Nach dem «Berlin – Tag & Nacht»-Treueschwur von RTL II-Chef Jochen Starke in der vergangenen Woche, fragen sich «Big Brother»-Fans, wie es um die Mutter aller Realitys steht. Nun meldet sich Borris Brandt zu Wort, der die Reality nach Deutschland holte. Als ehemaliger Endemol-Geschäftsführer war er jahrelang verantwortlich für das Format. Mit dem Medienmagazin quotenmeter.de spricht der «Big Brother»-Papa über die Zukunft des großen Bruders.
Borris Brandt, RTL II-Chef Jochen Starke sprach zuletzt öffentlich seine Treue für «Berlin – Tag & Nacht» aus, das auf dem «Big Brother»-Sendeplatz läuft. Wie schätzen Sie das Format ein?
Ja, da bin ich sehr stolz, dass die Menschen, die mit mir vor einem halben Jahr Interviews gemacht haben, das schon gewusst haben: Genau so, wie ich es gesagt habe, es wird so kein neues «Big Brother» geben und es macht auch keinen Sinn. Ich kann Herrn Starke total verstehen, wenn er ein Format hat, das ein Drittel kostet aber die gleichen oder vielleicht sogar bessere Quoten bringt und dabei kein Risiko birgt. Das ist sicher fernsehstrategisch die richtige Entscheidung.
Der Erfolg von «Berlin – Tag & Nacht» hat aber auch Sie überrascht, oder?
Ja, der hat mich überrascht. Ich habe das am Anfang natürlich gesehen und konnte mir nicht vorstellen, welche Schwachmaten so etwas gucken sollen, weil das wirklich unglaubwürdig und inhaltlich extrem dämlich war. Dann habe ich beobachtet, wie mein Sohn sich verhalten hat – der gar nicht dämlich ist...
(lacht). Der hat das mit seinen Kumpels gerne geguckt und zwar nur deshalb, weil die Figuren da so unglaublich doof waren, dass man darüber lachen konnte. Er hat das angeguckt wie einen Unfall: Da fährt man auch vorbei und muss irgendwie hinsehen. Und dass die Männer den Frauen immer an die Wäsche wollten... das fand er auch spannend – er ist in der Pubertät
(lacht). Insofern hat man gemerkt: Da ist ein schräges Interesse und auch eine Community, die dann bei Facebook auch darüber gesprochen hat. Da sind die Kollegen von Anfang an extrem aktiv gewesen im multimedialen Bereich. Und es verdient meinen fernsehhandwerklichen Respekt dass der Produzent anstatt weiter auf reinen Klamauk zu setzen, an dem Format gearbeitet hat. Die Scriptet Reality wird langsam ja immer mehr zur Reality. Sie versuchen jetzt ja Charaktere zu besetzten, die scheinbar aus der Community kommen. Das ist schon spannend. Sie haben nie aufgehört zu arbeiten. Wenn ich es heute gucke – ich finde es immer noch nicht gut – aber ich verstehe, warum RTL II das macht und warum die jungen Leute das gucken.“
Demensprechend schickt RTL II-Chef Jochen Starke das Format auch nicht in die Sommerpause…
Warum auch? Er wird ja im Sommer noch bessere Quoten machen... Diese Fans sind sehr treu. Wenn allerdings jemand wissen möchte, wie man trotzdem ein «Big Brother» an RTL II verkaufen könnte? Das wüsste ich...“
(lacht)
Na, möchten Sie dem Endemol-Chef Marcus Wolter einen Tipp geben...?
Nein, Kollege Wolter weiß das sicher viel besser als ich. Aber für alle die, die sich für Fernsehhandwerk interessieren und nicht bei Endemol sitzen... Wenn man die Marke erhalten will, muss man «Big Brother» jetzt so aufzuziehen, wie das „Dschungelcamp“ ...also «Big Brother - The Battle», mit Promis... im Spätsommer, zur Primetime, oder Late-Prime..There you go... 18 Marktanteil auf RTL II sicher…
Wie sieht es da mit dem Budget aus?
Ein «Big Brother» zu machen, das nur auf zwei Wochen angelegt ist, ist gar kein Problem vom Budget her. Da sucht man eine schöne, bestehende Location, montiert ein paar Kameras, Regie etc. in den Nebenraum, oder mobil und los geht’s... wobei... eigentlich wäre es für RTL II viel besser, so etwas als «Berlin - Tag & Nacht»-Verlängerung zu machen. Da nimmt man dann einfach zehn Berliner VIPs, eine feine Prenzlauer Berg Location, hat keine Imagediskussion und muss nicht mal «Big Brother»-Lizenzen bezahlen.
Wie sehen Sie diesbezüglich Chancen für eine neue reguläre «Big Brother»-Staffel?
Ohne Budget – kein «BB»-Erfolg. Und das findet sich eben im Moment nicht. Grundsätzlich aber wäre eine «BB-The Battle» jetzt sicher erfolgreich zu machen...
«Berlin – Tag & Nacht» hat mittlerweile auch über 1,7 Millionen Fans bei Facebook…
Ja, das hat «Big Brother» zum Beispiel nie auf Strecke geschafft. Wir hatten immer so um die 1,3 Millionen, die sich für das Format «Big Brother» durchgehend interessiert haben und immer dabei waren – egal ob das politische Wirren, Fußball, oder sonst was draußen passiert ist… Das zählt heute ...und da sind «Berlin – Tag & Nacht» und RTL II eben noch besser aufgestellt.
Wie langfristig kann «Berlin – Tag & Nacht» sein?
Ich glaube, «Berlin – Tag & Nacht» ist die effizienteste Form der Soap, die im Moment in Deutschland läuft – wenn man schaut, was es kostet und welchen Erfolg es hat. Insofern ist es die richte Entscheidung. Und ich glaube, dass das so lange laufen kann wie jede Daily-Soap – also sicher zehn Jahre, wenn man weiter alles richtig macht. Man muss natürlich die Geschichten weiter erzählen, damit die Leute dabei bleiben.
Hinter den Kulissen wird an einem Kölner «Berlin – Tag & Nacht»-Ableger gearbeitet. Sinnvoll?
Ich denke, eine zweite Soap gleicher Art nur mit einer anderen Location hilft weder der einen noch der anderen. Das hebt sich auf... wobei, besser man kopiert sich selber, als wenn es andere tun...also, good luck, ich glaube nicht daran! Wenn man aber einen anderen Inhalt entwickelt, also zum Beispiel älter wird, Promis nimmt, andere Ziele setzt… dann vielleicht…
Wie wahrscheinlich wäre ein Senderwechsel für «Big Brother»?
Ich glaube es nicht! Image unten, Budgets knapp, Alternativen vorhanden. Warum? Aber dennoch ist die treue «BB»-Community ein Argument für kleine Sender!
Vielen Dank für das sympathische Gespräch, Borris Brandt!