Wenn sie gerade schon einmal dabei sind: Wo soll noch die letzte Klappe fallen? Bei welcher ZDF-Serie wäre ein Ende nicht so schlimm? Unsere Redakteure nennen ihre Favoriten - aber: Alles nicht zu ernst nehmen...
Manuel Weis, Chefredakteur Quotenmeter.de
Wenn der neue ZDF-Programmchef Norbert Himmler schon dabei ist, zahlreiche alteingesessene Formate zu beenden, dann wird er sicherlich auch bald zur Überprüfung der erst jüngst gestarteten Sendungen kommen. Und da gibt es eine dringende Empfehlung in Sachen Einstellung – noch dringender als das Ende der «Rosenheim-Cops»: Da Quoten ja keine Rolle bei diesen Überlegungen spielen, sondern hauptsächlich die neue, angestrebte Ausrichtung des Zweiten, müssen «Die Garmisch-Cops» wieder gehen. Noch mehr „Heiter, tödlich»-Schmunzelhumor mit abstrusen Geschichten und sich neckenden Kommissaren braucht der Vorabend einfach nicht. Wer die schöne Landschaft Garmisch-Partenkirchens sehen möchte, darf auf die Web-Cam der Stadt zurückgreifen – die Geschichten in der Serie bringen es sowieso nicht. Und wenn stattdessen dort eine innovative Dramaserie ausgetestet würde, wär es gleich noch besser.
David Grzeschik, Redakteur Quotenmeter.de
Schade! Das Format, bei dem eine Absetzung langsam überfällig wird, soll - wie die „Bild am Sonntag“ am vergangenen Wochenende berichtete - nicht eingestellt werden: «Der Bergdoktor». Die Arztserie, die in den 90er Jahren von Sat.1 ausgestrahlt und vor einigen Jahren vom ZDF neu aufgelegt wurde, funktioniert quotenmäßig nämlich hervorragend und ist zuletzt sogar beim jungen Publikum mit immer wieder soliden Werten hervorgestochen. Keine Ahnung, warum sich bis zu sechseinhalb Millionen Menschen diese Serie in Spielfilmlänge antun, die aus Geschichten besteht, die so oder so ähnlich alle schon irgendwie gewesen sind. Aber die Absurditäten fangen erst an.
Die Handlung ist gerne mit der einen oder anderen Logiklücke gesäumt. Das Wort Plausibilität – so hat man manchmal den Eindruck - können die Autoren gerade einmal buchstabieren. Die handelnden Personen erfüllen selbstverständlich alle denkbaren Klischees, die man ihnen im Volksmund zuschreiben würde, und passen somit perfekt in die Welt des «Bergdoktors» – leider aber auch nur in die. Der Konflikt kann so dramatisch und zugespitzt wie sonst sein, spätestens gegen 21.35 Uhr folgt die 180-Grad-Wende und das obligatorische Happy End, ohne das vermutlich reihenweise Zuschauer wegbrechen würden. Hurra, heile Welt!
In Zeiten zunehmender Probleme wie Altersarmut und anhaltender Eurokrise scheinen sich die Menschen nach einer solchen Wattebäuschenwelt ohne zu viel Hektik zu sehnen, und sei sie auch nur für 90 Minuten vorhanden. Einzig sehenswert sind eventuell die Landschaftsaufnahmen – aber wieso da nicht gleich eine vernünftige Dokumentation schauen. Aufgrund all dieser Mängel ist für zahlreiche Kritiker der Blick auf die Quote sicher nicht leicht zu verdauen. Aber das sind wir ja vom deutschen Fernsehen gewohnt…
Sidney Schering, Redakteur Quotenmeter.de
Absetzungsboom in Mainz. Norbert Himmler sägte bereits mehrere Traditionsserien des ZDF ab, und so schnell muss der Programmdirektor damit nicht aufhören. Natürlich ist es immer traurig, wenn es die Lieblingsserie von jemanden erwischt, aber das ZDF bietet so viele Serien, die kaum jemand abgöttisch liebt. Stattdessen werden sie vielleicht gerne gesehen, doch ohne sie würde niemand zusammenbrechen. Sowas kann man abreißen, um Platz für neues, besseres zu schaffen. Wieso nicht eine der unzähligen, sich selbst die Storys wegschnappenden «SOKO»-Serien einstellen, um etwas freches, mutiges zu machen? Fans hätten bei der Menge an «SOKO»s ein sehr großes Auffangnetz, es gibt also genug altbekanntes Serienfutter, um neben den Neuheiten auch programmplanerischen Halt zu garantieren. Das ZDF weist uns mit dem Slogan "Sieh's mal neo" auf seinen jungen, digitalen Ableger hin. Nun kann sich das Zweite Deutsche Fernsehen selbst an diesem Slogan orientieren. ZDF, mach's mal neo!
