Nach dem Misserfolg von «Drei bei Kai» versucht sich Das Erste in seinem Vorabendprogramm am Freitag nun mit einer anderen Quizshow: «Null gewinnt» ist dabei nicht die Quotenvorgabe, sondern der Titel des neuen Experiments um 18:50 Uhr. Als Moderator fungiert Komiker Dieter Nuhr. Als Assistent steht ihm der Meister der Kinderwissensshows, Ralph Caspers, zur Seite. Ist der Versuch, zumindest mit der Premiere, geglückt?
Nun, wenn man zu Anfang der Sendung gleich die Titelmusik des englischen Originals «Pointless» von der BBC zu hören bekommt, kann schon mal nicht so viel falsch sein. Ein Off-Sprecher sagt Nuhr an und der erscheint direkt an seinem Pult in einem pragmatischen, aber eleganten Studio, gehalten in blau-goldenen Tönen. Ab jetzt müsse man sich jeden Freitag freihalten, betont Nuhr sofort. Es folgt ein netter Talk mit den drei Kandidatenpaaren zur Vorstellung. Schon hier kann der Altmeister der Comedy seine Stärke ausspielen. Wenn ein älteres Ehepaar davon berichtet, wie es in seiner Freizeit gerne dem Squaredance nachgeht, lässt Nuhr die Situation noch grotesker erscheinen, indem er anmerkt, dass sich das doch anhören würde wie Breakdance im Viereck. Der erste Punkt führ ihn.
Die Kandidaten hingegen sollen alles andere als punkten, denn der Titel der Sendung ist schließlich Programm. Möglichst wenig Punkte zu erreichen ist aber oftmals gar nicht so einfach, wenn man zum Beispiel eine Monarchie in Europa nennen soll, die aber vor der Sendung von 100 Befragten bloß nicht zu häufig genannt worden sein darf. Es gilt praktisch das Motto, dass man das wissen muss, was keiner kennt. Und trotzdem darf es nicht falsch sein und muss zur Fragevorgabe passen. Ganz schön gewitzt. "Wenn die Sendung ins 15. oder 16. Jahr geht, wissen Sie das alles...!" beruhigt Dieter Nuhr die Zuschauer nach seiner grundlegenden Spielregelerklärung. Natürlich variiert die Grundidee aber auch von Runde zu Runde: Während im ersten Durchgang der ersten Runde jedes der drei Teams seine Einschätzung zu einer offenen Frage durchgeben kann, geht es im zweiten Teil darum, aus sieben zu einer Frage vorgegebenen Antworten die Null-Punkte-Antworten oder zumindest die richtigen Antworten auszusuchen. Es sind aber auch falsche Vorgaben dabei. Für jede "Nullerantwort" gibt es stets 1000 Euro, für jede falsche Antwort 100 Punkte zur Strafe obendrauf. Ansonsten erhält man die Punktzahl, die der Anzahl der Nennungen von 100 Befragten entspricht.
Ein bisschen wie das gute alte «Familienduell». Oder auch ein wenig wie «Rich List». Nur eben etwas verdreht. Trotzdem kann es vorkommen, dass die Kandidatenpaare eng beieinander liegen. Das hätte man so auch noch nie gehabt, scherzt Nuhr, doch in einer ersten Sendung käme sowas öfter vor. Wer nach der ersten Runde die meisten (!) Punkte hat, scheidet aus. In der zweiten Runde gibt es dann wieder offene Fragen und das Team von den beiden verbliebenen, welches drei Mal die niedrigere Punktzahl erspielt als die Gegner, kommt ins Finale. Dort hat es die Chance, bis zu drei Mal eine Antwort auf eine offene Finalfrage zu geben. Trifft es bei einem der drei Versuche eine Null-Punkte-Antwort, bekommt es 10.000 Euro zu seinem bisher erspielten Geld hinzu.
Während dieses Spielablaufs erklärt Ralph Caspers immer wieder, wie die Fragen genau definiert sind und vor allem, welche Antworten denn noch so alle richtig gewesen wären und wie oft sie genannt wurden. Dabei lernt man immer wieder interessante Aspekte hinzu oder ist verwundert, wie sehr um die Ecke gedacht werden musste. Caspers garniert seine Erklärungen nicht nur mit optischen Unterstützungen, sondern auch mit Gags. Beginnt dann das Zusammenspiel mit Gastgeber Nuhr, kommt neben der trickreichen Spielidee der zweite Originalitätseffekt der Show zum Ausdruck: Zwei niveauvolle Clowns unter sich. Sie kommentieren den Denkprozess der Kandidaten, unterhalten sich währenddessen teils selbst einfach weiter oder spielen sich Bälle zu. Wenn Caspers einräumt "Null Punkte habe ich jeden Morgen", Nuhr frech ergänzt "...wenn du in den Spiegel guckst" und Caspers prompt die Augen verdreht wie ein kleiner Junge, dann ist das zwar neckisch, aber witzig für die ganze Familie. Für die älteren Zuschauer nicht zu hart, für die jüngeren nicht zu bieder. Eben passend für den ARD-Vorabend.
Zur seiner Entschuldigung rief Nuhr übrigens noch aus, dass er die hintertriebenen Fragen nicht gemacht habe. "Der war´s!" verriet er und deutete auf Caspers. Ein affektiertes "Stimmt!" war die Antwort, die genau so augenzwinkernd daherkam, wie das Spiel selbst. Konzept und Moderatoren ergänzen sich also bestens. Sind die englischen Gastgeber, Alexander Armstrong und Richard Osman, eher sachlicher und reservierter, tragen Nuhr und Caspers die Show zu einem entscheidenden Teil mit. "Deswegen hat uns die ARD auch ausgesucht" hört man sie schon in Gedanken sagen. Das hat der Sender, der nur "ganz, ganz kleine Pausen" (Nuhr) zur Werbung einstreut, aber gut gemacht. Die zuständige Produktionsfirma Herr P. (von Jörg Pilawa und Endemol) dürfte jedoch auch nicht unschuldig sein. Da passt es, wenn Nuhr nach der Beglückwünschung des Siegerpaares am Ende der Show auch seinem kongenialen Kollegen die Hand reicht und zum Sieg gratuliert. Es ist dies der Sieg eines interessanten, wenn auch nicht ganz neuen, Grundkonzepts, eines abwechslungsreichen Spielablaufs und eines perfekten Moderationsduos.
Leider könnte der schwierige Sendeplatz das einzige Problem der rundum gelungenen Sendung werden. Auch wenn die todgeweihten Gastgeber höchstselbst ganz locker mit dieser Situation umgehen, wie sie im
Quotenmeter-Interview zeigten, wies Dieter Nuhr das unberechenbare TV-Publikum zum Schluss vorsichtshalber noch daraufhin: "«Null gewinnt» hieß die Sendung, die Sie gerade gesehen haben. Die läuft nächsten Freitag wieder.“ Hoffentlich haben sich das genügend Premierenzuschauer gemerkt und hoffentlich kommen noch ein paar Neulinge während der weiteren Laufzeit der Show hinzu. Zumindest gemessen an der hohen Zahl bisheriger Aufzeichnungen scheint diese Zeit nicht allzu kurz zu werden. Ein langer Atem der ARD dürfte der Null-Punkte-Show jedenfalls mehr helfen, als es bei Kai Pflaume der Fall war. Wie indiskutabel nämlich dessen Vorabendformat gewesen ist, sieht man durch «Null gewinnt» nun noch deutlicher.