Mit «Premium Rush» erobern Fahrradkuriere in dieser Woche die Kinosäle. Außerdem startet der vierte «Paranormal Activity»-Teil.
«Premium Rush»
Fahrradkurier – dieser Job klingt langweilig, ist aber das genaue Gegenteil. In New York rasen die adrenalingetränkten Postboten mit Hochgeschwindigkeit durch die Rush Hour und kommen mit ihren Bahnrädern auch ohne Bremse und Gangschaltung aus. Diese Menschen leben am Limit – und daher ist es kein purer Zufall, dass Fahrradkurier Wilee (Joseph Gordon-Levitt) eines Tages an einen mysteriösen und hochbrisanten Auftrag gerät. Wilees Problem: Hinter dem Umschlag, den er in kürzester Zeit seinem Adressaten übermitteln soll, ist nicht nur ein Polizist (Michael Shannon) her, sondern auch organisierte Kriminelle. Bald befindet sich Wilee auf der Flucht und sieht nur einen Ausweg: den Umschlag zu öffnen und das Geheimnis seines Inhalts zu lüften.
Wie die Actionserie «24» spielt der Kino-Thriller «Premium Rush» in Realzeit. John DeFore vom „Hollywood Reporter“ hält diese „Herangehensweise der tickenden Uhr nicht so belebend pulpig wie bei «Snake Eyes» oder «Panic Room»“, allerdings werden die Kinogängen vom schnellen Tempo insgesamt zufrieden gestellt. Der Film gebe außerdem nicht vor, „sich für irgendetwas abseits des Adrenalin-Gefühls wichtig zu nehmen.“ Andreas Staben von „Filmstarts.de“ bewertet den Film ähnlich – als „einen schlanken, schnellen Action-Spaß ohne viel Schnickschnack.“ Hauptdarsteller Joseph Gordon-Levitt mache mit seiner Ausstrahlung „eine nicht ganz unproblematische Figur zum Sympathieträger“, doch ihr fehle letztlich „das gewisse Etwas, das über reine erzählerische Effektivität hinausgehen würde“. Bester Charakter des Films sei der „herrlich durchgeknallte Bösewicht“, porträtiert von Michael Shannon. „Mit intensivem Blick und der irren Logik des Getriebenen vertritt der vermeintliche Ordnungshüter eine ganz eigene Sicht auf die Regeln der Gesellschaft.“ Bemerkenswert ist für den Kritiker die visuelle Inszenierung der Fahrszenen: Regisseur David Koepp „zeigt uns zuweilen, was ihm alles passieren könnte, sollte er nur einmal einen falschen Schlenker machen: Vor Wilees innerem Auge laufen die verschiedenen Möglichkeiten und ihre Folgen ab – für uns werden gelbe Linien auf die Straße gezogen und wir sehen einige spektakuläre Crashs im Konjunktiv, denen der rasende Radler gerade noch einmal entgehen kann.“
OT: «Premium Rush» von David Koepp; mit Joseph Gordon-Levitt, Michael Shannon, Dania Ramirez.
«Paranormal Activity 4»
Fünf Jahre sind vergangen, seitdem Katie (Katie Featherston) ihre Schwester getötet und deren Kind Robbie gestohlen hat. Die beiden ziehen in eine neue Nachbarschaft und schon bald beginnt der Terror von vorn: Diesmal ist die Familie um die pubertierende Alice (Kathryn Newton) das Ziel der mysteriösen, dämonischen Aktivitäten. Könnte Robbie, der für einige Tage in Alices Haus wohnen darf, der Grund für das plötzliche Grauen sein?
Der nunmehr vierte «Paranormal Activity»-Film setzt nach den Geschehnissen im zweiten Teil um Katie an und präsentiert sich im bekannten Found-Footage-Stil. Viel Neues wagen die Macher der Reihe diesmal nicht, weshalb Kritiker einem Kinobesuch höchstens Fans der Reihe zuraten. Scott Weinberg von „FearNet“ konstatiert, „dass wir mit Teil vier die Phase ‚Nur für treue Fans‘ dieses Horror-Franchises erreicht haben. Ähnlich wie bei den späteren «Saw»-Sequels werden die «Paranormal Activity»-Nachfolger nun exklusiv für jene Leute produziert, die eine Halloween-Filmtradition brauchen.“ Dadurch, dass der neueste Teil ein Sequel und kein Prequel ist, können die Co-Regisseure Henry Joost und Ariel Schulman „Webcams als die Augen und Ohren der Zuschauer verwenden, und die meiste Zeit funktioniert dieses neue Gimmick.“ Positiv hebt der Kritiker zudem die jungen Hauptdarsteller hervor – „und außerdem scheint es, dass der erstmalige Drehbuchautor Zack Estrin über den Tropus des ‚Haunted House‘ hinausgehen und jenen des ‚Creepy Kid‘ einbringen wollte, und dies bringt eine relativ neue Richtung mit sich.“ Problematisch gestalten sich allerdings der Horrorfaktor, der in Teil vier einfach nicht mehr überraschend wirkt, wie Shaun Munro von „whatculture.com“ feststellt. „Mit lahmem Product Placement, voraussehbaren Schockmomenten und dem erbärmlichen Versagen, Antworten auf die drängendsten Fragen der Filmreihe zu geben, ist klar dass die «Activity» zu banal geworden ist für alle Zuschauer – außer die richtig harten Fans.“
OT: «Paranormal Activity 4» von Henry Joost und Ariel Schulman; mit Katie Featherston, Kathryn Newton und Matt Shively.«Gnade»
Dort, wo die Welt zu Ende geht, wagen die deutschen Auswanderer Niels (Jürgen Vogel), Maria (Birgit Minichmayr) und ihr Sohn Markus (Henry Stange) einen Neuanfang: in Hammerfest, Norwegen, wo im Dezember und Januar nur Dunkelheit herrscht und wo der Winter ein halbes Jahr andauert. Niels bekommt einen Job als Ingenieur, seine Frau arbeitet in einem Hospiz. Die gemeinsame Ehe kriselt jedoch immer mehr, trotz der frisch aufgebauten Existenz. Bald aber wendet sich das Blatt: Maria baut einen Autounfall, begeht Fahrerflucht und muss plötzlich mit dem Gewissen leben, einen Menschen getötet zu haben. Dieses Geheimnis, das Maria und Niels nun in sich tragen, scheint ihre Ehe auf perfide Weise wieder zusammenzuschweißen. Aber können sie wirklich mit Schuld und Selbstlüge leben?
