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Der Fernsehfriedhof: Der deutsche Robocop

Quotenmeter.de erinnert an all die Fernsehformate, die längst im Schleier der Vergessenheit untergegangen sind. Folge 190: Ein hoffnungsvoll gestarteter Bionik-Polizist, dem ziemlich schnell der Saft ausging.

Liebe Fernsehgemeinde, heute gedenken wir eines Mannes, der laut Pressetext schneller laufen konnte als ein Pferd.

«Millennium Mann» wurde am 18. Oktober 2001 bei RTL geboren und entstand zu einer Zeit, als der Sender auf der Suche nach einer Ergänzung für seine Actionserien «Der Clown», «Die Motorrad-Cops», «Alarm für Cobra 11» und «SK Babies» war. Im Drehbuch von Lorenz Lau-Uhle glaubte man dann eine entsprechende Grundlage gefunden zu haben. Es handelte vom Drogenfahnder Nikolas Beyer, der seine verletzten Organe nach einem Attentat durch bionische High-Tech-Prothesen ersetzt bekam und dadurch stärker, schneller und schwerer verwundbar wurde. Außerdem war er in der Lage, ein Hologramm von sich als Ablenkungsmanöver zu projizieren. Seine neuen Kräfte verwendete er fortan im Kampf gegen einen skrupellosen Drogendealer.

Die Ähnlichkeiten zu den Robocop-Filmen oder der legendären TV-Serie «Der 6-Millionen-Dollar-Mann» waren allzu auffällig, weswegen der Produktion bereits im Vorfeld Ideenlosigkeit vorgeworfen wurde. Regisseur Joe Coppoletta distanzierte sich von derartigen Vergleichen und betonte eher die Unterschiede: „Der Millennium Mann' ist kein Robocop, keine Maschine, sondern ein Mensch mit speziellen Fähigkeiten. Die besondere Herausforderung ist, einen spannenden Actionfilm mit einem echten Helden zu machen, aber trotzdem viele Gefühle zu transportieren.“ Wahrscheinlich lag es vor allem an den Plagiats-Vorwürfen, dass auch der Sender nur einen zögerlichen Herstellungsauftrag erteilte. Anstatt nämlich eine vollständige Serie anfertigen zu lassen, erhielt die Firma Polyscreen, die zuvor auch für die Effekte in «HeliCops – Einsatz über Berlin» verantwortlich war, zunächst nur die Order für einen 90minütigen Backdoor-Piloten. Dieses Verfahren hatte der Kanal bereits bei «Geisterjäger John Sinclair» erprobt.

Gedreht wurde der Film im Herbst 2000 in Hamburg und Umgebung. Als Besetzung entschieden sich die Macher für die relativ unverbrauchten Gesichter von Markus Knüfken, Andrea Lüdke, Dietmar Mues und Simon Licht. Lediglich Rainer Grenkowitz war aufgrund seiner Hauptrolle in der RTL-Serie «Medicopter 117» etwas bekannter. Weil der Anteil der Visual Effects rund zehn Prozent betrug, war auch das Budget des Pilotfilms entsprechend hoch und lag rund 30 Prozent über den sonst üblichen Etats. Dieses Geld war insofern gut angelegt, als dass die Erstausstrahlung am Donnerstagabend eine Sehbeteiligung von 4,46 Millionen Zuschauern sowie einen Marktanteil in der werberelevanten Zielgruppe von 21,3 Prozent erreichte. Klar, dass diese hervorragenden Werte für RTL ausreichten, um nun doch eine Serienstaffel herstellen zu lassen. Allerdings zeigten sich die Senderverantwortlichen noch immer risikoscheu und ließen nur vier einstündige Folgen produzieren. Die Besetzung und Ausrichtung blieben dabei weitestgehend unverändert.

Als neuen Sendeplatz entschieden sich die Programmplaner für den Dienstagabend um 20.15 Uhr und kombinierten das Format mit dem Dauerbrenner «Im Namen des Gesetzes», doch die Serie hatte nun mit unerwartet großen Problemen zu kämpfen. Nur noch 3,05 Millionen Menschen verfolgten den Auftakt am 09. September 2003 und der Marktanteil in der Zielgruppe sank auf 14,1 Prozent. Vielleicht lag es daran, dass seit der Ausstrahlung des Piloten bereits zwei Jahre vergangen waren, vielleicht aber auch an den sperrigen Dialogen und dem erzwungenen Humor in den Drehbücher. In den kommenden Wochen sanken die Werte zwar nicht auch noch dramatisch ab, aber eine Enttäuschung stellte das Projekt trotzdem dar, die nur mit der Tatsache abgeschwächt wurde, dass die Staffelorder im Vorfeld überschaubar klein ausgefallen war. Aufgrund des verheerenden Abschneidens folgte natürlich auch keine weitere Verlängerung der Produktion.

«Millennium Mann» wurde am 30. September 2003 beerdigt und erreichte ein Alter von vier Folgen plus Pilotfilm. Die Serie hinterließ den Hauptdarsteller Markus Knüfken, der später regelmäßige Auftritte in den ZDF-Serien «Da kommt Kalle» und «Notruf Hafenkante» hatte. Der Darsteller des bösen Drogendealers, Simon Licht, ist aktuell in einer Hauptrolle in der ZDF-Telenovela «Wege zum Glück - Spuren im Sand» zu sehen.

Möge die Serie in Frieden ruhen!

Die nächste Ausgabe des Fernsehfriedhofs erscheint am kommenden Donnerstag und widmet sich dann einer spektakulären Fehlinterpretation von Marktforschungsergebnissen.
10.05.2012 09:00 Uhr Kurz-URL: qmde.de/56580
Christian Richter

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