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Die Kino-Kritiker: «96 Hours - Taken 2»

Die Fortsetzung zu «96 Hours» bietet mehr vom Gleichen, verpackt dies aber erneut äußerst spannend.

60 Jahre und noch lange nicht genug. Der oscarnominierte Ire Liam Neeson («Schindlers Liste», «Batman Begins») möchte es auf seine „alten“ Tage anscheinend noch einmal richtig wissen. So hat der Schauspieler vor allem in letzter Zeit noch einmal verstärkt das Actiongenre für sich entdeckt, was er zuletzt in Filmen wie «Battleship» oder «Das A-Team - Der Film» auslebte. Die Initialzündung hierfür bildete dabei aber wohl der kompromisslose und inzwischen Kultstatus genießende Thriller «96 Hours» aus dem Jahr 2008, in dem Neeson als Ex-CIA-Agent im Alleingang halb Paris auseinander nahm, um seine von einem Menschenhändlerring entführte Tochter aufzuspüren und wohlbehalten nach Hause zurück zu bringen.

Seitdem konnte sich der vielseitige Mime vor Rollenangeboten im Actiongenre kaum retten. Nun führt es ihn mit «96 Hours - Taken 2» schließlich gar zurück zu jenem nicht unbedeutenden Schritt in seiner Schauspielkarriere. Dabei machte Produzent und Co-Autor Luc Besson («Léon - Der Profi», «Das fünfte Element») kaum einen Hehl daraus, dass diese Fortsetzung nach dem Überraschungserfolg des ersten Teils vor allem des Geldes wegen entstanden ist. Inhaltlich hätte es den zweiten Teil, wie es so oft bei Sequels der Fall ist, in der Tat nicht gebraucht. Dennoch bietet auch «Taken 2» über weite Strecken elektrisierende, wenn auch recht überraschungsarme Hochspannung.

Die Handlung setzt dabei einige Monate nach «96 Hours» an. Bryan Mills (Neeson) versucht ebenso wie seine Ex-Frau Lenore (Famke Jansen) und seine Tochter Kim (Maggie Grace) nach den traumatischen Erlebnissen des ersten Teils ein normales Leben zu führen. Währenddessen ahnen sie jedoch nicht, dass die Angehörigen derer, die Mills einst im Zuge der Rettung seiner Tochter zur Strecke brachte, allen voran der finstere Murad Hoxha (Rade Šerbedžija), ihre grausame Rache an dem ehemaligen Geheimagenten planen. Als es Mills für einen Einsatz als Personenschützer nach Istanbul verschlägt und er kurzerhand auch seine Familie für einen Trip in die türkische Stadt einlädt, werden sie dort schließlich von Murads Männern aufgespürt, denen es gelingt, Bryan und Lenore zu entführen. Kim kann sich nach einem Anruf ihres Vaters jedoch vorerst in Sicherheit bringen und macht sich daran, dessen Instruktionen zu befolgen, um ihre Eltern zu retten.

Auch wenn die Autoren Luc Besson und Robert Mark Kamen sowie der diesmal Pierre Morel auf dem Regiestuhl ersetzende Olivier Megaton («Transporter 3», «Colombiana») zunächst etwas bemüht versuchen, mit jenem Handlungsdreh die vom ersten Teil bekannte Ausgangssituation ein wenig zu variieren, verlassen sie sich bald durchweg auf das bewährte Rezept des Vorgängers, das vor allem darauf basierte, Liam Neeson in schonungslosen Auseinandersetzungen durch die Horden seiner zahlenmäßig weit überlegenen Kontrahenten fegen zu lassen. Das ist nun wohl zugleich die größte Stärke und Schwäche der Fortsetzung. Einerseits erzeugt die erneut spürbar in den Vordergrund tretende physische Komponente nicht zuletzt aufgrund der Brutalität des Geschehens auch hier eine beeindruckende Intensität. Rasante und aufgrund des großzügig aufgestockten Budgets noch etwas ausschweifendere Actionsequenzen sowie packende und teils großartig choreographierte Nahkämpfe, die bereits den ersten Teil auszeichneten, wissen auch diesmal sehr zu gefallen und die Aufmerksamkeit des Zuschauers hochzuhalten.

