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Die Kritiker: «Mensch Mama»

Götz Schubert und Nadine Kösters stechen aus einem sonst mittelmäßigen Ensemble heraus.

Inhalt


Anja Bremer gewinnt eine Million im Lotto - genauer gesagt: 999.999 Euro und 20 Cent. Das wäre eigentlich ein Grund zur Freude, doch nach kurzer Euphorie überkommen die zweifache Mutter ernste Zweifel. Die Kindergärtnerin befürchtet, dass ihr knietief in der Midlife-Crisis steckender Mann Ulli nun in einer Lethargie auf Luxusniveau erstarren könnte. Um ihn aus seinem Schneckenhaus herauszulocken, verschweigt sie den Geldsegen und entwickelt einen verwegenen Plan: Anjas Sandkastenfreund Max, Steuerberater, tritt dabei inkognito als Investor auf, der für sein Luxusrestaurant einen ambitionierten Koch sucht. Nichts ahnend nimmt Ulli das verlockende Angebot an und fühlt sich, als hätte er das große Los gezogen: Mit der Erfüllung seines eigentlich schon beerdigten Traums als kreativer Restaurantbetreiber blüht - wie Anja es sich erhofft hat - auch das Liebes- und Familienleben der Bremers wieder auf: So kümmert sich Ulli um seinen kletterbegeisterten Sohn Niko und spielt mit seiner pubertierenden Tochter Franzi E-Gitarre in der Garagenband. Anjas neu gefundenes Glück wird aber schon bald durch Max' Horrormeldungen getrübt: Mit seinen überzogenen Ansprüchen droht Ulli die Lottomillion geradewegs in den Sand zu setzen. Nicht geplante Gefühle zwischen Anja und ihrem Jugendfreund Max heizen das Chaos zusätzlich an.

Darsteller
Birge Schade («Der Skorpion») als Anja Bremer
Götz Schubert («KDD – Kriminaldauerdienst») als Ulli Bremer
Grit Boettcher («Ein Haus voller Töchter») als Thea
Max Urlacher («Doktor Martin») als Max Schweitzer
Marita Breuer («Berlin 36») als Marie
Aaron Wirtz («Schlaraffenland») als Niko Bremer
Nadine Kösters («Rennschwein Rudi Rüssel») als Franzi Bremer

Kritik
Das Thema der geplatzten Lebensträume, des im erdrückenden Alltag, aus dem es kein Entrinnen mehr gibt, festgefahrenen Mitvierzigers, gibt eigentlich viel her. Doch wenn die Degeto diese Prämisse auf das trimmt, was sie für familientauglich hält, bedeutet das natürlich, dass sie im selben Atemzug all das zunichte machen muss, was interessant hätte sein können.

Die Markenzeichen der Degeto sind Rührseligkeit und Überzeichnung – beides liefert «Mensch Mama» zuhauf. Unglaubwürdige Plots, unglaubwürdige Charaktere und Berechnung, wo es nur geht. Zwischen der Mutter und dem Steuerberater, der gerade als Strohmann das Restaurant ihres Gatten finanziert, muss es natürlich ordentlich knistern, bis die wenig überraschende Kussszene schön zum Aktwechsel ins letzte Drittel des Films gesetzt wird. Dramaturgisch muss sich die Hauptprotagonistin bis dahin ohnehin sehr dumm stellen, darf auf keinen Fall denken, sondern muss ihren Wahnideen, die man bei der Degeto gerne „Intuition“ oder „Bauchgefühl“ nennt, nachrennen, um ihr ganzes Unterfangen pünktlich zur vollen Stunde als die riesige Schnapsidee zu erkennen, die sie schon die ganze Zeit gewesen ist. Wenn am Schluss die Laufzeit knapp wird, die man bisher ordentlich strecken musste, darf es bei den Charakterentwicklungen dann gerne auch recht zackig gehen, um zügig und wie aus dem Nichts das Happy End einzuläuten. Dass das ganze Handlungs- und Figurengerüst dann endgültig keinen Sinn mehr ergibt, stört niemanden mehr. Weder Drehbuchautor Peter Strotmann (Claudia Falk erhielt ferner einen Credit als Drehbuchbearbeiterin), noch Regisseur Dirk Regel noch die Degeto noch die ARD.

Wenig gelungen scheint auch die Besetzung der Hauptrolle mit Birge Schade mit ihren ausufernden Gesten, dem aufgesetzten Lächeln, der ständigen Untermalung und Überzeichnung der Schrullen ihrer ohnehin schon schrulligen Figur. Angesichts dessen, dass man bei der Degeto jedoch genau so etwas fabrizieren will, scheint sie, und das ist eigentlich das Befremdliche, damit alles richtig gemacht zu haben.

Was man aus einem derart biederen ARD-Fernsehfilm-Duktus allerdings noch so rausholen kann, zeigt dagegen Götz Schubert, der seine Figur direkter, klarer, natürlicher anlegt und damit sehr gut fährt. Positiv fällt auch Nadine Kösters in der Rolle des dauergenervten Teenagers auf, da sie ihrer blassen Rolle wenigstens noch eine Handvoll netter Eigenheiten abgewinnen kann. Dass man bei einem derartigen Drehbuch am Set keine Meisterleistungen erwarten kann, sollte allen klar sein. Stattdessen: immer schön rührselig und furchtbar überzeichnet. Das kann nur die Degeto.

Das Erste zeigt «Mensch Mama» am Freitag, 14. September 2012, um 20.15 Uhr.
13.09.2012 13:30 Uhr Kurz-URL: qmde.de/59120
Julian Miller  •  Quelle: Inhalt: ARD

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Mensch Mama

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