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Die EM 2012 bei ARD und ZDF

Bei welchem Sender ließ sich der Fußballabend bislang besser aushalten? Quotenmeter.de zieht ein erstes Zwischenfazit.

Ein besonders guter Monat wird der Juni 2012 wohl nicht mehr werden - zumindest nicht für die zahlreichen deutschen TV-Sender, die vom äußerst lukrativen EM-Kuchen nichts abbekommen haben. Denn während sich Das Erste und das ZDF in den vergangenen Tagen stets über Marktanteile von über 40 Prozent im Abendprogramm freuen konnten, stieß das Programm anderer Sender kaum auf Interesse. Doch bei zehn Millionen Zuschauern und mehr stehen auch die TV-Teams der Sender unter einem gehörigen Druck, da jeder Fehler wahrgenommen und medial breitgetreten wird. Ob Seebühne oder klassische Berichterstattung aus den Stadien, ob Markus Lanz oder Waldemar Hartmann - wo lohnte sich das Einschalten, wo wurde das „Thema Fußball“ am besten aufbereitet? Quotenmeter.de sah genauer hin.

Wesentlich mehr Mut für Neues bewies auch diesmal wieder das Zweite Deutsche Fernsehen, das bei der Weltmeisterschaft im eigenen Land mit Johannes B. Kerner, Urs Meier und Jürgen Klopp bereits für unvergessene Momente sorgte. Damals sendete man live vor Hunderten von Zuschauern aus Berlin und entstaubte die öffentlich-rechtlichen Sendegewohnheiten gehörig. Doch dies ist nun immerhin sechs Jahre her. Heute sendet man von einer Seebühne in Heringsdorf auf Usedom mit einer großen LED-Videowand im Hintergrund. Auf besagter Seebühne stehen Katrin Müller-Hohenstein und Oliver Kahn, welche die Spiele vor einigen Zuschauern - mehrheitlich Rentnern - kommentieren, die gemütlich in ihren Liegestühlen Platz genommen haben. Doch obgleich dies gerade bei gutem Wetter zu einem wirklich sehenswerten Panorama führt und man dem Konzept die ihm obliegenden Kosten und Mühen ansieht, kommt die erhoffte Fußballstimmung leider kaum auf - es sei denn, man gibt sich bereits mit gelegentlichem Getröte und "Oli, Oli"-Rufen zufrieden.

Besonders problematisch jedoch sind die zahlreichen Bild- und Tonprobleme, mit denen der Mainzer Sender bislang immer wieder zu kämpfen hatte. Dies bekam auch die «ESC»-Siegerin Loreen bei ihrem Liveauftritt leidlich zu spüren, bei dem sie zeitweise kaum zu hören war und die Hintergrundmusik ebenfalls Probleme bereitete. Auch nach einer Woche hatte man diese Unzulänglichkeiten immer noch nicht im Griff, sodass sogar bei der Liveübertragung der Spiele regelmäßig der Ton ausfiel. Unter dieser desolaten Vorstellung der Technikabteilung des Senders litten neben den Fußballfans auch Müller-Hohenstein und Kahn. Denn obwohl die beiden ZDF-Gesichter generell gut interagieren und vor allem Kahn weiterhin eine gute Figur als Fußball-Experte abgibt, überschatteten die zahlreichen technischen Patzer diese Leistung.

Doch eine der größten Peinlichkeiten hatte ausnahmsweise einmal nichts mit Technikproblemen oder der fehlenden Stimmung auf Usedom zu tun, sondern mit dem einmal mehr gescheiterten Plan, krampfhaft das Internet in Fernsehübertragungen zu integrieren. So zwang man den sichtlich desinteressierten Oliver Kahn im Rahmen des täglichen Einfangens der "Stimmung in der Netzgemeinde" dazu, einen Twitter-Account anzulegen und anschließend einen Tweet in die große Welt des Worldwide Webs zu schicken. Unfreiwillig komisch wurde es jedoch, als die so genannte Online-Expertin auf den im Internet bereits hinlänglich bekannten Fake-Account von Harald Schmidt hereinfiel und darüber hinaus auch noch andere Twitter-Funktionen völlig falsch erklärte. Da dies auch noch ausgerechnet nach dem Spiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Holland geschah, war der Spott der Online-Gemeinde riesig.

Während die Vorberichterstattung mit zum Teil fast zwei Stunden viel zu lang ausfiel und mit zahlreichen Nebensächlichkeiten gefüllt werden musste, hatte das ZDF in der Halbzeitpause offenbar nur ein sehr enges Zeitfenster zur Verfügung, denn neben der Werbeunterbrechung und den «heute»-Nachrichten blieb nicht selten kaum Zeit, um auf das Spielgeschehen einzugehen. Teilweise wurde Oliver Kahn sogar nach nur einem einzigen Satz zum Spiel bereits wieder unterbrochen. Nach dem Spiel blieb Hohenstein und Kahn zumeist eine gute halbe Stunde Zeit, bevor man sein Publikum verabschiedete. An den ersten Tagen konnten danach einige Fußball-Reportagen inhaltlich überzeugen, nach dem Spiel gegen die Niederlande setzte man auf «Markus Lanz». Enttäuschend war jedoch, dass man wohl aus Ermangelung besserer Alternativen am vergangenen Samstag und Montag sogar Spielfilme ab 23:15 Uhr ausstrahlte, anstatt Teile des Millionenpublikums mit Fußballthematiken weiter bei der Stange zu halten.

Für genau diesen Zweck hat Das Erste mit «Waldis Club» eine echte Geheimwaffe im Programm, die jedoch inhaltlich für viele Fans nicht selten kaum erträglich ist. Neben Stammgast Matze Knop lädt Waldemar Hartmann stets mindestens eine Person aus dem TV-Business ein, was leider nur selten unterhaltsam, dafür aber umso häufiger peinlich ist. So lieferten sich Ex-Talkerin Bärbel Schäfer und der Sänger Costa Cordalis erst am Montag ein hartes Duell um das höchste Maß an Ahnungslosigkeit, während Matze Knop mit seinen längst an Überalterung leidenden Parodien von Felix Magath und Lothar Matthäus langweilte. Die Stimmung, die den ZDF-Übertragungen fehlt, ist hier im Übermaß vorhanden, sodass Hartmann sein munter grölendes Publikum bereits mehrfach zur Besinnung bringen musste.

Davon abgesehen setzt die ARD-Berichterstattung vor allem auf das bewährte Konzept der vergangenen Jahre: Aus einem kleinen Studio im jeweiligen Stadion begrüßen die Moderatoren und Experten die Zuschauer, bei den Abendspielen war es meist das Team Reinhold Beckmann und Mehmet Scholl. Letzterer machte Schlagzeilen mit seiner harschen Kritik an Mario Gomez, doch ansonsten gab es nur wenige kritische Stimmen zur Berichterstattung des Senders. Denn sie mag altbacken sein, doch auch frei von großen Aussetzern und Peinlichkeiten. Beckmann und Scholl ergänzen sich nicht signifikant besser oder schlechter als Hohenstein und Kahn, für die etwas lebhafteren Momente sorgen die Abende, in denen Matthias Opdenhövel mit dem ehemaligen Bayernspieler das Geschehen der Begegnungen kommentierte.
25.06.2012 08:40 Uhr Kurz-URL: qmde.de/57495
Manuel Nunez Sanchez

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Tags

EM 2012 Kahn Hohenstein ZDF Das Erste ARD Beckmann Scholl

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