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Peter Zwegat: 'Das hätte RTL keiner zugetraut'

Am Mittwochabend zeigt RTL ein Immobilien-Special von «Raus aus den Schulden». Peter Zwegat im Interview.

„Sie haben mich gerufen. Was kann ich für Sie tun?“ - Peter Zwegat gilt als Deutschlands bekanntester Schuldnerberater. Aktuell läuft bei RTL die bereits zehnte Staffel von «Raus aus den Schulden». Trotz Zuschauerverlusten im Vergleich zu den Anfangsjahren, sorgt Peter Zwegat weiterhin für schwarze Zahlen – beim Schuldner und im Quotenranking. Quotenmeter.de stellt den Mann mit Aktenkoffer und obligatorischer Flipchart vor, der seit einem Vierteljahrhundert als Schuldnerberater arbeitet…

Nach dem RTL-Thementag rund um das „arme, reiche Deutschland“ in der vergangenen Woche widmet sich Peter Zwegat an diesem Mittwoch ausnahmsweise mal nicht nur den finanziellen Sorgen einzelner Familien: In einem neuen «Raus aus den Schulden – Spezial: Wie viel Immobilie können Sie sich leisten?» weist der Experte auf die Chancen und Risiken beim Immobilienkauf hin. Durch seine langjährige Arbeit gibt der Schuldnerberater Tipps, was man beim Hauskauf beachten sollte. Seit 25 Jahren arbeitet der gelernte Sozialpädagoge als staatlich anerkannter Schuldnerberater in Berlin und leitet dort eine Beratungsstelle. Der 62-Jährige ist Geschäftsführer und im Vorstand eines gemeinnützigen Vereins mit Schwerpunkt Schuldnerberatung.

Diese arbeitet im Auftrag des Landes Berlin, sodass die Beratung für die Schuldner kostenlos ist. Quotenmeter.de fragte anlässlich der Jubiläumsstaffel mal augenzwinkernd nach: Waren Sie selbst auch schon mal in den Miesen, Herr Zwegat? „Ja, natürlich. Jeder zweite deutsche Haushalt ist verschuldet. Und wie das so ist im Leben, mal gewinnt man und ist erster, mal eben auch zweiter." Weit über 100 Folgen drehte der Berliner bereits für RTL, wo aktuell die zehnte Staffel läuft. Doch was macht den Erfolg der Sendung aus? „Viele Menschen sind davon betroffen oder kennen jemanden aus der Familie, dem es so geht. Sie erleben, dass es zwar den alten Sozialstaat nicht mehr gibt, erfahren aber auch, dass man sich Hilfe suchen muss und kann und dass es häufig einen Ausweg gibt. Wenn das glaubwürdig vermittelt und mit klaren Worten gesagt wird und die Betroffenen feststellen, dass eine helfende Hand gereicht wird, wenn man gefallen ist, dann sind die hohen Einschaltquoten kein Wunder. Oder: Ehrlichkeit, Beharrlichkeit und das Wort des Experten, dies alles mit einem Service-Teil versehen, das alles macht den Erfolg der Sendung aus. Insgesamt also Bildungsfernsehen als Unterhaltung verpackt und auf hohem Niveau. Das hätte RTL keiner zugetraut. Umso besser, dass es hier angesiedelt ist“, so der wohl bekanntester Schuldnerberater Deutschlands, der auch abseits der Kameras häufig erkannt wird:

„Ja, sehr häufig, manchmal bis zu 200 Mal am Tag, von Jung und Alt. Das ist nicht immer angenehm. Nach einem harten Arbeitstag von einem angetrunkenen Besserwisser um ein Foto gebeten zu werden, ist nicht der krönende Tagesabschluss in einer fremden Stadt.“

Über sechs Millionen Deutsche über 18 Jahren gelten laut RTL als überschuldet, sodass dem Sender die Protagonisten vermutlich nie ausgehen und Schuldnerberater nie arbeitslos werden. Peter Zwegat machte zunächst eine Ausbildung zum Verwaltungsbeamten und studierte dann in den 70ern. Der Diplom-Sozialpädagoge war anschließend im sozialen Bereich tätig, bis er im Jahr 1987 als staatlich anerkannter Schuldnerberater in der Hauptstadt anfing. Ein Vierteljahrhundert später ist der heute 62-Jährige immer noch leidenschaftlich dabei – mittlerweile bekanntlich auch vor der Kamera. Nicht nur deswegen ist der bekennende Hertha BSC-Fan ein gefragter Dozent.

Wenn der Mann mit seinem Aktenkoffer an der Haustür klingelt, steht es um die Hausbewohner finanziell bekanntlich nie rosig. Wie kann man bei all den Schicksalen nach der Arbeit noch abschalten? „Jede Krankenschwester, Feuerwehrmann oder Pfarrer hat das gleiche Problem und kann nicht mit jedem mitleiden. Wenn man seinen Beruf professionell ausübt, lernt man damit umzugehen. Natürlich gibt man den Kummer der Anderen nicht einfach an der Garderobe ab, sondern nimmt das eine oder andere mit nach Hause, wägt ab und gibt sich am nächsten Tag die gleiche Mühe. Ich arbeite seit über 40 Jahren im sozialen Bereich, davon mehr als 20 Jahre in der Schuldnerberatung. Das stählt, auch und gerade die Nerven", so Peter Zwegat.

Der Berliner sagt über sein eigenes Konsumverhalten, er lebe eher sparsam. Der Trend sieht leider anders aus: Zuletzt veröffentlichte die Bundesregierung den aktuellen Armutsbericht, der dem Land kein gutes Zeugnis ausstellt. Was treibt so viele Menschen in die Schuldenfalle, Peter Zwegat? „In der Regel sind es die unvorhersehbaren Ereignisse wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit, Krankheit und Scheidung oder Trennung vom Partner. Dies umso mehr, wenn vielleicht der eine oder andere beim Konsumieren etwas unvorsichtiger war." Was rät der Experte der Politik, damit die zukünftigen Armutsberichte besser ausfallen? „Die Schuldnerberatung müsste in Deutschland flächendeckend ausgebaut und als soziale Grundsicherung bezuschusst werden. Wartezeiten von ein bis anderthalb Jahre sind skandalös und treiben Betroffene geradezu in die Hände von ´Neppern, Schleppern und Bauernfängern´, die es immer gerade da gibt, wo die Not besonders groß ist. Und damit nicht alles beim Staat hängen bleibt, könnte die Finanzindustrie mit einem so genannten Schuldenpfennig bei der Finanzierung der Beratungsstellen helfen,", so Peter Zwegat, der auch glaubt, dass Schulden bis heute meist tot geschwiegen werden: „Geld, das man verdient, erst recht aber die Schulden, sind eines der letzten Tabu-Themen unserer Gesellschaft. Das schweigt man häufig bis zum bitteren Tod. Je früher man lernt, richtig mit Geld umzugehen, desto besser. Heranwachsende sollten von zu Hause mitbekommen, dass man nicht umsonst wohnt und dass Geld, das aus einem Automaten kommt, irgendwie da vorher reingekommen sein muss.“ Andernfalls muss Deutschlands bekanntester Peter Zwegat wieder ran.
17.10.2012 09:45 Uhr Kurz-URL: qmde.de/59801
Benjamin Horbelt

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Raus aus den Schulden

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