Auf der anderen Seite beschleicht einen trotz der Sogkraft der Ereignisse hin und wieder das Gefühl, nur einen Aufguss des Vorgängers vor sich zu haben. Die Handlung ist abseits der angedeuteten Abweichungen in ihren Grundzügen die gleiche. Und auch inszenatorisch machen sich, abgesehen von kleinen, durch den Regiewechsel bedingten originellen Einfällen, wenig essentielle Unterschiede bemerkbar. Überraschungen sucht man somit vergebens. Das raubt dem Ganzen ein Stück weit auch den Reiz des Neuen, von dem der erste Teil noch profitieren konnte und wodurch nun die Wucht des Sequenz bisweilen merklich zu leiden hat. Selbst der Wechsel der Stadt bietet dabei nur in einem vergleichsweise geringen Maße eine gewisse Abwechslung. So rückt deren Charakter eher in den Hintergrund, sodass sie, wie schon zuvor Paris, eher als nett anzusehende Bühne für Liam Neesons One-Man-Show dient. Die hat es dafür, wie bereits erwähnt, zweifellos erneut in sich. Mit einer ungebrochen erstaunlichen Präsenz macht er als knallharter Berserker erneut kurzen Prozess mit seinen Widersachern.

Da bremst es das grundsätzlich hohe Tempo fast schon ein wenig aus, dass nun auch Mills’ Familie und insbesondere seine Tochter, jetzt noch aktiver in die Geschehnisse eingebunden wird. Die dadurch wohl intendierte stärkere Betonung einer emotionalen Komponente funktionierte im ersten Teil auch mit den spärlicheren Auftritten der anderen Familienmitglieder recht gut, wenn auch nur angedeutet. Die präsentierte Familiendynamik an sich, in Kombination mit Liam Neesons einnehmendem Spiel, reicht jedoch immerhin, um ein grundlegendes Interesse am Schicksal der Figuren aufrechtzuerhalten. Generell krankt es aber trotzdem an einer ausgefeilten Charakterzeichnung. Zwar hat man sich zwischenzeitlich, zumindest im Fall der Hauptfiguren, durchaus bemüht, diesen etwas mehr Facetten zu verleihen, doch bleiben jene Versuche am Ende meist sehr oberflächlich oder weitestgehend irrelevant. Auf der Seite der Bösewichte sucht man so etwas wie eine wirkliche Charakterisierung dagegen gar vergeblich. Das in diesem Kontext entworfene Bild der Albaner erweist sich ebenso wie Mills’ Vorgehen bei genauerem Hinsehen auch hier mitunter sogar recht fragwürdig.

Die Zweifel an «96 Hours - Taken 2» sind durchaus berechtigt. Und das nicht nur aufgrund des hirnrissigen „deutschen“ Titels. Wie bei vielen anderen Fortsetzungen auch, standen hier vor allem finanzielle Überlegungen an erster Stelle. Blendet man diesen Umstand allerdings erfolgreich aus, bietet auch die Fortsetzung zu «96 Hours» durch seine konsequente, wenn auch nicht mehr ganz so intensive, Stoßrichtung eine Menge Spaß. Liam Neeson lässt im Alleingang die in einer ähnlichen Altersgruppe angesiedelten «Expendables» des Öfteren in der Tat alt oder besser gesagt noch älter aussehen. Auch wenn «Taken 2» im Grunde kaum etwas Neues zu bieten hat, zeigt der Film damit doch gerade das, wovon viele Fans des ersten Teils noch mehr sehen wollten. Für den aufgrund des erfolgreichen US-Starts wohl unvermeidlichen dritten Teil wären allerdings ein paar frischere Ideen durchaus wünschenswert. Nach dem trotz des hohen Unterhaltungsfaktors im Grunde aber eher unnötigen zweiten Teil, wäre jedoch auch ein kompletter Verzicht auf die Realisierung einer weiteren Fortsetzung zu verschmerzen, wird doch selbst ein noch einmal zu Hochform aufgelaufener Liam Neeson nicht jünger.

«96 Hours - Taken 2» ist seit dem 11. Oktober in vielen deutschen Kinos zu sehen.
12.10.2012 10:05 Uhr Kurz-URL: qmde.de/59709
Markus Trutt

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96 Hours

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