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Die Kino-Kritiker: «Fast verheiratet»

Violet und Tom schaffen es einfach nicht, zu heiraten. Klingt plump, ist aber herrlich komisch.

Zugegeben, der deutsche Titel «Fast verheiratet» lässt in seiner Einfachheit zunächst wieder nur auf eines schließen: hier bekommen wir es mit einer dieser typischen Hollywoodromanzen, gestrickt aus dünnem Stoff, zu tun. Ein Pärchen, das sich wirklich liebt, aber das Leben zusammen irgendwie nicht hinbekommt. Kennen wir alles schon. Doch wirft man einen Blick auf die Besetzung und die Beteiligten hinter der Kamera, könnte das Unterfangen vielleicht ganz anders aussehen. Und tatsächlich: «The Five-Year Engagement», so der Original-Titel, hebt sich deutlich von den klischeebehafteten und kitschigen Beziehungskomödien ab.

Genau ein Jahr nachdem sie sich bei einer Silvesterparty kennengelernt haben, überrascht Tom (Jason Segel) seine Freundin Violet (Emily Blunt) mit einem Verlobungsring – und auch wenn der Heiratsantrag ein wenig anders über die Bühne geht als geplant, sagt sie ohne zu zögern „ja“. Das gemeinsame Leben als Verlobte gestaltet sich für die beiden nahezu perfekt: er steht als Koch in einem der angesagtesten Restaurants der Stadt kurz vor einer Beförderung. Sie arbeitet fleißig an ihrer Akademiker-Laufbahn und die ersten Hochzeitsvorbereitungen laufen auch nach Plan. Sogar die Trauzeugen, Toms bester Freund und Kollege Alex (Chris Pratt) und Violets Schwester Suzie (Alison Brie), kommen sich überraschenderweise sehr viel näher als gedacht.

Dann aber platzt Violets Traum von einem Job in San Francisco und sie bekommt stattdessen eine befristete Stelle an der University of Michigan. Um ihrer Karriere nicht im Wege zu stehen, begleitet Tom seine Verlobte in die Kleinstadt. Die Hochzeit wird dafür erstmal verschoben, wenn auch natürlich nur vorübergehend. Schließlich planen die beiden, in zwei Jahren wieder zurück in Kalifornien zu sein. Der Alltag im winterlichen Norden der USA erweist allerdings schwieriger als gedacht: während Violet rund um die Uhr von ihrem Doktorvater Winton (Rhys Ifans) auf Trab gehalten wird, findet Tom bloß einen Job im Sandwich-Laden um die Ecke. Bald beginnt er, sich zu langweilen und ein möglicher Hochzeitstermin rückt in immer weitere Ferne. Auch die beiden Verlobten scheinen sich langsam voneinander zu entfernen…

Das Trio Jason Segel, Nicholas Stoller und Judd Apatow steht für etwas andere Romantik-Comedys. Segel, der neben seiner Rolle in der erfolgreichen Serie «How I met your Mother» auch ein fleißiger Drehbuchautor ist, steuert mit «Fast verheiratet» sein mittlerweile viertes Skript bei. Daran mitgearbeitet hat Regisseur Stoller, Apatow trat als Produzent in Erscheinung. Die drei sind zudem verantwortlich für «Nie wieder Sex mit der Ex» aus dem Jahr 2008 und den arg überdrehten «Männertrip». Ihrem neuen Werk merkt man direkt die frische Art und Unverkrampftheit an. Schon die erste Szene, in der Toms Heiratsantrag ein Fiasko zu werden droht, hält einige Lacher bereit und führt zunächst schemenhaft die Hauptfiguren ein. Welch skurrile Eigenschaften diese beheimaten, wird dem Zuschauer noch früh genug offenbart.

Unser Protagonistenpaar, um das sich diese Liebesgeschichte dreht, kann alle Sympathien für sich verbuchen. Segel und seine Filmpartnerin Emily Blunt geben ein tolles Pärchen ab. Die beiden verlieben sich auf einer Motto-Silvesterparty. Er im pinken „Super-Bunny“-Kostüm, sie als Prinzessin Diana. Da müssen die Funken einfach sprühen. Zwischen den beiden stimmt die Chemie, man kauft ihnen die gegenseitige Liebe ohne jeden Zweifel ab. Selbst dann, wenn Tom sich gehen lässt und in seinem Gesicht ein ungestutzter Bart wuchert, wirkt das nicht lächerlich oder peinlich. Es ist einfach urkomisch.

Auch die Nebenpersonen sind herrlich schräg gezeichnet. Alex, der beste Kumpel und Kollege des Bräutigams, fällt durch unpassende Kommentare und Aktionen auf, die nur er selber wahnsinnig witzig findet. Und dann sind da auch noch die Großeltern, die doch so gerne noch bei der Hochzeit dabei wären. Schließlich heiraten die beiden in erster Linie für die Familie. Daneben reihen sich jede Menge weitere durchgeknallte Typen ein, bei denen die Fremdschamgrenze recht niedrig ist. Beneiden mag man Tom und Violet um diesen Freundes- und Kollegenkreis nicht wirklich. Bei seiner eigenen Trauung würde man auf diese Menschen am liebsten verzichten. Für den Zuschauer jedoch bietet dieses Absurditäten-Pottpüree ein Feuerwerk an inkorrekten und teils derben Sprüchen, gerne auch unter der Gürtellinie.

Mit knapp zwei Stunden Laufzeit ist «Fast verheiratet» eine der längeren Romanzen, aber stets eine kurzweilige. Das Timing der Gags ist perfekt und wird durch die Inszenierung und den Schnitt hervorragend unterstützt. Auch wenn das Tempo gen Ende etwas abnimmt und die Dialogszenen zwischen Violet und Tom mehr in den Vordergrund rücken, gelingt es Segel und Stoller, ihre Geschichte eben nicht in einem melancholischen Ehedrama gipfeln zu lassen. Das Finale schließt den Rahmen zur Einleitung mit humorvollen und herzlichen Einfällen.

So eignet sich Stollers Regiearbeit für beide Geschlechter gleichermaßen: Frauen werden sich über die warmherzige, wenn auch seichte Handlung sicher freuen. Männern dürften vor allem Segels Witze und seine verrückten Kumpanen Spaß machen. Vom platten deutschen Kinotitel sollte man sich hier tatsächlich nicht abschrecken lassen. «Fast verheiratet» ist tolle, lustige Unterhaltung und absolut sehenswert.

«Fast verheiratet» startet am 12. Juli in den deutschen Kinos.

10.07.2012 14:50 Uhr Kurz-URL: qmde.de/57819
Janosch Leuffen

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Fast verheiratet

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