Jan Schlüter, Redakteur Quotenmeter.de
Allzu viele Formate bleiben nach der schnellen Absetzung oder Beendigung mehrerer, vermeintlich altbackener Serien gar nicht mehr übrig, die das ZDF noch einsparen könnte: «Der Alte» ist ein solcher Klassiker, allerdings wohl durch die kürzliche Neubesetzung der Hauptfigur einer mit Perspektive im Programm. Überraschend ist, dass das ZDF mehrere Vorabend-Formate, die ein gewisses treues Stammpublikum hatten, abgesetzt hat, dafür aber insgesamt sieben Serien der formalisierten «SOKO»-Reihe weiterhin im Programm behält. Zwar sind diese allesamt erfolgreich, aber nicht unbedingt beliebter bei den jüngeren Zuschauern, welche das ZDF zunehmend ansprechen will. Problematischer als die Quote ist aber die Ideen- und Kreativlosigkeit, die man im Vorabendprogramm offenbart und die verhindert, dass bestimmte Zielgruppen das ZDF überhaupt als Sender-Alternative wahrnehmen. Was könnte helfen gegen die Ideenlosigkeit? Wie immer: eine Kommission. Deren Ergebnisse könnte ZDF-Programmchef Norbert Himmler gleich höchstpersönlich on air verkünden – bei «Was nun?» im Gespräch mit Chefredakteur Peter Frey. Dieser Schritt wäre doch mal kreativ…
Julian Miller, Redakteur Quotenmeter.de
Leipzig, Kitzbühel, Wismar, Köln, Stuttgart, das Donau-Gebiet und dann sind da noch die alten Haudegen aus der 5113-Abteilung: ZDF-Vorabend, einig «SOKO»-Land. Angesichts dieser massiven Übersättigung und der nicht vorhandenen Unterscheidbarkeit der einzelnen Reihen voneinander durchaus ein Anhaltspunkt, hier den Rotstift anzusetzen.
Doch es gibt noch mehr Möglichkeiten: Schließlich besteht die ZDF-Fiction mit der Ausnahme mancher Montagsfilme ohnehin zum größten Teil aus purem Eskapismus. «Rosamunde Pilcher», «Dora Heldt», «Inga Lindström» könnten aus Sicht der meisten Kritiker sicherlich ganz weg - doch wir wollen ja nicht zu revolutionär sein. Hier geht's ja schließlich um den Hauptsender, nicht um die Spartenkanäle. Aber vielleicht ist ja ein Kompromiss möglich: einmal weniger Rosamunde, Dora und Inga pro Jahr und dafür einen Film mit narrativer Ambition und einem qualitativen Mindestanspruch? Wäre doch sicher auch 'ne Möglichkeit. Vor allem, wenn man die entsprechenden Zielgruppen weiter bedienen, sich gleichzeitig jedoch - wie es angesichts der derzeitigen Absetzungswelle scheint - für ein jüngeres Publikum öffnen will.
Wenn das gelingen soll, reicht es jedoch nicht, Formate abzusetzen. Das ist nur der erste Schritt. Der zweite besteht darin, neue Konzepte für eine junge, anspruchsvolle Zuschauerschaft zu entwickeln. Und da muss das ZDF erst beweisen, dass es das kann.