So weit ist es schon gekommen: Ein Londoner Kino beschäftigt Ninjas, um für Ruhe im Saal zu sorgen.
Lautes Popcornmampfen hinter mir. Lärmendes Trinkbecherleerschlürfen neben mir. In der Reihe schräg vor mir checkt die stark parfümierte Dame via Smartphone alle zehn Minuten ihre Facebookseite. Und tatsächlich telefoniert ihr Freund zur Mitte des Films. „Nein, ich habe gerade keine Zeit. Ja, wir kommen in einer Stunde zur Einweihungsfeier. Nein, schon in Ordnung, fangt ohne uns zu essen an!“ Parallel dazu artet in meiner Sitzreihe eine Diskussion über die Motivation des Leinwandhelden in eine schwere Debatte darüber aus, wie dringend die zwei gerade plappernden Zankhähne eine Beziehungspause brauchen. Wer „Pssst!“ dazwischenruft, wird angeguckt, als sei er ein Menschenschinder.
Das kollektive Erlebnis des Kinobesuchs wertet das Sehvergnügen im Regelfall auf, aber manchmal erwischt man einfach das falsche Publikum und alles kommt zusammen. Gibt es in solchen Unglücksfällen denn kein Kraut, das gegen diese Nervensägen gewachsen ist? Möglich wären immerhin folgende Mittel: Böse Blicke, ein harscher Tonfall und ... Ninjas! Ja, Ninjas. Das ist keine Fantasie aus einem B-Movie, sondern skurrile Realität. Das Prince Charles Cinema, ein Lichtspielhaus in London schuf einen neuen Arbeitsplatz und bietet filmbegeisterten Freiwilligen die Möglichkeit, sich in schwarze Ganzkörperanzüge zu zwängen und dem Filmpublikum Benehmen beizubringen.
Die im Dunkel des Kinosaals nahezu unsichtbaren Anstandswächter verstecken sich im Saal und gehen auf Leute zu, die gegen die Filmetikette verstoßen, etwa durch Telefonate oder lange, laute Gespräche mit ihrem Sitznachbarn. Dies soll durch den Schreckeffekt und das ominöse Auftreten der Benimmninjas eine einschüchternde und somit belehrende Wirkung haben.
Es klingt im ersten Moment extrem, zu solchen Mitteln zu greifen, um für Ordnung in Kinosälen zu sorgen. Aber in Zeiten, in denen die ersten Kinos und Theater spezielle Vorführungen anbieten, in denen Handynutzung erlaubt wird, ist es notwendig, gegen die weit verbreitete „Ich darf in meiner Freizeit machen, was ich will, wenn es dich stört, guck dir den Film woanders an, Penner!“-Attitüde anzukämpfen. Neu ist diese Idee außerdem eh nicht, wenngleich die Ninja-Anzüge ein modernes Gimmick darstellen: In den Anfangszeiten des Kinos gab es noch Platzanweiser, die nach Beginn des Films nicht nur dafür sorgten, dass Toilettengänger rasch zu ihrem Platz zurück finden, sondern auch unerzogene Besucher auf ihr Verhalten hinwiesen. Und sie gegebenenfalls aus dem Saal gebeten haben.
Nicht jedes Kino wird diese Erziehungsmaßnahmen benötigen. Doch manche Städte sind, insbesondere am Wochenende und bei sehr populären Filmen, anfällig für Störenfriede. Ein freundlicher, wenngleich effektvoller, Hinweis könnte da Wunder wirken.