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Popcorn und Rollenwechsel: Wie man Blockbuster-Regisseur wird

Wie man am Beispiel Quentin Tarantinos lernt, welche Wege zu Bockbusterangeboten führen ...

Wenn einem Filmemacher der Aufstieg vom Independentkino zum hochpreisigen Blockbusterfilm gelingen soll, so muss er sich mit einer Reihe von Erfolgen hocharbeiten. Sollte man meinen. Es beginnt mit einem günstigen Drama, das die Programmkinobesucher begeistert, es folgen ein oder zwei (oder noch mehr) etwas teurere Filme, die im Mainstream ankommen, und dann kann ein Filmemacher damit rechnen, dass ihm die großen Studios einen Haufen Geld für einen Blockbuster anvertrauen. Sollte man meinen.

Beispiele dafür gibt es wie Sand am Meer: Guy Ritchie drehte erst im Underground der britischen Filmwelt und ergatterte sich mit «Bube, Dame, König, grAS», «Snatch» oder «Rock N Rolla» Kultstatus, bevor er «Sherlock Holmes 1 & 2» drehte. Bevor Gore Verbinski das Big-Budget-Abenteuer «Fluch der Karibik» anvertraut bekam, erwies er sich mit den kleineren Produktionen «Mäusejagd» und «The Mexican» als solider Regisseur und mit «The Ring» als jemand, der hohe Geldsummen in die Studiokassen bringen kann. Auf der Gegenseite kann ein enormer Flop einen Regisseur unfähig machen, sich hohe Budgets und das Vertrauen von Geschäftsführern zu sichern. Tricklegende Don Bluth lieferte nach dem Flop «Rock-a-Doodle» von 1991 mehrere spottbillige, ambitionslose Zeichentrickfilme ab, erst 1997 hatte er mit «Anastasia» wieder einen aufwändigeren Film zu bieten, der zugleich auch ein Erfolg wurde. Das auf diesem Hit basierende Vertrauen verfeuerte er drei Jahre später mit dem Sci-Fi-Trickfilm «Titan AE», der ein so großer Misserfolg wurde, dass Bluth seither keinen Kinofilm mehr rausbringen konnte. Arthur Hiller, Regisseur von «Love Story», beendete nach dem Megaflop «Fahr zur Hölle, Hollywood» aus dem Jahr 1998 vorübergehend seine Karriere, 2006 kam als Comebackversuch die Komödie «Pucked» auf DVD raus – und seither ist es um den Kanadier still geworden. Diese Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Kurzum: Erfolge öffnen in Hollywood Tür und Tor, Flops verschließen sie. Logisch. Sollte man meinen.

Doch die Wege Hollywoods erscheinen unsereins auf dem ersten Wege gerne unergründlich. Und so auch diesbezüglich, wie aus einem Regisseur abseits des Blockbusterkinos plötzlich jemand werden kann, dem die Studios aufwändige Großproduktionen anbieten. Hinsichtlich dessen können aufstrebende Filmregisseure nämlich eine Kleinigkeit von einem der kultigsten Kinoschaffenden unserer Zeit lernen, Oscar-Preisträger und Vielschwatzer Quentin Tarantino:

In einem Interview verriet Tarantino, dass ihn nach Jahren des Erfolgs die enttäuschenden Einnahmen von «Grindhouse» deprimierten, woraufhin er mit Kollegen wie Tony Scott und Steven Spielberg telefonierte, um sich aufmuntern zu lassen und Rat zu holen. Doch Tarantino war nach dem «Grindhouse»-Flop nicht der einzige, der ans Telefon ging: Studiobosse gingen erstmals überenergisch auf ihn zu, um ihm den Regieposten großer Blockbusterproduktionen anzubieten. Denn auch wenn er seinen ersten Misserfolg hinter sich hatte, so war er noch immer Quentin Tarantino, und den für seinen Studiofilm zu gewinnen, wäre ein überaus interessantes Aushängeschild. Nun, nach seinem ersten Flop, vermuteten ihn die Studiobosse in verletzlicher Verfassung, weshalb er erstmals fürs Studiosystem gewonnen werden könnte – sie glaubten, er hoffe darauf, mit einem massentauglichen Film einen sicheren Erfolg auf der Hand zu haben.

Tarantino jedoch weigerte sich, eine große Studio-Auftragsarbeit anzunehmen und setzte sich endlich daran, sein «Inglourious Basterds»-Drehbuch zu beenden. Womit das finanzielle Scheitern von «Grindhouse» letztlich doch was Gutes hatte.
19.11.2012 08:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/60435
Sidney Schering

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Popcorn

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