Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 211: Eine Fußball-Sitcom, die vom produzierenden Sender auf die lange Trainerbank geschoben wurde.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir des Beweises, dass Football nicht gleich Fußball ist.
«Is’ was Trainer» erblickte am 27. Juli 1997 im ZDF das Licht der Welt, wurde jedoch schon rund drei Jahre zuvor vom Sender RTL geboren. Dieser versuchte – wie auch das ZDF - zu jener Zeit, das in den USA sehr beliebte Format der Sitcoms nach Deutschland zu überführen. Dabei konzentrierten sich beide Kanäle nicht auf die Entwicklung eigener Konzepte, sondern darauf, im Ausland erfolgreiche Exemplare zu importieren. Mit der deutschen Kopie von «Cheers», die den unglücklichen Titel
«Bistro, Bistro» trug, wagte das ZDF einen solchen Vorstoß bereits im Jahr 1993, scheiterte damit jedoch. Ein Hauptproblem dieser Serie bestand darin, dass man versuchte, für die adaptierte Grundkonstellation neue Drehbücher zu schreiben, was nicht gelingen wollte.
Die Verantwortlichen von RTL verfolgten zur gleichen Zeit einen ähnlichen, aber radikaleren Ansatz. Auch sie suchten Serien, die sie ins Deutsche übertragen konnten, übernahmen aber dabei nicht nur deren Konzepte, sondern auch deren Drehbücher wortgetreu und übersetzten lediglich ihre Sprache. In dieser Machart entstanden zuvor die Kopien von «Eine schrecklich nette Familie» und «Wer ist hier der Boss?», die unter den Namen
«Hilfe, meine Familie spinnt» und
«Ein Job fürs Leben» ausgestrahlt wurden. Nachdem die Resonanz nicht überragend war und es sich zeigte, dass die heimischen Zuschauer die amerikanischen Vorlagen bevorzugten, wagte man dann bei der Umsetzung von
«Corinna», einer Kopie von «Maude», doch einmal von einer Vorlage abzuweichen. Weil dies aber noch grandioser fehlschlug, entschied man sich anschließend erneut, eine 1:1-Übernahme einer US-Sitcom vorzunehmen.
Die Wahl fiel diesmal auf die Reihe «Coach», die seit 1989 auf dem Network ABC wöchentlich rund 15 Millionen Zuschauer anlockte und von einem engagierten Trainer eines College-Footballteams handelte. Zunächst waren in Deutschland vom Original lediglich 13 Folgen im samstäglichen Nachmittagsprogramm von RTLplus gelaufen, bevor ab April 1993 der Kanal RTL II 137 Folgen nachlegte und sie dabei in «Mit Herz und Scherz» umtaufte.
Die einzig wesentliche Änderung, die das Konzept für die deutsche Kopie erfuhr, war das Engagement des Trainers nicht mehr für ein Football-Team, sondern stattdessen für den fiktiven Zweitliga-Fußballverein FC Victoria 05. Die Titelfigur, für die im Original Craig T. Nelson mit einem Emmy ausgezeichnet wurde, übernahm in der Adaption der Schauspieler Klaus Wennemann. Er war zu jener Zeit dank seines Mitwirkens in den Kinoerfolgen «Das Boot» und «Abwärts» sowie seiner Hauptrolle in der ARD-Serie «Der Fahnder» ein beliebtes und bekanntes Gesicht. Nahezu parallel zur Sitcom übernahm er zudem die Hauptrolle in den Sat.1-Reihen «Schwarz greift ein» und
«Schwurgericht».
Wie auch beim Original wurden die Folgen vor einem Live-Publikum aufgezeichnet, womit jedoch die Darsteller nicht sonderlich glücklich waren. Vielleicht lag darin ein Grund, wieso das Ergebnis katastrophal ausfiel, denn wie Christiane Ruff, die Leiterin der Comedy-Abteilung von RTL, in einem Interview mit der Autorin Daniela Holzer bestätigte, fiel die Produktion bei zahlreichen Testvorführungen durch. Auch spätere Rezensionen bescheinigten dem Resultat eine miese Qualität. So bemängelte die Berliner Zeitung die „reichlich kindischen Duelle“ und den „klamaukigen Geschlechterkrieg“.
Als Folge nahm der Sender RTL von der Sitcom Abstand und versteckte sie in seinem Archiv. Dies gefiel Gerhard Schmidt, dem Produzenten des Formats, verständlicherweise nicht und er versuchte andere Fernsehanbieter für seine Sendung zu erwärmen. Schließlich stieß er beim ZDF-Unterhaltungschef Axel Beyer auf offene Ohren, der sich entschied, die Ausstrahlungsrechte von RTL zu erwerben. Der Deal sah vor, dass die komplette Serie vom ZDF innerhalb von drei Jahren zwei Mal gezeigt werden durfte.
Für ihren ersten Durchlauf – rund drei Jahre nach dem Ende der Dreharbeiten - programmierte man die Produktion auf dem etablierten Comedyslot am Sonntagabend gegen 22.00 Uhr. Dort lockten zuvor «Salto Postale» und
«Lukas» bis zu sieben Millionen Zuschauer an. An dieses Niveau konnte der Fußballtrainer zwar nicht anschließen, erzielte aber aller Unzulänglichkeiten zum Trotz immerhin Reichweiten um 3,5 Millionen Zuseher. Teilweise waren es sogar über vier Millionen. Eine zweite Staffel orderte das ZDF dennoch nicht. Zu lang war die Produktion bereits abgeschlossen. Mit seiner lizenzierten zweiten Wiederholung ab Herbst 1998 endete damit die Geschichte des Formats unwiderruflich.
«Is’ was Trainer» wurde letztlich am 31. März 1999 beerdigt und erreichte ein Alter von 25 Folgen. Die Serie hinterließ den Hauptdarsteller Klaus Wennemann, der nach dem Ende der Ausstrahlung noch einzelne Nebenrollen übernahm und zu Beginn des Jahres 2000 verstarb. Die US-Vorlage wurde übrigens kurz vor dem Ausstrahlungsbeginn der deutschen Kopie nach neun Staffeln und 200 Episoden eingestellt.
Möge die Serie in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der deutschen Version der amerikanischen Ur-Sitcom.