Auch der Relaunch von «Gottschalk live» brachte weder inhaltlich noch quotenmäßig die erhoffte Besserung.
Mittlerweile ist es eigentlich eine Zumutung für alle Beteiligten. Für Thomas Gottschalk, für sämtliche Redakteure und letzten Endes auch für die Zuschauer. Denn seit einiger Zeit liegt das Format in jeder Beziehung tot am Boden: kreativ, inhaltlich und auch bei den Zuschauerzahlen.
Der Gipfel der Absurditäten wurde am Dienstag erreicht, als «Gottschalk live» nicht einmal mehr live on tape, sondern eine bloße Resteverwertung aus bereits geführten Interviews war, die man zu einer neuen Sendung zusammengeschnitten hat. Das Kuriose: Die beiden Interviews stammten aus unterschiedlichen Epochen der jungen Sendungsgeschichte, die Schnipselei war damit an den verschiedenen Schreibtischen zu erkennen, hinter denen Gottschalk saß.
An einer Rückkehr zur Live-Ausstrahlung besteht derweil bei Grundy Light Entertainment wohl kein Interesse. Man könne so die Werbepausen besser einplanen, heißt es, eine endgültige Entscheidung sei aber noch nicht gefallen. Wieso man das Format dann noch «Gottschalk live» nennt? Das weiß wohl niemand. Wahrscheinlich, weil das besser klingt als „Thommy sendet einfach irgendwas“.
Und das ist letztlich auch der große Knackpunkt, an dem die Show zu Grunde geht. Offensichtlich hat man vor der Premiere wohl gedacht, es würde reichen, einfach Gottschalk in ein Studio zu setzen und ihn über irgendetwas reden zu lassen. Dazu noch ein paar Gäste und Social Media. Liegt ja auch im Trend und so. Doch diese völlige Konzeptlosigkeit hat man dem Format schon in der ersten Woche angesehen. Zwar konnte der Zuschauer jeden Abend vielleicht so ungefähr antizipieren, was ihn erwartet, aber es gab keine klaren Strukturen oder gesetzte Inhalte. Man wollte eine „Wundertüte“ sein – doch dafür ist der Vorabend vielleicht der schlechteste Sendeplatz überhaupt, programmiert man hier schließlich durch die Bank bei allen großen Sendern seit Jahren Formate, die gerade von nahezu unverrückbaren Sehgewohnheiten bestimmt sind.
Ende Januar konnte man noch optimistisch sein. Schließlich ist «Gottschalk live» kein Studentenfernsehen – hier sind renommierte Profis am Werk. Nicht zuletzt natürlich der Moderator selbst. Auch wenn die ersten zwei Wochen wenig überzeugend ausfielen, so hoffte doch nahezu jeder Medienbeobachter darauf, dass man bei der Produktion schnell dazulernen und rasch ein klares Konzept entwickeln würde. Doch so kam es nicht: Man sendete ungeniert die Wundertüte weiter, eine wirkliche Entwicklung war wochenlang nicht zu erkennen. Die Zuschauer blieben aus und das drohende Reißleinendamoklesschwert im April rückte näher.
Irgendwann musste auch dem Letzten bei der ARD und bei Grundy Light Entertainment klar werden, dass es so nicht weitergehen kann. Das Wort „Relaunch“ wurde groß in die Schlagzeilen geworfen, dann allerdings gleich wieder von anderer Seite die Erwartungshaltung gedrosselt. Die tatsächlich durchgeführten Veränderungen lassen sich an einer Hand abzählen: Die Redaktion wurde in den Keller verfrachtet, dafür Studiopublikum eingeladen, Social Media ist in der Sendung selbst nun gänzlich inexistent und das Set wurde kräftig umgebaut. Und Thommy hat jetzt einen neuen Schreibtisch. Reschpekt.
Woran nicht gearbeitet wurde? Am fehlenden Alleinstellungsmerkmal. Zumindest wenn man es nicht als USP durchgehen lässt, dass Gottschalk am Vorabend eine Standleitung zum Rest der Welt hat – was auch angesichts der Zuschauerzahlen offensichtlich nicht reicht. Stattdessen hat man alles verändert, was allenfalls marginal ein Problem war, und vieles, was man unter die wenigen positiven Punkte der Sendung verbuchen konnte. Denn es schaltet wohl kein einziger Zuschauer mehr ein, wenn er statt durch die Fenster des Humboldt Carré nun auf eine Studiowand blickt, die man in ähnlicher Variante schon von «Markus Lanz» kennt. Dadurch, dass Gottschalk nun den Löwenanteil der Sendung Gäste interviewt, wenn er nicht gerade Youtube-Clips ansagt, besteht vielleicht ein wenig etwas von dem, was man Konzept nennen könnte. Aber es ist zumindest kein ansprechendes Konzept und erst recht kein Einschaltanreiz.
Das Perfide daran ist, dass alle Beteiligten mehr können, als sie hier zeigen. Von Gottschalk ist man bei weitem andere Qualität gewohnt, von Grundy Light Entertainment ebenso. Dass man die Sendung nun auch nicht mehr live ausstrahlt, ist da fast schon egal: Der Unterschied wird angesichts der Abschaffung des Social-Media-Elements inhaltlich kaum auffallen, während auch der kleine Ettikettenschwindel (schließlich heißt die Sendung nach wie vor «Gottschalk live») eher eine Randnotiz ist. Denn mit diesem Format kann man ohnehin nur noch verlieren.
Ob das Angebot mit «Frag doch mal die Maus» noch gilt?
Mit 360 Grad schließt sich auch nächsten Freitag wieder der Kreis.