos willen. Die Prämisse hätte zweifelsohne mehr ermöglicht. Unter Anderem sicherlich auch eine deutlich sinnvollere als die hier gewählte unstimmige wie unbefriedigende Auflösung.
Immerhin hat man noch Maria Simon, die schon ganz andere Drehbücher noch auf ein erträgliches Niveau hochgezüchtet hat. In dieser Folge ist ihre Figur ganz stimmig entworfen, doch alles an dieser klischeehaften Mutter-zurück-im-Job-Situation bleibt in altbekannten Mustern stecken, ohne Simon die Möglichkeit zu bieten, irgendwo glänzen zu können. Bei all den schwarz-weiß-gemalten Episodenrollen ist dieses Problem noch deutlicher zu erkennen. Und damit verschenkt wieder einmal ein «Polizeiruf» nahezu alle dramaturgischen und inszenatorischen Möglichkeiten, die sich aus einer spannenden und relevanten Prämisse eigentlich ergeben hätten können.
Das Erste strahlt «Polizeiruf 110: Eine andere Welt» am Sonntag, den 23. Dezember 2012, um 20.15 Uhr aus.