Günther Jauch ist nach einem Jahr und 36 Sendungen erfolgreich im Ersten angekommen.
Vor einem Jahr stellte sich der Nation, geeint wie selten zuvor, nur eine Frage – den Eindruck konnte man zumindest gewinnen, wenn man den Medienteil des Kulturressorts aufschlug. Würde Günther Jauch den Ansprüchen des Sonntagabendtalks im Ersten gerecht werden oder, wie Kritiker prophezeiten, den altgedienten Sendeplatz durch einen Stern TV-Sitzkreis entweihen?
Blickt man auf die 36 Folgen der vergangenen Monate zurück, kann man zumindest hinsichtlich der Befürchtung, Show-Moderator Jauch könnte als Talkmeister versagen, Entwarnung geben. Die Quoten bezeugen unverändert hohes Zuschauerinteresse, die nicht minder guten Werte der Vergangenheit, die Anne Will einst an selbem Orte für sich verbuchen konnte, sind längst verblasst – und wer war eigentlich Sabine Christiansen? Jauch ist tatsächlich gelungen, was man im deutschen Fernsehmarkt fast nur noch Formaten zutraut, die schlecht gescriptete Schauspiel-Quereinsteiger dauerpöbeln lässt – er findet sein Publikum und schenkt dem eigenen Sender Zielgruppenwerte, die dieser eigentlich nur dann verzeichnet, wenn bei RTL das Sendezentrum brennt.
Nicht, dass das den Kritikern grundsätzlich den Wind aus den Segeln nehmen kann – der Untergang des Fernsehabendlandes wird ja meist dann beschworen, wenn das Niveau und die allgemeine Qualität weinend im Keller zu sitzen scheinen. Aber Günther Jauch lockt nicht nur das Publikum vor die Mattscheibe, er verzichtet in der Regel auch darauf, sie mit boulevardesken Themen und Gästen, deren 15 Minuten Ruhm den letzten Sekunden entgegensehen, zu ködern. Seine höchsten Einschaltquoten erzielte er unter anderem mit einer Sendung über den Crash der europäischen Wirtschaft – der „Klartext in der Krise“ kümmerte 5,61 Millionen und 18,9 Prozent des Gesamtpublikums, bei den 14- bis 49-Jährigen waren es 1,22 Millionen und 9,3 Prozent.
Günther Jauch ist es in den vergangenen Monaten gelungen, den von vielen vorhergesagten, sonntagabendliche Mikrokosmos der Belanglosigkeit zu umschiffen und eine Talksendung zu etablieren, die, bei allen zu Recht kritisierten Schwächen, den Ansprüchen an die eigenen Themen oft gerecht wird. Man darf gespannt sein, ob Jauch die Relevanz des eigenen Schaffens mit der Fernsehsaison ausbauen und gleichzeitig das Publikum auf seiner Seite behalten kann.