Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 209: Die verwirrte Vermissten-Show von Arabella Kiesbauer.
Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir der zweiten Abendshow von Arabella Kiesbauer.
«Arabella sucht» wurde am 07. November 2000 auf ProSieben geboren und entstand rund drei Jahre nachdem die skandalbehaftete Late-Night-Show der Talkmoderatorin Arabella Kiesbauer wegen geringer Zuschauerresonanz eingestellt wurde. Weil Kiesbauer aber zu dieser Zeit mit ihrem nachmittäglichen Daily Talk noch immer ein Aushängeschild des Senders war und ihr Vertrag weitere Formate vorsah, wagte man den erneuten Versuch, eine abendliche Show mit ihr zu etablieren.
Während bei
«Arabella Night» noch die Sat.1-Sendung
«Schreinemakers Live» als Vorbild diente, orientierte man sich nun am Klassiker «Bitte melde Dich», der ebenfalls aus dem Hause Sat.1 stammte. Das war insofern konsequent, als dass die im Jahr 1998 eingestellte Vorlage von der gleichen Produktionsfirma wie das neue Programm stammte.
Wie der Name es vermuten lässt, ging es darum, vermisste Menschen wiederzufinden, die von ihren Verwandten aus den Augen verloren oder komplett verschwunden waren. Weil es sich nun jedoch laut Produktionsfirma um eine „konsequente Weiterentwicklung“ des ursprünglichen Konzepts handelte, suchte Arabella nicht mehr nur vermisste Menschen, sondern auch Zeugen von Unfällen, freilaufende Mörder, mögliche Erben, potentielle Organspender und sogar neue Herrchen für Haustiere. Kurz, die Neuauflage der Sendung machte aus ihr ein Sammelsurium an bunten und tragischen Geschichten, die abseits des Umstands, dass irgendjemand irgendetwas suchte, nicht zusammen passten. Kiesbauer rechtfertigte diese breite Ausrichtung vorab in einem Interview mit dem SPIEGEL damit, dass die Show nicht zum Weinen sein solle: „Neben den ernsten Themen haben wir auch bunte Elemente im Programm. Wir suchen zum Beispiel eine erste Liebe, die jemand nicht vergessen kann.“
Pro Ausgabe präsentierte sie sechs Fälle, die zunächst durch einen Einspielfilm eingeführt und dann mit dem Gespräch von Beteiligten im Studio abgeschlossen wurden. Weil das Format live ausgestrahlt wurde, konnten die Zuschauer sachdienliche Hinweise direkt an die Redaktion geben, um auf diese Weise an der Aufklärung beteiligt zu sein. Tatsächlich meldete der Sender am Tag nach der ersten Ausgabe bereits große Erfolge. So hätten sich für den todkranken Jungen Thomas zwar kein geeigneter Spender, aber dafür drei Familien gefunden, in denen ähnliche Fälle aufgetreten wären und mit denen man sich nun austauschen könne. Für Ivonne Juros, die eigentlich auf der Suche nach ihrer Adoptivmutter war, hätte sich zwar auch diese nicht gemeldet, dafür aber immerhin ihre leibliche Schwester und ein Onkel. Dies waren zwar nicht die ursprünglich gewünschten Ergebnisse, aber solche Resultate reichten einigen Mediendiensten dennoch, um euphorisch zu vermelden, dass «Arabella sucht» erfolgreicher als «Aktenzeichen XY ungelöst» sei.
Die Übertreibung der spärlichen Erfolge der Premiere sowie ihre wahllose Zusammenstellung wurde auch von vielen Kritikern bemängelt. Sie warfen der Show zudem einen konfusen Ablauf, zu große Hektik, überzogene Dramatik und die reißerischen Einspielfilme vor. Die Berliner Zeitung beschrieb sie beispielsweise als „Emotionalität mit dem Holzhammer“ und die taz urteilte, dass sich über dem Bildschirm „Not und Elend“ ergossen, während die Geigen geheult und die Glocken gedröhnt hätten.
Ähnlich müssen dies auch die Zuschauer empfunden haben, denn das Interesse an der neuen, alten Produktion war am Dienstagabend um 22.15 Uhr stets verhalten. Meist blieben die Marktanteile in der werberelevanten Zielgruppe im einstelligen Bereich. Weil dies dem Kanal zu wenig war, wurde die Sendung daher schnell wieder eingestellt. Zwar betonte eine ProSieben-Sprecherin damals noch „wir halten das Konzept der Show nach wie vor für interessant und werden darüber im nächsten Jahr weiter diskutieren“, doch es kehrte trotzdem nie wieder auf den Schirm zurück.
Vor dem Start hatte Arabella Kiesbauer noch verkündet, dass sie „unbedingt dieses Format realisieren“ wollte: „Ich hatte genügend andere Angebote in den letzten Jahren, habe mir aber bei der Auswahl eine Menge Zeit gelassen, bis ich das Richtige gefunden hatte.“ Doch drei Jahre später sah ihre Meinung offenbar anders aus, denn gegenüber der Süddeutschen Zeitung gab sie zu: „«Arabella sucht» war ein schweres Format, das nicht richtig zu mir passte. Das musste ich bei allem Optimismus einsehen. Ich bin in der leichten Unterhaltung besser aufgehoben.“
«Arabella sucht» wurde am 02. Januar 2001 beerdigt und erreichte ein Alter von acht Folgen. Die Show hinterließ die Moderatorin Arabella Kiesbauer, die im Frühjahr 2004 durch das fragwürdige B-Promi-Event
«Comeback – Die große Chance» führte und ihren Daily Talk noch bis zum darauffolgenden Sommer behielt. Nach einem kurzen Ausflug zu N24 mit «Arabella – Talk ohne Show» im Jahr 2006, war sie zuletzt nur noch für das österreichische Fernsehen tätig. Ihren Sendeplatz am Dienstagabend erbte wenig später übrigens Stefan Raab mit der täglichen Ausstrahlung seiner Sendung «TV Total».
Möge die Show in Frieden ruhen!
Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann der deutschen Kopie der US-Sitcom «Cheers».