Christoph Maria Herbst darf als der egozentrische Kreutzer wieder ermitteln. Julian Miller hat den Film vorab gesehen.
Inhalt
Mit voller Wucht und Absicht wird eine Ärztin in der Tiefgarage ihres Krankenhauses überfahren. Kreutzer kommt zum Tatort; die Mördersuche ist schließlich seien Profession. Und er kriegt sie alle. Auch wenn er und seine Assistentin Belinda im hektischen Klinikbetrieb auf Granit beißen.
Die toughe Ärztin Dr. Morée lässt sich von Kreutzer nicht beeindrucken. Aber er weiß, dass sie ein Geheimnis hat. Und Kreutzer wäre nicht Kreutzer, wenn er sich von ihr abschütteln lassen würde. Ebenso wenig von Chefarzt Professor Weltz oder Dr. Roehm, dem Ehemann des Opfers. Und was hat die schillernde Pharmavertreterin Lyss, die ihren Klienten offen anbietet, mit ihr ins Bett zu gehen, mit dem Mord zu tun? Oder ein verkommener Pfleger, der Ärztinnen vorgaukelt, Behandlungsfehler begangen zu haben, und damit von ihnen Sex erpressen will.
Darsteller
Christoph Maria Herbst («Stromberg») als Kreutzer
Rosalie Thomass («Mutter muss weg») als Belinda
Fahri Yardim («Almanya – Willkommen in Deutschland») als Dr. Roehm
Christina Hecke («Kasimir und Karoline») als Dr. Morée
Torben Liebrecht («Dr. Hope – Eine Frau gibt nicht auf») als Professor Weltz
Julia Dietze («Kunduz») als Lyss
Anja Antonowitz («Lindenstraße») als Schwester Ute
Kritik
Kinder, die in teuren Ming-Vasen feststecken. Hochzeitsgesellschaften, die sich auf den Gängen die Seele aus dem Leib kotzen. Haushaltsgegenstände, die in die verschiedensten Körperöffnungen eingeführt wurden und ohne ärztliche Hilfe nicht mehr zu entfernen sind. Die Notaufnahme ist die Endstation des ganz normalen Wahnsinns.
Dramaturgisch ist das für eine Komödie natürlich ein sehr ergiebiger Ort, kann man all diese irren Anekdoten, die Urologen und Proktologen auf Partys nach dem dritten Gin Tonic gern auspacken, in diesem Genre schließlich wunderbar verbraten. Die größten Lacher stellen sich ein, wenn man all diese bizarren Geschichten lediglich am Rande vorkommen lässt, ohne sie allzu ausufernd ins Rampenlicht zu stellen. Diesen Weg geht auch der zweite Teil der «Kreutzer kommt»-Reihe. Braut und Bräutigam stehen samt der üppigen Verwandtschaft auf dem Gang und übergeben sich, dass es nicht mehr feierlich ist, während Kreutzer an ihnen vorbeiläuft. Der experimentierfreudige Vorschuljunge wird im Hintergrund mit der Vase über dem Kopf vom Klinikpersonal durch die Gänge gezogen, mit der überforderten Mutter im Schlepptau, die noch „Vorsicht! Das ist Ming!“ schreien darf. Und an den fluoreszierenden Schirmen hängen Röntgenbilder von Intimbereichen, in denen Weiß-Gott-was vorgefunden wurde. Die Lacher sitzen.
Aber «Kreutzer kommt... ins Krankenhaus» (Regie: Richard Huber) ist wie sein Vorgänger mehr als eine bloße Klamauksammlung – alles andere wäre auch unter der Würde von Drehbuchautor Christian Jeltsch. Die Verflechtung von beißendem Humor mit starken Punchlines, komplexen Handlungssträngen und der gleichzeitigen Erzählung auch sehr tragischer Geschichten ist dramaturgisch nie einfach. Hier gelingt das jedoch fast ausnahmslos und die Symbiose all dieser Elemente fällt stimmig aus, obwohl die Kontraste zwischen allerhand absurder Albernheiten (Kreutzer und die notgeile Pharmavertreterin) und durchaus starkem Tobak (Der degenerierte Krankenpfleger nötigt die Ärztin sexuell; eine unheimlich erschütternd inszenierte Szene) sehr stark ausfallen. Die Mischung stimmt so gut, wie das in deutschen Fiction-Produktionen nicht oft der Fall ist.
Natürlich hat auch der Cast einen sehr hohen Anteil am Gelingen dieses Films. Allen voran natürlich Christoph Maria Herbst, der hier wieder zeigen darf, dass er mehr kann als «Stromberg». Das soll seine dortige Leistung nicht abwerten, doch gerade Schauspieler, die ihre Paraderollen so stark verkörpern und damit mit ihnen schon instinktiv assoziiert werden (oft für die Betroffenen eher ein Fluch als ein Segen), laufen oftmals in die Falle, typegecastet zu werden. Mit Kreutzer kann Herbst das wunderbar umgehen und eine neue Facette zeigen. Bis auf wenige Ausnahmen kann der Rest der Besetzung ebenso überzeugen und vor allem Julia Dietze und Fahri Yardim können positiv auffallen. Angesichts dieses hohen Niveaus dürfte Kreutzer ruhig öfter kommen.
ProSieben zeigt «Kreutzer kommt... ins Krankenhaus» am Samstag, den 20. Oktober 2012 um 20.15 Uhr.