«Million Dollar Shooting Star» beweist, dass ein für ProSieben konzipiertes Format bei Sat.1 nicht funktioniert. Manuel Weis über den kurz vor der Bedeutungslosigkeit stehenden Sender Sat.1 und warum Senderchef Nicolas Paalzow nur sehr begrenzte Möglichkeiten hat.
Die dritte Folge eines der größten Sat.1-Flops des Jahres, «Million Dollar Shooting Star», steht an – versteckt, am Mittwochabend nach dem Spielfilm «Forrest Gump» ab 23.15 Uhr. Wie aber konnte es wirklich zu diesem enormen Flop kommen, der nicht nur den Namen Bar Refaeli hierzulande angekratzt, sondern natürlich auch Sat.1 einen weiteren Dämpfer verpasst hat. Um dies zu erklären, muss bis ins Jahr 2008 zurückgegangen werden, als trotz heftigem Widerstand der Sat.1-Belegschaft entschieden wurde, den Sender von der Hauptstadt nach München umzusiedeln und direkt bei ProSieben und kabel eins unterzubringen.
In Fachkreisen ist derzeit immer häufiger von einem „Sat.1-Gefühl“ die Rede, das das Programm damals noch zu vermitteln wusste. Heute ist das eigentlich nur noch im «Sat.1 Frühstücksfernsehen» zu spüren und in Teilen des Fiction-Bereichs. Die Morgensendung kommt weiterhin aus Berlin und ist das letzte verbliebene Stück des „guten, alten Sat.1“ (und holt auch weiterhin deutlich zweistellige Marktanteile).
Die Verantwortlichen von Sat.1 haben heute größtenteils nichts mehr mit dem „alten Sat.1“ gemein – neuer Chef des Senders ist Ex-Produzent und Ex-ProSieben-Chef Nico Paalzow, der aktuell händeringend versucht, seinen Sender im Gesamtjahr 2012 bei den Werberelevanten auf ein zweistelliges Ergebnis zu bringen - eine inzwischen kaum mehr mögliche Aufgabe. Sein Sender müsste massiv zulegen - dieser Trend ist mit Blick auf das Programm der kommenden Tage aber nicht zu erwarten. Aktuell liegt man bei 9,9 Prozent und würde die psychologisch wichtige Marke somit verfehlen. Wohl auch deshalb gelang es Sat.1 das eigentlich für ProSieben produzierte Modelformat loszueisen.
Und da beginnt das Problem: Aktuell wird aus der Not heraus Programm von anderen Sendern zusammengetragen, in der Hoffnung Quotendellen auszubügeln. Das kann aber nicht funktionieren. So wie sich «Million Dollar Shooting Star» präsentiert, trifft es nicht die Lebenswirklichkeit des klassischen Sat.1-Zuschauers. Die Sendung, die im Übrigen gut produziert ist, an tollen Schauplätzen gedreht wurde, gleicht einfach zu sehr der ProSieben-Marke «Germany’s Next Topmodel». Bar Refaeli hat trotz ihres internationalen Status in Deutschland nicht den Stellenwert einer Heidi Klum und zudem ist in der Sendung auch noch Peyman Amin, der schon vor Jahren bei den «Topmodels» zu sehen war und später auch eine weitere, eigene Model-Sendung bei der roten Sieben hatte.
„Unique“ ist also anders. Dabei ist „unique“ genau das, was Sat.1 aktuell so dringend benötigt. Neue, eigene Ideen – so wie es sie damals unter Geschäftsführer Roger Schawinski gab. Der machte komplett eigene Projekte und holte sich nicht Produktionen von kabel eins und ProSieben ins Line-Up. Das Jahr 2012 wird ein gebrauchtes Jahr für Sat.1 bleiben – 2013 aber wird viel entscheidender. Es wird sich zeigen, ob dem Sender der Turn Around gelingt oder ob die einstige private Nummer 2 hinter RTL noch weiter in der Bedeutungslosigkeit versinkt.
Eine Bedeutungslosigkeit, die dann von den Konzernchefs auch zugelassen wird. Die Programmmacher von Sat.1 brauchen nun zu allererst mal Geld, um Ideen großflächig umsetzen zu können und auch das Risiko einzugehen, Flops zu landen. Mit den kürzlich freigewordenen Geldern (Champions League) haben sich aber die Investoren die Taschen voll gemacht. Holger Andersen, der in diesen Tagen für seine Quotenerfolge bei RTL II gefeiert wird, brauchte zwei Jahre um den richtigen Weg einzuschlagen. Zuvor hagelte es auch für ihn einige Niederlagen. Wenn Sat.1 wirklich eine so große Bedeutung im Konzern hat, wie immer behauptet wird, dann muss das Programm des Senders auch wieder etwas kosten dürfen. Ob das im kommenden Jahr der Fall sein wird, scheint momentan doch recht fraglich.
Es hat den Anschein als würden die Bosse – um die Marktanteilsverluste der bestehenden Sender aufzufangen – lieber kleine Free-TV-Ableger wie Sat.1 Gold starten. Das macht wirtschaftlich durchaus Sinn, schließlich spielt es durch die Digitalisierung und die damit einhergehende Fragmentierung des Programms, heute nicht mehr die große Rolle, ob eine Gruppe mit drei oder sechs Sendern auf ihren Gesamtanteil von 28 Prozent bei den Zuschauern kommt. Fernsehnostalgikern aber tut das weh. Sie wünschen sich eine Stärkung des echten und einstigen Sat.1. 2013 wird ein wichtiges Jahr – ob die Richtung aber stimmt, wird sich erst noch zeigen.