Unsere Kinokritik zum deutschen Psychodrama «Gnade» finden Sie hier.
«Gnade» von Matthias Glasner; mit Jürgen Vogel, Birgit Minichmayr, Henry Stange.«Asterix und Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät»
„Wir befinden uns im Jahr 50 v. Chr. Ganz Gallien ist von den Römern besetzt… Ganz Gallien? Nein! Ein von unbeugsamen Galliern bevölkertes Dorf hört nicht auf, dem Eindringling Widerstand zu leisten.“ Diese Sprüche kann offensichtlich auch der römische Imperator Julius Caesar nicht mehr hören – und konzentriert seinen Feldzug auf Großbritannien, wo ebenfalls ein kleines Dorf erbittert gegen seine Eroberer kämpft. Die Königin Großbritanniens (Catherine Deneuve) schickt ihren Berater Teefax (Guillaume Gallienne) nach Gallien, um Hilfe zu besorgen. Asterix (Edouard Baer) und Obelix (Gérard Depardieu) lassen sich natürlich nicht lange bitten – die abenteuerliche Reise auf die Insel beginnt.
Der mittlerweile vierte «Asterix»-Realfilm (und der erste in 3-D) erobert die Kinoleinwände. Diesmal basiert die Geschichte größtenteils auf dem Comic «Asterix bei den Briten» von 1966 – einem Klassiker, der auch schon als Zeichentrickfilm realisiert wurde. Als Nebenstrang wurde das Abenteuer «Asterix und die Normannen» eingebaut. „Die Zeit“-Kritiker Martin Schwickert spricht von einem „unterhaltsamen Filmwerk […], das für die eingeschworenen Fans genug Wiedererkennungswerte bietet und junge Neueinsteiger mit einer flotten Mischung aus Humor und Action bei der Stange hält.“ Hinsichtlich der Qualität ordnet Schwickert den neuen Teil in der Mitte ein: „Tirards Gallierspektakel ist weitaus weniger zerfranst als der enttäuschende Vorgängerfilm «Asterix bei den olympischen Spielen» (2008), erreicht aber nicht die Klasse von «Mission Kleopatra» (2002), in dem Monica Bellucci als furiose Pharaonin Galliern wie Römern die Show gestohlen hat.“ Hanna Hauck spricht im „Tagesspiegel“ aber von einer eher schwächeren Verfilmung, die „erstaunlich nah an den gezeichneten Originalen“ bleibe. Schon bald nach dem Start schleppe sich der Film „eher schwerfällig dahin, und das eigentliche Geschehen verliert sich in konstruiert wirkenden Beziehungsdramen.“ Positiv hebt „Filmstarts.de“-Autor Andreas Staben die neue Besetzung des Asterix mit Schauspieler Edouard Baer hervor, der „die Rolle ungewohnt ernsthaft, manchmal fast träumerisch angeht. Das ergibt nicht nur einen netten Kontrast zum herzhaften Obelix (Gérard Depardieu ist einfach die Idealbesetzung und daher auch das einzige Überbleibsel aus den ersten drei Filmen), die Beziehung zwischen den beiden bekommt auch einen zärtlich-romantischen Unterton.“ Mit der „betulich-nostalgischen Erzählweise“ würden sich aber auch einige langweilige Momente einschleichen. So bleibe «Asterix und Obelix – Im Auftrag Ihrer Majestät» „in Maßen erfolgreich: visuell oft beeindruckend, mit liebevollen Details und vielen netten Ideen, aber auch mit Längen und einigen misslungenen Pointen.“
OT: «Astérix et Obélix: Au service de sa Majesté» von Laurent Tirard; mit Edouard Baer, Gérard Depardieu, Fabrice Luchini, Guillaume Gallienne, Catherine Deneuve.